Weiberplunder!


Es ist noch nicht allzu lange her, dass unser Sohn völlig auf Mädchensachen abgefahren ist. Sein Weihnachtswunschzettel war, wie an dieser Stelle mal erläutert, primär rosarot. Bekommen hat er von all dem Schnickschnack eigentlich nichts. Zum Glück. Denn heute, ein halbes Jahr später, würde er all den rosa Krempel nicht mehr beachten. Da bin ich mir sicher. Denn es hat sich einiges getan in den letzten Monaten.

Goja gestikuliert zunehmend wie ein Kerl, markiert den Platzhirsch und sucht sich die Mädchen, mit denen er meint, noch spielen zu können, ziemlich zielstrebig aus. Lieber aber misst er sich mit Buben, am liebsten mit solchen, die einen Kopf grösser sind als er und schon einen ganz zünftigen Wortschatz aufweisen. Nur in unseren Ferien, welche wir im Mai auf Ibiza verbracht haben, hätte er, um einer kecken Engländerin namens Inka zu gefallen, am liebsten sofort die englische Sprache erlernt. Was ich dabei nicht beachtet habe, ist, dass sich der Kleine aber sehr wohl auch ganz genau gemerkt hat, was kleine englische und spanische Buben so treiben und sagen und tun.

Kürzlich, da waren wir in der Badi. Goja liebt Wasser, liebt das Draussensein, die Sonne. Und er liebt – so hatte ich zumindest von unseren winterlichen Ausflügen ins Hallenbad im Kopf – allerlei Badezubehör in Form von kitschigen Wasserbällen, bunten Schwimmringen und so weiter. Doch offenbar hat sich wirklich etwas getan in letzter Zeit.

Ja, da waren wir also in der Badi. Eine Frau war auch da, mit ihrem Patenkind, einem ganz hübschen, ruhigen, verträumten Mädchen von sechs Jahren. Es sass Ewigkeiten in seinem rosa Schwimmring in Entenform und tuckerte gemächlich durchs Wasser, immer scharf beobachtet von meinem Rambo, der just an diesem Tag keine Hilfsmittel mit in die Badi nehmen wollte.

Die Gotte des Kindes, offenbar etwas schockiert darüber, dass der kleine Kerl so gar nichts dabei hatte, bot Goja wiederholt an, dass auch er mal in den bunten Schwimmentenring schlüpfen dürfe. Goja ignorierte das Angebot mehrmals. Doch die Frau liess nicht locker, hiess ihr Patenkind, den Ring an den Kleinen abzugeben. Das wohlerzogene Mädchen tat wie geheissen und schob das Plastikding an meinen Sohn heran und fragte: „Willst du auch mal?“ Mein Macho, nicht faul, antwortete ohne Zögern: „Nei danke, das isch Wyberplunder!“

Die Gotte ging fast unter, das Mädchen stand mit offenem Mund und Schwimmring da – und ich, ich hielt Ausschau nach einem Loch, in das ich hätte versinken können. Sicher, ich rede nicht immer lupenrein, und Plunder gehört durchaus in mein Repertoire. Von Weibern rede ich allerdings eher selten. Aber die Kombination Weiberplunder? Naja, kann sein, dass mir das mal rausgerutscht ist, irgendwann, vor langer Zeit, als Goja partout ein rosa Barbie-Wohnmobil haben wollte.

Nun gut, abends sprach ich meinen Sohn darauf an. Und er hatte erneut eine Antwort parat: „Mami, die Buben auf Ibiza hatten Krokodile und Flugzeuge. Das sind richtige Bubensachen. Ich will auch richtige Bubensachen. Keinen Weiberplunder!“ 

Letzte Aktualisierung: 11.08.2016, VZ