Die Sache mit dem Nuggi


Vor einem Jahr habe ich die das erste Mal über Juanito alias Goja geschrieben und mir in diesem Zusammenhang alle Kolumnen des vergangenen Jahres angesehen. Und voller Schrecken habe ich festgestellt, dass Goja auf etlichen Fotos mit Nuggi gezeigt wird. Okay, er war von der ersten Stunde an ein „Säug-ling“. Kaum auf der Welt, hat er getrunken, kaum weg von der Brust, hat er jeweils an meinen Fingern gesogen. An den Fingern darum, weil die Hebamme geraten hatte, erst nach rund 10 Tagen einen Nuggi zu geben. „Er eignet sich sonst eine falsche Technik zum Trinken an“, hat sie begründet.

Gehorsam haben Pepe und ich also gewartet, unsere Finger zur Verfügung gestellt und die Stunden gezählt. Und am 10. Tag hat Goja seinen ersten Schnuller erhalten. Seither sind die beiden quasi unzertrennlich, Goja nuckelt was das Zeug hält und beschwert sich lautstark, wenn er ihn mal nicht in seiner Nähe weiss.

Sicher, in den letzten Monaten ist es etwas besser geworden. Trotzdem zermartere ich mir den Kopf, wie ich dem Kleinen das Nuckeln abgewöhnen könnte. Schliesslich wird der junge Mann im Dezember bereits drei Jahre alt und geht auch schon an zwei Tagen in die Spielgruppe. Er ist also mittlerweile ein „gossi Bubb“, wie er sagt.

Neulich aber, da hätte ich mich beinahe von meinen Entwöhnungsplänen verabschiedet. Es war in diesen Tagen, als der Himmel nur noch weinte und ich so viel Holz ins Haus schleppte, um Feuer zu machen, dass ich Muskelkater hatte. Zu allem Übel machte ich dazu noch eine dumme Bewegung und klemmte mir am Nacken oder irgendwo in dieser Gegend einen Nerv ein. Es tat so furchtbar schrecklich weh, dass ich laut aufheulte und zudem mit Entsetzen feststellte, dass mein Kopf nicht mehr zu drehen war. So stand ich mitten in der düsteren Stube und heulte vor mich hin. Goja starrte mich erst entsetzt an, bat mich dann, mich zu setzen, damit er die lädierte Stelle „baasen“ kann. Er weiss, blasen hilft fast bei jedem Wehwehchen.

Als er gewahr wurde, dass ich immer noch winselte, rupfte er seinen geliebten Nuggi aus dem Mund, trat ganz nahe zu mir heran und sagte: „Goja-Mami, da, Nuggi!“, und stopfte mir das scheusslich feuchte Ding in den Mund. Er musterte mich eine Weile und stellte dann zufrieden fest: „Goja-Mami, itz ume bessi!“ Dann wandte er sich seinen Bauklötzen zu.

So sass ich also mit starrem Genick am Boden und nuckelte vor mich hin und dachte: Wenn Goja der Ansicht ist, dass ein Nuggi so viel Schmerz lindern kann, dann darf ich ihm das Ding auf keinen Fall wegnehmen.

Letzte Aktualisierung: 11.08.2016, VZ