Hitze in der Küche


Juanito ist ein leidenschaftliches Kind. Und er ist ein noch viel leidenschaftlicher Koch. Morgens steht er meist ein paar Minuten vor mir auf, begrüsst auf dem Weg von seinem in mein Zimmer Hund und Katze, klopft mich danach wach, plappert laut (zu laut für diese Uhrzeit) und wackelt dann in seinem Schlafanzug freudig in die Küche, wo er als erstes die Kaffeemaschine in Gang setzt. Sodann schiebt er einen Stuhl quer durch den Raum, klettert rauf, greift nach der Kaffeebüchse, hangelt waghalsig nach einer Tasse und kredenzt mir eine ziemlich lauwarme Brühe und trägt diese stolz und überschwappend zum Tisch, wo ich schlaftrunken sein Frühstück zubereite.

In der Regel überstehen wir Juanitos morgendliche Arbeitswut unbeschadet und selbst die Schalen mit dem Tierfutter landen irgendwann mehr oder weniger heil an ihrem Ziel.

Kritischer wird’s vor dem Mittagessen: Auf meine Bemerkung „ich mach jetzt noch dies und das und gehe nachher kochen“, stürmt Juanito davon und eh ich mich versehe, stehen mindestens zwei Bratpfannen, der Mixer, einige Töpfe und Schüsseln und weiteres nützliches Zubehör auf, neben und unter dem Tisch und Juanito seinerseits steht zögernd vor dem Herd, die Finger sehr nahe an den Drehschaltern. Er lächelt schelmisch, greift nach oben und belehrt mich: „Heit! Heit!“

Ja, stellen Sie sich vor, Juanito hat sich von seinem allumfassenden „Ja!“ verabschiedet und bereichert seinen Wortschatz täglich mit neuen Ausdrücken. „Heiss“ ist nur einer davon.

Tja, und so kochen wir dann meist ein richtiges Menu zusammen. Juanito gibt den Ton an und ich versuche trotzdem, die Sache im Griff zu behalten. Was manchmal misslingt. Neulich auf jeden Fall köchelte, respektive schäumte im Geschnetzelten plötzlich Schoppenpulver, die Teigwaren schmeckten ebenfalls süss und die Salatsosse bestand vorwiegend aus Maggi.

Logisch, dass ausgerechnet in solchen Momenten Pepe anruft und sich mit sanfter  Stimme nach unserem Wohlbefinden erkundigt, was ich meist nicht richtig verstehe, weil der Dampfabzug dermassen laut dröhnt, dass alles andere unverständlich bleibt.

Und klar schildere ich Pepe dann leicht gereizt, dass es manchmal sehr schwierig sei, mit solch einem Küchenchef zusammen zu arbeiten. Und logisch hat Pepe wie immer  einen Spruch auf den Lippen: „Oh, Mami Verena, wer die Hitze nicht verträgt, muss raus aus der Küche. – Das ist eine alte Koch-Weisheit!“

Hm, der Herr im klimatisierten Büro hat gut reden! Was weiss der schon, wie „heit“ und brenzlig es in unserer Küche ist, wenn Juanitos Leidenschaft zu lodern beginnt!

Letzte Aktualisierung: 11.08.2016, VZ