Belohnung für kleine Gemüse-Esser
Aus der Forschung
Brokkoli, Salat, Rüebli, Sellerie und Paprika? Kinder lassen sich oft schwer für Gemüse begeistern. Meist wird es erst gar nicht probiert. Verzweifelte Eltern sollten gesunde Ernährung aber trotzdem nicht abschreiben, sondern einen Trick einsetzen: Belohnen Sie Ihr Kind, z.B. mit Stickern. Der Erfolg ist von einer britischen Forschergruppe wissenschaftlich bewiesen. Richtig eingesetzt sind kleine Aufmerksamkeiten, die Kinder zum Gemüseessen anspornen sollen, nicht nur unschädlich, sondern sie beeinflussen das Essverhalten sogar besonders nachhaltig positiv.
Die Forscher hatten rund 420 Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren zwölf Tage lang regelmässig verschiedene Gemüsesorten angeboten. Die Kinder sollten die Gemüsesorten nach Beliebtheit einordnen. Das Gemüse, das an vierter Stelle bei der Geschmacksbewertung lag, wurde ihnen dann im Verlauf der nächsten zwei Wochen immer wieder in kleinen Mengen serviert. Die Forscher führten Buch darüber, wie viel von der Auswahl die Kinder tatsächlich assen. Dann wurden die kleinen Probanden in drei Gruppen eingeteilt: Die erste Gruppe bekam das Gemüse lediglich regelmässig angeboten. Der Gemüsekonsum wurde aber nicht kommentiert, weder durch Lob noch durch eine andere Belohnung. In der zweiten Gruppe ernteten die Kinder lobende Worte und in der dritten Gruppe verteilten die Forscher bunte Aufkleber für jedes gegessene Gemüsestück.
Während der zwölf Tage war die Begeisterung für Gemüse und dessen Konsum in allen drei Gruppen angestiegen. Doch die Kinder, die Sticker bekamen, hatten mit grossem Abstand das meiste Gemüse gegessen. Und das Ergebnis war nicht nur kurzfristig: Als man die Kinder nach zwei Wochen, einem Monat und drei Monaten wieder zum Thema Gemüse befragten, hatten vor allem die Kinder aus der Sticker-Gruppe noch Lust auf Sellerie & Co.
Bunte Aufkleber könnten demnach ein interessanter Anreiz und eine kalorienfreie Belohnung für gesundes Essen sein. Auch nach Meinung der Kinderärzte: „Eltern dürfen ruhig zu verschiedenen Taktiken wie Belohnung und Lob greifen, damit Kinder Essen probieren, das sie zunächst ablehnen“, erklärt Dr. Ulrich Fegeler vom deutschen Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. „Essen ist, bis auf wenige Geschmacksausnahmen, eine Frage der Gewöhnung. Diese Erkenntnis kann man sich zu Nutzen machen und früh beginnen, dem Kind eine ausgewogene Ernährung anzubieten.“
Helen Hendy von der Pennsylvania State University (USA) hat in eigenen Studien ebenfalls festgestellt, dass die richtigen Worte viel ausmachen können, um die gesunde Ernährung von Kinder zu fördern. Neben Lob sei es vor allem sehr effektiv, den Geschmack des gewünschten Essens immer wieder anzupreisen. So zu tun, als ob sich im Essen gar kein Gemüse befände, sei keine Lösung. Belohnungen sollten auch nur bei Gemüsesorten eingesetzt werden, die das Kind wirklich nicht mag. Andernfalls kann es dazu kommen, dass ein eigentlich akzeptiertes Gemüse nur noch in Zusammenhang mit einer Belohnung gegessen wird.
Katja Kröller von der Universität Potsdam, die erforscht, wie man Übergewicht bei Kindern vorbeugen kann, warnt davor, zur Belohnung Süssigkeiten oder die Lieblings-Snacks einzusetzen. Wer etwa mit Dessert lockt, erreiche tatsächlich nur, dass das Gemüse pflichtbewusst herruntergewürgt werde. Der Effekt ist dann nicht mehr langfristig.
Aus der Forschung: Cooke, L. J., et al.: Psychological Science, 22(2), 190-196, 2010.