Lis­te­rio­se - Ri­si­ko für das un­ge­bo­re­ne Baby

Eine ge­fähr­li­che Le­bens­mit­tel­in­fek­ti­on in der Schwan­ger­schaft, die haupt­säch­lich durch Roh­milch-Pro­duk­te, ro­hes Fleisch und un­ge­wa­sche­nen Sa­lat über­tra­gen wird.

Diverse Milchprodukte
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War­um heisst es im­mer, Schwan­ge­re dür­fen kei­ne Roh­milch­pro­duk­te zu sich neh­men? Da­hin­ter steckt die Angst vor ei­ner Lis­te­rio­se-In­fek­ti­on.

Wie ver­läuft eine Lis­te­rio­se?


Eine Lis­te­rio­s­e­in­fek­ti­on ver­läuft bei ge­sun­den Er­wach­se­nen nor­ma­ler­wei­se kaum schlim­mer als eine leich­te Grip­pe, even­tu­ell mit Ma­gen-Darm-Pro­ble­men. Aber bei Schwan­ge­ren ist die na­tür­li­che Ab­wehr ge­gen In­fek­tio­nen her­ab­ge­setzt, sie er­kran­ken drei­zehn­mal so häu­fig und meist schwe­rer an ei­ner Lis­te­rio­se. Ge­fähr­lich ist aber vor al­lem die Über­tra­gung auf das un­ge­bo­re­ne Kind mit schwe­ren Fol­gen.

An­de­rer­seits be­steht kein Grund zur Pa­nik: Die Lis­te­rio­se ist auch un­ter Schwan­ge­ren im­mer noch sehr sel­ten, man geht von etwa zwei Fäl­len pro 1000 Schwan­ger­schaf­ten aus.

Was sind Lis­te­ri­en und in wel­chen Le­bens­mit­teln ver­meh­ren sie sich?


Lis­te­ri­en sind Bak­te­ri­en, die prak­tisch über­all zu fin­den sind und sich so­gar noch bei Kühl­schrank­tem­pe­ra­tu­ren so­wie in Va­ku­um­ver­pa­ckun­gen ver­meh­ren kön­nen. So­wohl rohe Le­bens­mit­tel tie­ri­scher Her­kunft als auch be­reits er­hitz­te oder an­der­wei­tig halt­bar ge­mach­te Le­bens­mit­tel so­wie Fer­tig­pro­duk­te kön­nen Lis­te­ri­en ent­hal­ten. Aber auch pflanz­li­che Le­bens­mit­tel wie Obst, Ge­mü­se, Kräu­ter und Sa­la­te kön­nen mit Lis­te­ri­en be­las­tet sein.

Lis­te­ria mo­no­cy­to­ge­nes, die Lis­te­rio­se-Er­re­ger, fin­den sich vor al­lem in un­pas­teu­ri­sier­ten (aus Roh­milch her­ge­stell­ten) Milch­pro­duk­ten, egal ob von der Kuh, vom Schaf oder von der Geiss, in ro­hem bzw. ge­räu­cher­tem Fleisch und Fisch und in fri­schen Sa­la­ten mit Kei­men und Spros­sen. Da Le­bens­mit­tel durch Lis­te­ri­en nicht ver­der­ben, las­sen sich die Bak­te­ri­en we­der am Aus­se­hen noch am Ge­ruch der Le­bens­mit­tel er­ken­nen.

Durch di­rek­ten Kon­takt mit in­fi­zier­ten Tie­ren (z.B. Scha­fe, Zie­gen, Schwei­ne, Vö­gel, Ka­nin­chen) oder mit kon­ta­mi­nier­tem Erd­bo­den kann die Lis­te­rio­se eben­falls über­tra­gen wer­den. Auch eine Mensch-zu-Mensch-Über­tra­gung durch Ge­schlechts­ver­kehr ist mög­lich.

Hit­ze­be­hand­lung tö­tet Lis­te­ri­en ab


Lis­te­ri­en sind emp­find­lich ge­gen Hit­ze. Durch Er­hit­zen, also beim Ko­chen, Bra­ten oder Pas­teu­ri­sie­ren, wer­den Lis­te­ri­en ab­ge­tö­tet. Bei her­kömm­li­chen, pas­teu­ri­sier­ten Milch­pro­duk­ten wird die Milch stark er­hitzt (auf mind. 63°C). Da­durch wer­den 99% al­ler Bak­te­ri­en ab­ge­tö­tet. Der Be­griff "ther­mi­siert" kann prak­tisch gleich­ge­setzt wer­den, denn da­für ist eine Tem­pe­ra­tur von 57-68°C vor­ge­schrie­ben. Auch Past-, UHT- und so­ge­nann­te ESL-Milch (län­ger halt­ba­re Milch mit mi­ni­mier­ter Rest­keim­zahl) ist un­be­denk­lich.

Auch bei But­ter, Rahm, Hart­kä­se, Milchmisch­ge­trän­ken, Milch­pul­ver, Kon­dens­milch, Fon­du­e­mi­schun­gen und Schmelz­kä­se ist das Ri­si­ko ver­nach­läs­sig­bar klein. Wenn der Käse beim Ko­chen rich­tig heiss wird und beim Über­ba­cken Bla­sen wirft (Ra­clette, Piz­za, alle Ar­ten von über­ba­cke­nem Auf­lauf und Gra­tin), soll­ten die Kei­me im Roh­milch­kä­se aus­rei­chend ab­ge­tö­tet wer­den. Das gilt na­tür­lich auch für Kä­se­fon­due mit Va­che­rin aus Roh­milch. 

War­um ist Roh­milch so ge­fähr­lich?


Roh­milch­er­zeug­nis­se wer­den da­ge­gen aus Milch her­ge­stellt, die höchs­tens auf 40°C er­hitzt wur­de. Die Kei­me blei­ben weit­ge­hend er­hal­ten, wo­durch der Käse ein be­son­de­res Aro­ma er­hält. Frisch­kä­se und Weich­kä­se aus Roh­milch ent­hal­ten deut­lich eher Lis­te­rio­se-Er­re­ger als lan­ge ge­la­ger­te und ge­reif­te Roh­milch­kä­se­sor­ten. Hart­kä­se, z.B. Par­me­san, Eda­mer, Ho­bel­kä­se, Sbrinz, Gru­yè­re und Em­men­ta­ler ent­hal­ten in der Re­gel kei­ne Lis­te­ri­en. Die Er­re­ger rei­chern sich dort höchs­tens in der Rin­de an. Ent­fer­nen Sie des­halb die Rin­de, wenn Sie auf ent­spre­chen­de Kä­se­sor­ten nicht ver­zich­ten wol­len.

Ist Tief­küh­len wirk­sam ge­gen Lis­te­ri­en?


Lis­te­ri­en sind ge­gen­über Käl­te recht un­emp­find­lich und kön­nen sich des­halb auch im Kühl­schrank wei­ter ver­meh­ren. Alle ge­kühl­ten Nah­rungs­mit­tel vor ih­rem je­wei­li­gen Ver­falls­da­tum ver­brau­chen und dar­auf ach­ten, dass leicht ver­derb­li­che Le­bens­mit­tel, die vor dem Ver­zehr nicht mehr er­hitzt wer­den, mög­lichst un­ter hy­gie­ni­schen Be­din­gun­gen aus fri­schen Zu­ta­ten zu­be­rei­tet und rasch ver­zehrt wer­den. Dies gilt ins­be­son­de­re für frisch ge­press­te Säf­te und Smoot­hies, Sand­wi­ches und be­leg­te Bröt­chen so­wie Back­wa­ren, de­ren Fül­lun­gen nicht mit­ge­ba­cken wur­den (z. B. ge­füllt mit Sah­ne, Creme, Pud­ding oder Obst). Auch fri­sches Obst und Ge­mü­se, Blatt­sa­la­te und fri­sche Kräu­ter soll­ten zeit­nah ver­zehrt wer­den. Leicht ver­derb­li­che Le­bens­mit­tel in Fer­tig­pa­ckun­gen (z. B. Käse- oder Wurst­auf­schnitt, er­hitz­te Fleisch­erzeug­nis­se) soll­ten nur in klei­nen Men­gen und lan­ge vor Ab­lauf der Min­dest­halt­bar­keit ge­kauft, aus­rei­chend ge­kühlt und in­ner­halb von zwei bis drei Ta­gen ver­braucht wer­den.

Wer­den Le­bens­mit­tel tief­ge­fro­ren, kön­nen sich die Er­re­ger zwar nicht mehr ver­meh­ren, aber bis zum Auf­tau­en über­le­ben. Des­halb soll­ten ge­kühl­te und auch tief­ge­kühl­te Fer­tig­ge­rich­te im­mer voll­stän­dig er­hitzt wer­den (s.o.). Er­hit­zen in der Mi­kro­wel­le reicht meist nicht aus, weil sich die Wär­me zu un­gleich­mäs­sig ver­teilt.

Emp­feh­lung für die Schwan­ger­schaft


Am bes­ten ist es, wenn Sie in der Schwan­ger­schaft nur noch pas­teu­ri­sier­te Milch­pro­duk­te und Hart­kä­se kau­fen. Las­sen Sie sich beim Ein­kauf vom Fach­per­so­nal be­ra­ten, wel­che Milch­pro­duk­te aus Roh­milch her­ge­stellt sind. Wenn Sie ger­ne auf dem Bio-Bau­ern­hof Käse und Milch­pro­duk­te kau­fen, soll­ten Sie sich im Hof­la­den ge­nau er­kun­di­gen. Dort wird sehr häu­fig Roh­milch ver­wen­det, und dies muss ge­setz­lich nicht aus­drück­lich an­ge­schrie­ben sein, wie es bei Su­per­märk­ten der Fall ist.

Bis vor ei­ni­gen Jah­ren galt als Emp­feh­lung für Schwan­ge­re und an­de­re Ri­si­ko­grup­pen, nur Kä­se­sor­ten aus pas­teu­ri­sier­ter Milch zu es­sen. Heu­te weiss man, dass die­se Un­ter­schei­dung nicht die höchst­mög­li­che Si­cher­heit bie­tet, denn es wur­de ein Lis­te­ri­en­be­fall auch bei Halb­hart­kä­sen aus pas­teu­ri­sier­ter Milch ge­mel­det. Des­halb wird of­fi­zi­ell grund­sätz­lich vom Kon­sum von Halb­hart­kä­se und Weich­kä­se, egal ob aus ro­her, ther­mi­sier­ter und pas­teu­ri­sier­ter Milch, ab­ge­ra­ten. Nur Hart­kä­se und Ex­tra­hart­kä­se ist prak­tisch frei von Lis­te­ri­en, so­fern die Rin­de ent­fernt wird.

Be­denk­lich sind aus­ser­dem Pro­duk­te, die ro­hes oder nicht durch­ge­gar­tes Fleisch (auch Ge­flü­gel) ent­hal­ten, z.B. ro­hes Hack­fleisch, Tro­cken­fleisch (z.B. Bünd­ner­fleisch), Tar­tar, ge­räu­cher­te Wurst­wa­ren, Fleisch-Pas­te­ten (Le­ber­pas­te­te soll­te wäh­rend der Schwan­ger­schaft so­wie­so ver­mie­den wer­den, da sie reich an Vit­amin A ist) und fer­tig ge­kauf­te Fein­kost­sa­la­te (wie Kar­tof­fel­sa­lat, Wurst­sa­lat etc.). Pro­ble­ma­tisch sind auch rohe und ge­räu­cher­te Fi­sche, z.B. Lachs und be­stimm­te Su­shi-Sor­ten und Scha­len­tie­re. Lis­te­ri­en sind auch in fo­li­en­ver­pack­ten, fer­tig ge­schnit­te­nen Sa­la­ten, v.a. sol­chen mit Keim­lin­gen oder Spros­sen, nach­ge­wie­sen wor­den. Gründ­li­ches Wa­schen ist un­be­dingt zu emp­feh­len! Die­se Pro­duk­te soll­ten Sie als Schwan­ge­re even­tu­ell des­halb bes­ser mei­den.

Als Faust­re­gel gilt: Alle un­mit­tel­bar vor dem Ver­zehr er­hitz­ten Le­bens­mit­tel, also z. B. frisch ge­koch­te Spei­sen, aber auch frisch ge­öff­ne­te Kon­ser­ven, frisch ge­öff­ne­te pas­teu­ri­sier­te Milch, Sauer­milch­pro­duk­te aus pas­teu­ri­sier­ter Milch und un­ter Er­hit­zung her­ge­stell­te Fleisch­wa­ren sind prak­tisch frei von Lis­te­ri­en.

FAQHäu­fi­ge Fra­gen zum The­ma

Moz­za­rel­la ist ein Frisch­kä­se aus Kuh-, Büf­fel- oder Schaf­milch, der bei der Her­stel­lung er­hitzt wird. Moz­za­rel­la wird in den meis­ten Fäl­len in ge­schlos­se­nen Sys­te­men in­dus­tri­ell her­ge­stellt. Das Ri­si­ko ei­ner An­ste­ckung ist mi­nim bis in­exis­tent, ins­be­son­de­re wenn der Moz­za­rel­la so­fort nach dem …
Ist Schafs­kä­se (Feta) un­ge­fähr­lich für Schwan­ge­re? So­lan­ge Milch­er­zeug­nis­se nicht pas­teu­ri­siert (wär­me­be­han­delt) sind, kön­nen sie ge­fähr­li­che Er­re­ger ent­hal­ten, z.B. Lis­te­rio­se-Bak­te­ri­en. Feta ist ein ge­reif­ter Salz­la­ken­kä­se (Salz­la­ke mit 7% NaCl), der zwar wäh­rend der Her­stel­lung er­hitzt wird, …
Ist Par­me­san aus Roh­milch? So­lan­ge Milch­er­zeug­nis­se nicht pas­teu­ri­siert (wär­me­be­han­delt) sind, kön­nen sie ge­fähr­li­che Er­re­ger ent­hal­ten, z.B. Lis­te­rio­se-Bak­te­ri­en. Bei Hart­kä­se und Ex­tra­hart­kä­se tra­gen aber ver­schie­de­ne Schrit­te bei der Her­stel­lung zur mi­kro­bio­lo­gi­schen Si­cher­heit die­ser Käse bei. …
Nein. Die Über­le­bens- und Ver­meh­rungs­fä­hig­keit von Lis­te­ri­en ist stark vom Her­stel­lungs­ver­fah­ren und den La­ge­rungs­be­din­gun­gen ab­hän­gig - und das be­trifft noch vie­le an­de­re Le­bens­mit­tel. Ko­chen, Bra­ten, Ste­ri­li­sie­ren und Pas­teu­ri­sie­ren tö­tet die Lis­te­rio­se-Bak­te­ri­en ab. Da­ge­gen kön­nen Spei­sen mit …

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Letzte Aktualisierung: 22.03.2021, BH

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