Frau­en und Rau­chen

In­ter­view mit Ve­­re­­na El Fehri

Hände brechen Zigarette auseinander

swiss­mom: Wie vie­le Frau­en rau­chen in der Schweiz?

Ve­re­na El Fehri: 2010 rauch­ten 24 Pro­zent der jun­gen Mäd­chen und Frau­en im Al­ter von 14 bis 65 Jah­ren. 2001 wa­ren es noch 30 Pro­zent ge­we­sen. Am häu­figs­ten ge­raucht wird in der Al­ters­grup­pe der 20- bis 24-Jäh­ri­gen. 2010 wa­ren 36 Pro­zent der Frau­en in die­sem Al­ter Rau­che­rin­nen.

swiss­mom: Wel­che be­son­de­ren Ri­si­ken ge­hen Rau­che­rin­nen ein?

Ve­re­na El Fehri: Rau­che­rin­nen, die mit der Pil­le ver­hü­ten, ha­ben ge­gen­über gleich­alt­ri­gen Nicht­rau­che­rin­nen ein 20-mal grös­se­res Ri­si­ko, dass sie eine Throm­bo­se er­lei­den und ein Blut­ge­rinn­sel ein Ge­fäss ver­stopft. Rau­che­rin­nen mit Kin­der­wunsch ha­ben grös­se­re Schwie­rig­kei­ten, schwan­ger zu wer­den. Ihr Ri­si­ko, un­frucht­bar zu blei­ben, nimmt zu. Rau­che­rin­nen kom­men frü­her in die Wech­sel­jah­re als Nicht­rau­che­rin­nen. Nach den Wech­sel­jah­ren wei­sen Rau­che­rin­nen eine ge­rin­ge­re Kno­chen­dich­te auf als Frau­en, die nie ge­raucht ha­ben. Zu­dem tre­ten bei Rau­che­rin­nen häu­fi­ger Hüft­frak­tu­ren auf.

Zur Per­son

Verena El Fehri ist Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz in Bern. Auch koordiniert sie die verschiedenen Projekte, die die Arbeitsgemeinschaft für das Nationale Rauchstopp-Programm und das Experiment Nichtrauchen ausführt. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in der Tabakprävention.

swiss­mom: Mit wel­chen Kom­pli­ka­tio­nen muss eine Schwan­ge­re rech­nen, wenn sie wäh­rend der Schwan­ger­schaft raucht?

Ve­re­na El Fehri: Eine schwan­ge­re Rau­che­rin er­lei­det rund zwei­mal häu­fi­ger Kom­pli­ka­tio­nen. So ist das Ri­si­ko hö­her für eine vor­lie­gen­de Pla­zen­ta, bei der der Mut­ter­ku­chen zu nahe am Aus­gang der Ge­bär­mut­ter liegt (Pla­zen­ta pra­e­via). Grös­ser ist eben­falls das Ri­si­ko ei­ner vor­zei­ti­gen Ab­lö­sung der Pla­zen­taRau­chen wäh­rend der Schwan­ger­schaft er­höht das Ri­si­ko ei­ner Tot- oder Früh­ge­burt und nach der Ge­burt das Ri­si­ko ei­nes plötz­li­chen Kinds­to­des. Auch wei­sen Kin­der von Rau­che­rin­nen oft ein nied­ri­ge­res Ge­burts­ge­wicht auf.

swiss­mom: War­um soll­ten Frau­en mit Rau­chen auf­hö­ren?

Ve­re­na El Fehri: Eine Rau­che­rin, die an ei­ner ta­bak­be­ding­ten Krank­heit stirbt, ver­liert durch­schnitt­lich 14 Le­bens­jah­re. Auf­hö­ren lohnt sich in je­dem Al­ter. Nach dem Rauch­stopp ge­hen ne­ben den Ri­si­ken, die bei­de Ge­schlech­ter tref­fen, zu­sätz­lich die ge­schlechts­spe­zi­fi­schen Ge­sund­heits­ri­si­ken ei­ner Rau­che­rin zu­rück. Erst recht lohnt sich ein Rauch­stopp vor ei­ner Schwan­ger­schaft. Denn Rau­chen wäh­rend der Schwan­ger­schaft scha­det der Ge­sund­heit so­wohl der Mut­ter als auch des un­ge­bo­re­nen Kin­des. Jede vier­te Rau­che­rin will in­ner­halb von sechs Mo­na­ten auf­hö­ren. Die Grün­de für ei­nen Rauch­stopp sind oft per­sön­li­cher Art. Vie­le wol­len für sich und die Ge­sund­heit et­was Gu­tes tun, an­de­re lei­den un­ter ta­bak­be­ding­ten Krank­hei­ten wie Atem­be­schwer­den. Am gröss­ten ist die Auf­hör­be­reit­schaft bei den 25- bis 34-Jäh­ri­gen. In die­sem Al­ter kann spe­zi­ell ein Kin­der­wunsch, eine Schwan­ger­schaft oder das Zu­sam­men­le­ben mit Klein­kin­dern zum Auf­hö­ren mo­ti­vie­ren.

swiss­mom: Wie schnell sind die Vor­tei­le nach ei­nem Rauch­stopp spür­bar?

Ve­re­na El Fehri: Schon nach we­ni­gen Wo­chen zir­ku­liert das Blut wie­der bes­ser durch den Kör­per und die Lun­gen­funk­tio­nen er­ho­len sich. Kör­per­li­che An­stren­gun­gen fal­len leich­ter. In den Atem­we­gen ent­steht we­ni­ger Schleim, Hus­ten und keu­chen­der Atem neh­men ab. 

Wenn eine Frau recht­zei­tig das Rau­chen auf­gibt, ge­hen die Schwie­rig­keit, schwan­ger zu wer­den, und das Ri­si­ko der Un­frucht­bar­keit zu­rück. Das gilt auch für die Kom­pli­ka­tio­nen wäh­rend der Schwan­ger­schaft. So­gar wenn eine Frau erst in den ers­ten drei Mo­na­ten ei­ner Schwan­ger­schaft mit Rau­chen auf­hört, sinkt das Ri­si­ko ei­ner Früh­ge­burt und ei­nes tie­fe­ren Ge­burts­ge­wichts des Neu­ge­bo­re­nen. Be­reits un­mit­tel­bar nach dem Rauch­stopp riecht der Atem bes­ser, die gelb­li­che Ver­fär­bung von Zäh­nen und von Fin­gern und Fin­ger­nä­geln bil­det sich zu­rück. Der Rauch­ge­ruch ver­schwin­det aus den Haa­ren. Das Es­sen schmeckt bes­ser und der Ge­ruchs­sinn ar­bei­tet wie­der un­ge­trübt.

swiss­mom: Wo kann man sich für ei­nen Rauch­stopp Hil­fe ho­len?

Ve­re­na El Fehri: Ent­schei­dend für den Er­folg ei­nes Rauch­stopps ist die Wahl ei­ner Me­tho­de, die in den per­sön­li­chen All­tag passt. Bei der Rauch­stopp­li­nie ken­nen sich die spe­zi­ell aus­ge­bil­de­ten Be­ra­te­rin­nen und Be­ra­ter bes­tens aus in den ver­schie­de­nen wis­sen­schaft­lich er­prob­ten Auf­hör­me­tho­den. Auf Wunsch kön­nen sich Rau­che­rin­nen beim Auf­hö­ren von den Be­ra­te­rin­nen mit meh­re­ren kos­ten­lo­sen An­ru­fen be­glei­ten las­sen. Für An­ru­fe in Deutsch, Fran­zö­sisch und Ita­lie­nisch ist die Rauch­stopp­li­nie un­ter Num­mer 0848 000 181 mon­tags bis frei­tags von 11 bis 19 Uhr er­reich­bar. Für die Spra­chen Al­ba­nisch, Por­tu­gie­sisch, Ser­bisch/Kroa­tisch/Bos­nisch, Spa­nisch und Tür­kisch gibt es je eine ei­ge­ne Te­le­fon­num­mer.

swiss­mom: War­um ist Pas­siv­rauch be­son­ders auch für Kin­der so ge­fähr­lich?

Ve­re­na El Fehri: Kin­der sind im Wachs­tum be­grif­fen. Des­halb sind sie durch die Gift­stof­fe des Ta­bak­rauchs noch stär­ker ge­fähr­det. So ha­ben Klein­kin­der, die dem Pas­siv­rau­chen aus­ge­setzt sind, schwä­che­re Lun­gen. Das er­höht die Ge­fahr für vie­le Ge­sund­heits­pro­ble­me. Dazu ge­hö­ren In­fek­tio­nen der un­te­ren Atem­we­ge wie Bron­chi­tis oder Lun­gen­ent­zün­dung. Aber auch an­de­re Atem­be­schwer­den wie Hus­ten, Schleim­bil­dung, pfei­fen­de At­mung und Kurz­at­mig­keit tre­ten häu­fi­ger auf. Zu­dem tra­gen Kin­der ein hö­he­res Ri­si­ko für Ohr­ent­zün­dun­gen und be­nö­ti­gen häu­fi­ger ei­nen ope­ra­ti­ven Ein­griff zum Ein­le­gen ei­nes Röhr­chens ins Trom­mel­fell.

Kon­takt: Ar­beits­ge­mein­schaft Ta­bak­prä­ven­ti­on Schweiz (AT Schweiz), www.at-schweiz.ch

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