Dammschnitt (Episiotomie)
Zum Ende der Geburt muss das Kind die Enge des Scheidenausgangs überwinden. Diese Enge wird im hinteren Bereich durch das Dammgewebe zwischen Scheide und After und die darunter liegende Muskulatur gebildet.
Ein Dammschnitt (Fachbegriff: Episiotomie) kann erforderlich sein, wenn sich das Gewebe des Dammbereichs nicht weit genug dehnen kann, um den Kopf des Babys austreten zu lassen. So soll das Einreissen dieses Gewebes (Dammriss) verhindert werden.
Geht es auch ohne Dammschnitt?
Heute versuchen immer mehr Geburtshelfer und Hebammen, den Dammschnitt zu vermeiden. Ein Dammschnitt benötigt zwar beim Nähen weniger Zeit und Sorgfalt als ein unregelmässiger Riss (Dammriss III. Grades). Aber das scheint schon der einzige Vorteil zu sein.
Nachteile eines Dammschnitts:
Ein Dammschnitt verheilt schlechter als ein Dammriss, weil dabei rücksichtslos wichtige Strukturen, wie Nerven und Gefässe durchtrennt werden. Ein Dammriss dagegen geschieht meist an der dünnsten Stelle, wodurch in vielen Fällen weniger Muskelgewebe betroffen ist als bei einem Schnitt.
Ein Dammschnitt schützt nur vor einem leichten, aber nicht vor einem schweren Dammriss. Durch den Einschnitt werden der Gewebezusammenhalt zerstört und hochgradige Dammrisse (zweiten oder dritten Grades) sogar noch begünstigt, v.a. bei Frauen, die schon einmal geboren haben.
Praktisch widerlegt ist heutzutage die Theorie, dass Frauen mit Dammschnitt später nicht so häufig Probleme mit einer Blasenschwäche, Senkung der Gebärmutter oder einer Beckenbodenschwäche haben. Offensichtlich ist nicht die kurze Belastung während der Geburt für solche "Schwangerschaftsfolgen" verantwortlich.
Bei einer unkomplizierten Geburt überwacht die Hebamme, der Frauenarzt oder die Frauenärztin das Erscheinen des kindlichen Kopfes und bremst ihn leicht ab (Dammschutz). So kann er sanft aus der Scheide austreten. Manchmal ist es hilfreich, wenn der Damm massiert wird, um ihn vorsichtig über das Köpfchen zu dehnen. Kleine Risse unter der Geburt sind normal und brauchen keine weitere Behandlung, wenn sie nicht bluten.
Wann ist ein Dammschnitt wirklich notwendig?
Bei der Aufnahme zur Geburt können Sie dem geburtshilflichen Team deutlich sagen, ob Sie Wert darauf legen, dass ein Dammschnitt vermieden wird. Im Notfall wird das geburtshilfliche Team allerdings in Ihrem und dem Kindswohl handeln.
Es wird heute meist nur noch geschnitten, wenn das Kopf des Kindes entweder sehr gross ist, bei Mehrlingsgeburten oder Beckenendlagengeburten, Zangengeburten oder Saugglockengeburten (nicht routinemässig) oder wenn eine fetale Mangelversorgung mit Abfall der kindlichen Herztöne zu raschem Handeln zwingt. Der Scheidendamm hatte in solchen Fällen nicht genug Zeit, sich langsam und vorsichtig zu dehnen, und dann muss ein grosser Dammriss befürchtet werden oder eine Schädigung des Kindes.
Aber selbst dieser Notfall-Dammschnitt kann nach neueren Studien die Komplikationsrate nicht senken. Statt dessen gehe dem Geburtshelfer durch den Schnitt unnötig Zeit verloren, die er für die Geburtsführung dringend benötige. Eine erweiterte Episiotomie solle nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt werden sollte. Der Schnitt stelle für die Mutter einen nicht ungefährlichen chirurgischen Eingriff dar, bei dem mit Komplikationen vom weiteren Einreissen des Damms bis hin zu schwerwiegenden Verletzungen des Darms mit nachfolgender Inkontinenz gerechnet werden muss.
Wie kann man das Dammgewebe elastischer machen?
Sie selbst können auch schon während der letzten Wochen Ihrer Schwangerschaft vorsorglich etwas gegen einen Dammschnitt oder Dammriss tun, z.B. durch Dammmassage, Dehnungsübungen in der Hockstellung oder indem Sie bestimmte Tees wie Himbeerblättertee oder Geburtsvorbereitungstee trinken, die zur Lockerung des Beckengewebes beitragen.
So wird ein Dammschnitt durchgeführt
Die Episiotomie wird fast immer unter örtlicher Betäubung vorgenommen. Normalerweise ist dies ein Pudendusblock, wobei das Narkosemittel in das stark gedehnte Dammgewebe injiziert wird. Wenn bereits eine Regionalanästhesie, z.B. eine PDA, liegt, ist eine weitere Betäubung nicht notwendig.
Der Schnitt wird mit einer speziellen Schere durchgeführt, deren untenliegende Hälfte nach unten gerundet und mit einer Verdickung vorne versehen ist. So können keine versehentlichen Verletzungen am innenliegenden Gewebe passieren. Ähnlich wie bei einem Saumtrenner, den Sie wahrscheinlich im Nähkasten haben. Es wird dann wirklich nur das stark gespannte Dammgewebe durchtrennt. Der Schnitt wird nach der Entbindung mit Fäden genäht, die sich mit der Zeit selbst auflösen.
Schnelle Heilung
Normalerweise heilt ein Dammschnitt sehr schnell, spätestens nach einem Monat ist das Gewebe schmerzfrei und fest. Bis dahin kann die Naht noch schmerzhaft und das Sitzen und Gehen nach der Geburt erschwert sein. Sie können also durchaus einige Wochen lang ein Ziehen beim Sitzen, Laufen oder Wasserlassen spüren. Manchmal entstehen kleine Blutergüsse an der Naht. Manche Frauen empfinden dann Sitzringe als angenehm. Sie können helfen, den Druck auf das Gewebe und die Naht besser zu verteilen.
Ballaststoffreiche Ernährung und ausreichend Flüssigkeit kann die Verdauung in Gang halten und einer Verstopfung vorbeugen.
Beim Stuhlgang sollte starkes Pressen vermieden werden, evtl. zuvor den After mit Vaseline oder einem Speiseöl gleitfähiger zu machen, damit die Naht beim Stuhlgang nicht allzu stark schmerzt.
Spülen Sie den Genitalbereich nach jedem Toilettengang sorgfältig mit warmem Wasser. Wenn Sie kein Bidet zur Verfügung haben, können Sie sich auf dem WC sitzend mit einer sauberen PET-Flasche mit warmem Leitungswasser behelfen.
Trocknen sie den Dammbereich dann vorsichtig ohne zu reiben, eventuell mit einem nur leicht warmen Föhn.
Sitzbäder mit Kamillen-, Calendula-, Arnika-Extrakt, Hamameliswasser, Tee aus Schafgarbenkraut, Ringelblumenblüten, Rosmarinblättern, Beinwellwurzeln und Kamillenblüten, oder mit Totem-Meer-Salz haben sich bei der Pflege der Episiotomie-Naht bewährt. Aber Vorsicht: Zu häufige und zu lange Sitzbäder können die heilende Wunde wieder aufweichen. Deshalb sollte das Bad nicht länger als zehn bis 15 Minuten dauern.
Calendula- und Arnika-Kompressen oder auch das Kühlen mit kalten Waschlappen oder Binden aus dem Eisfach sind angenehm. Eis oder Coldpacks sind dagegen nicht geeignet, weil sie zu Erfrierungen führen können.
Mehrmals täglich kann man spezielle Regenerationssprays verwenden.
Lassen Sie ab und an Luft an die Naht kommen. Verzichten Sie im Bett auf Vorlagen.
Bei starken Schmerzen können Sie Medikamente bekommen, mit denen Sie durchaus weiter stillen dürfen.