Kin­der ma­chen glück­lich – meis­tens

Aus der For­schung

Schwangere mit Partner und Tochter
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Kin­der ma­chen glück­lich, heisst es oft. Doch nicht alle El­tern sind glück­li­cher als Kin­der­lo­se, wie der Ber­li­ner So­zio­lo­ge Mat­thi­as Poll­mann-Schult in ei­ner neu­en Stu­die an knapp 4.900 Frau­en und Män­nern zwi­schen 25 und 37 Jah­ren her­aus­fand. Er hat un­ter­sucht, wie die Le­bens­zu­frie­den­heit von El­tern in Deutsch­land durch ihre Ar­beit und ihr Ein­kom­men be­ein­flusst wird.

Le­ben Men­schen in Ar­mut oder sind von Ar­mut be­droht, er­hö­hen auch Kin­der die Le­bens­zu­frie­den­heit nicht. Gut bis sehr gut ver­die­nen­de El­tern sind glück­li­cher als Kin­der­lo­se. Die höchs­te Zu­frie­den­heit zei­gen El­tern mit mitt­le­rem Ein­kom­men. Ein Grund da­für könn­te sein, dass ein­kom­mens­schwa­che El­tern die fi­nan­zi­el­len Be­las­tun­gen durch Kin­der stär­ker spü­ren. Aber war­um ist der po­si­ti­ve Ef­fekt bei sehr gut ver­die­nen­den Paa­ren schwä­cher als bei mitt­le­rem Ein­kom­men? „Da es sich hier oft um Dop­pel­ver­die­ner­paa­re han­delt, ha­ben die­se nach der Ge­burt ei­nes Kin­des mög­li­cher­wei­se grös­se­re Pro­ble­me mit der Ver­ein­bar­keit von Be­ruf und Fa­mi­lie“, er­klärt Poll­mann-Schult.

Der Au­tor der Stu­die stellt auch fest, dass nicht­er­werbs­tä­ti­ge und teil­zeit­be­schäf­tig­te Müt­ter glück­li­cher sind als kin­der­lo­se voll­zeit­be­schäf­tig­te Frau­en. Ar­bei­ten Müt­ter aber in Voll­zeit, sind sie nicht zu­frie­de­ner als kin­der­lo­se voll­zeit­be­schäf­tig­te Frau­en. Ein Grund: Frau­en über­neh­men trotz Be­rufs­tä­tig­keit wei­ter­hin den gröss­ten Teil der Kin­der­be­treu­ung und der Haus­ar­beit. „Die­se Mehr­fach­be­las­tung hat Ein­fluss auf den Grad der Zu­frie­den­heit“, sagt der So­zio­lo­ge.

Fa­zit: Nicht die Kin­der, son­dern die feh­len­de Zeit für sie macht El­tern un­zu­frie­den und setzt vor al­lem die in Voll­zeit ar­bei­ten­den Müt­ter un­ter Stress. Das Glück se­hen die Men­schen also eher in ih­ren Kin­dern als in der Er­werbs­tä­tig­keit. El­tern, die ge­nü­gend Zeit mit ih­ren Kin­dern ver­brin­gen, sind zu­frie­de­ner - und ar­bei­ten pro­duk­ti­ver. Das soll­te im­mer mehr Un­ter­neh­men zu ei­nem Um­den­ken be­züg­lich ih­rer Ar­beits­zeit­mo­del­le brin­gen. Denn aus frü­he­ren Stu­di­en weiss man, dass rund zwei Drit­tel der Müt­ter nicht wie­der in Voll­zeit, son­dern in Teil­zeit ar­bei­ten möch­ten.

El­tern von Ba­bys und Klein­kin­dern sind zu­dem si­gni­fi­kant zu­frie­de­ner als kin­der­lo­se Paa­re im glei­chen Al­ter. Ab dem vier­ten Le­bens­jahr des Nach­wuch­ses glei­chen sich die Wer­te je­doch wie­der an. „Ein Grund könn­te sein, dass El­tern von klei­nen Kin­dern emo­tio­nal be­son­ders stark pro­fi­tie­ren, weil sie sich ge­braucht füh­len“, er­läu­tert Poll­mann-Schult.

Ein in­ter­es­san­ter Kom­men­tar hier­zu von Fer­di­nand Kn­auss, Wirt­schafts­wo­che:


Ein Le­ben ohne Kin­der bie­tet zwei­fel­los mehr Ge­le­gen­hei­ten für Spass, für ver­gäng­li­che Ver­gnü­gun­gen und vor al­lem bes­se­re Um­stän­de zum Ar­bei­ten und Geld­ver­die­nen. El­tern, die in ei­ner im­mer kin­der­feind­li­che­ren oder bes­ser: kin­der­ent­wöhn­ten Ge­sell­schaft ih­rem Nach­wuchs und sich selbst ein ei­ni­ger­mas­sen aus­kömm­li­ches Le­ben bie­ten wol­len, ha­ben in der Re­gel mehr Stress und we­ni­ger Spass als Kin­der­lo­se, die bes­ser in die to­ta­le Ar­beits- und Frei­zeit­kul­tur pas­sen. De­ren An­sprü­che über­for­dern El­tern per­ma­nent.    

Den­noch: Wenn je­mand auf der Ba­sis von wel­cher Stu­die auch im­mer be­haup­tet, dass Kin­der un­glück­lich oder un­zu­frie­den ma­chen, dann ist das Un­sinn, weil die zu­grun­de lie­gen­de Vor­stel­lung von Glück oder Zu­frie­den­heit grund­falsch ist. Die Er­kennt­nis, dass Kin­der Stress und Sor­gen mit sich brin­gen, von schlaf­lo­sen Näch­ten ganz zu schwei­gen, und dass sie we­ni­ger Zeit und Ge­le­gen­hei­ten für se­xu­el­le und sons­ti­ge Zer­streu­un­gen las­sen, ist so ba­nal, dass sie kei­ne Um­fra­ge wert ist. Nie­mand wür­de das Ge­gen­teil be­haup­ten. Das Glück, das Kin­der be­deu­ten, ist von an­de­rer Na­tur als das Glück des pral­len Geld­kon­tos, der er­folg­rei­chen Kar­rie­re oder der ero­ti­schen Lie­be.

Die ein­zi­ge sinn­vol­le Stu­die nach der Le­bens­zu­frie­den­heit und dem Ein­fluss von Kin­dern dar­auf, müss­te in Al­ten­hei­men statt­fin­den. Wer glaubt, dass Kin­der nicht glück­lich ma­chen, soll­te die In­sas­sen be­fra­gen, die ohne Nach­kom­men ster­ben wer­den. Sie wer­den sich über den Be­such des In­ter­view­ers be­son­ders freu­en, weil sonst nie je­mand kommt. Dass Kin­der nicht glück­lich ma­chen, wäre erst er­wie­sen, wenn eine Mehr­heit der Men­schen an ih­rem Le­bens­en­de sa­gen wür­de: Ich hät­te ohne Kin­der ein bes­se­res Le­ben ge­habt. Eine ab­we­gi­ge Vor­stel­lung. Hat man je­mals von ei­nem al­ten Men­schen ge­hört, der es be­reut, Kin­der ge­habt zu ha­ben, weil er ger­ne mehr Zeit in sei­ner Fir­ma ver­bracht hät­te?

Letzte Aktualisierung: 18.02.2021, BH

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