„Aufstand der Rabenmütter“


Sind Sie, liebe Mütter, welche diese Kolumne lesen, Rabenmütter? Oder doch eher Vollzeit- und Vorzeige-Mamas? Wenn Sie nicht so genau wissen, was Rabenmütter sind oder wie sich Vorzeigemütter definieren lassen, dann empfehle ich Ihnen, das Buch der deutschen Journalistin Jutta Hoffritz zu lesen. Mit dem provokativen Titel „ Aufstand der Rabenmütter – warum Kinder auch ohne Baby-Yoga und Early-English glücklich werden“ verspricht es einiges an Unterhaltung. Und in der Tat: Mama erkennt sich in so vielen geschilderten Situationen wieder: Denn wer kennt es nicht, das Phänomen, das unser Leben manchmal so zur Hölle machen kann: Immer mehr, immer besser!

„Eine Art Optimierungswahn macht sich breit. Baby-Yoga, Early-English, Experimentier-, Mal- und Musikstunden. Es scheint, als liesse sich die kindliche  Software durch fleissigen Kursbesuch frühzeitig auf Glück und Erfolg programmieren. Das Ergebnis jedoch ist Stress für Mütter und Kinder.“ Da hat sie sicher Recht, die Autorin!

Kaum schwanger, beginnt für viele werdende Eltern – insbesondere aber für die Mütter – der Stress. Werbefluten, Ängste, gut gemeinte Ratschläge von überall machen es schier unmöglich, sich auch nur ansatzweise auf den eigenen Mutterinstinkt zu verlassen. Und wer bei all dem Getue nicht mitmacht, hat bald einmal den Ruf, eine Rabenmutter zu sein.

Denn das kennen wir doch auch, das Gerede übers Durchschlafen. Die Kämpfe mit dem Sauberwerden. Die ewigen Vergleiche, wenn eine Horde junger Mamas am Sandkasten sitzt.

Ganz heftig geht die Buchautorin auch mit all den findigen Werbe- und Wirtschaftsleuten ins Gericht, welche jungen, durch all das Geplauder  zunehmend unsicheren Müttern eintrichtern, dass ein Kind nur dann glücklich und gut aufwachsen kann, wenn Mama möglichst viel ins Kleine investiert. Zeit, ja auch, aber vor allem Materielles und Unmengen an Kursgeldern.

Darum propagiert die Buchautorin lautstark das Rabenmutter-Dasein, ist unüberhörbar sehr emanzipierte Verfechterin einer arbeits- und karrierebewussten Frauenwelt. Und hier beginnt das Buch meiner Meinung nach zum Problem zu werden. Sind Mütter, die auch noch arbeiten gehen, wirklich bessere Mütter? Hätten überhaupt alle Mütter eine Gelegenheit, Arbeit zu finden? Sollte nicht jede Frau selber entscheiden dürfen, ob sie lieber „Rabenmutter“ oder „Vollzeit-Mama“ ist?

Ich lasse Sie jetzt alleine mit diesem Denkanstoss, erhebe mich von meinem Computer und gehe mit Söhnchen in den Wald. Sicher, ich liebe meine Arbeit als Journalistin. Aber ich will doch keine Rabenmutter sein!

Bibliografische Angaben zum Buch: Jutta Hoffritz: Aufstand der Rabenmütter – Warum Kinder auch ohne Baby-Yoga und Early-English glücklich werden, Knaur, 2008, 200 Seiten.

Letzte Aktualisierung: 11.08.2016, VZ