Für ADHS-Kin­der rast die Zeit

Aus der For­schung

Kind im Klassenzimmer schaut auf den Laptop
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Kin­der und Ju­gend­li­che, die un­ter dem Auf­merk­sam­keits-De­fi­zit-Hy­per­ak­ti­vi­täts-Syn­drom (ADHS) lei­den, ha­ben of­fen­bar eine ver­än­der­te Wahr­neh­mung der Zeit. Das ha­ben Hel­mut Pri­or vom In­sti­tut für Psy­cho­lo­gie der Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt, Mar­co Walg vom LVR-Kli­ni­kum der Hein­rich-Hei­ne-Uni­ver­si­tät Düs­sel­dorf und Jo­han­nes Oepen vom Vik­to­ria­stift in Bad Kreuz­nach fest­ge­stellt.

"Man fin­det im­mer wie­der ver­än­der­te Struk­tu­ren im Ge­hirn von Kin­dern mit ADHS - vor al­lem in Be­rei­chen, die für un­se­re Zeit­wahr­neh­mung ver­ant­wort­lich sind", sagt Walg ge­gen­über pres­se­text. Ihre Stu­die sei nicht die ers­te zur schnel­ler lau­fen­den in­ne­ren Uhr von ADHS-Pa­ti­en­ten. "Wenn ob­jek­tiv tat­säch­lich 60 Se­kun­den ver­gan­gen sind, kommt es dem ADHS-Kind wie zwei Mi­nu­ten vor - un­ab­hän­gig da­von, ob das Kind et­was er­war­tet oder nicht", er­klärt Walg.

31 Kin­der mit ADHS und 29 Kin­der ohne die­se Stö­rung wur­den ge­tes­tet. Sie lern­ten zu­nächst zwei Sym­bo­le zu un­ter­schei­den. Ei­nes wur­de kurz ge­zeigt (1,3 Se­kun­den), das an­de­re et­was län­ger (2,5 Se­kun­den). In an­schlies­sen­den Tests be­wer­te­ten die Kin­der für eine grös­se­re Se­rie von Zeit­span­nen, ob die­se "kurz" oder "lang" wa­ren. Die Zeit­span­nen wur­den von Kin­dern mit ADHS häu­fi­ger als lang wahr­ge­nom­men. Zu­dem konn­ten ADHS-Kin­der sich kaum dar­auf ein­stel­len, wenn die ge­tes­te­ten Zeit­span­nen ins­ge­samt ver­län­gert oder ver­kürzt wur­den.

Die Er­kennt­nis­se aus der Stu­die könn­ten dazu bei­tra­gen, neue Lern­me­tho­den für Kin­der mit ADHS zu ent­wi­ckeln: "Ein op­ti­mier­tes Zeit­ma­nage­ment, zum Bei­spiel durch Struk­tu­rie­rung kom­ple­xer Auf­ga­ben in Teil­auf­ga­ben, dürf­te ein we­sent­li­cher An­satz­punkt sein, um mit ADHS ein­her­ge­hen­de Pro­ble­me im Schul­un­ter­richt und an­de­ren Le­bens­be­rei­chen in den Griff zu be­kom­men", sagt Pri­or. "Man soll­te dar­über nach­den­ken, ob man nicht ver­kürz­te Un­ter­richts­ein­hei­ten er­mög­licht. Häu­fi­ge klei­ne Pau­sen vom Un­ter­richt ma­chen auch Sinn", meint Walg.

Aus der For­schung: Mar­co Walg et al.: Jour­nal of At­ten­ti­on Dis­or­ders, On­line First, Doi: 10.1177/1087054712454570 

Letzte Aktualisierung: 19.02.2021, BH