Schwan­ger­schaft und Ge­burt mit Dia­be­tes mel­li­tus

Er­fah­rungs­be­richt ei­ner swiss­mom-Use­rin

Neugeborenes wenige Minuten nach dem Kaiserschnitt
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Ich möch­te gleich vor­ne­weg neh­men, dass die Schwan­ger­schaft für mich eine ein­ma­li­ge und wun­der­schö­ne Zeit war, in der es mir im Gros­sen und Gan­zen sehr gut ging.

Be­vor ich den Mut hat­te, schwan­ger zu wer­den, ver­ging ei­ni­ge Zeit mit Le­sen, Ge­sprä­chen mit Ärz­ten, mit Be­kann­ten, in ei­ner ERFA-Grup­pe und na­tür­lich mit mei­nem Mann. Die Ge­sprä­che ha­ben mir sehr ge­hol­fen und ge­zeigt, dass es mög­lich ist, mit ei­ner gu­ten Ein­stel­lung des Dia­be­tes ein ge­sun­des Kind zu krie­gen. Auch für mei­nen Mann war die­se Er­kennt­nis eine wich­ti­ge Stüt­ze für die Ent­schei­dung zum „Ja, wir ver­su­chen es“.

Die Emo­tio­nen wa­ren hoch, als ich si­cher war, schwan­ger zu sein. Es war Freu­de, Ver­un­si­che­rung, Angst, Zu­ver­sicht, ... vie­le Ge­füh­le, die im ers­ten Mo­ment schwer zu be­herr­schen wa­ren. Mei­ne Ge­dan­ken vor­wie­gend auf Po­si­tiv zu stel­len ver­moch­te mein Gy­nä­ko­lo­ge, als ich ihn das ers­te Mal auf­such­te. Er er­zähl­te viel, was ich vor­her auch schon ge­hört oder ge­le­sen hat­te, aber er re­de­te nicht nur von Ri­si­ko, Ri­si­ko, .... . Ich hat­te ein gu­tes Ge­fühl und war froh je­man­den ge­fun­den zu ha­ben, dem ich ver­traue. Eben­falls gros­ses Ver­trau­en schenk­te ich mei­nem Dia­be­to­lo­gen, bei dem ich auch gleich ei­nen Ter­min hat­te, nach­dem es si­cher war, dass da et­was wächst in mei­nem Bauch. Da ich beim letz­ten Be­such bei ihm ein HbA1c von 7.0% hat­te, freu­te er sich nicht über die Nach­richt von mei­ner Schwan­ger­schaft, aber kaum schwan­ger, wa­ren auch mei­ne Blut­zu­cker­wer­te viel bes­ser. HbA1c 6.0%, da war der emp­foh­le­ne Höchst­wert er­reicht.

Ich weiss nicht, ob es die Mo­ti­va­ti­on war, dass es mir ei­gent­lich die gan­zen neun Mo­na­te sehr ein­fach ge­fal­len ist mit mei­nem Dia­be­tes um­zu­ge­hen, oder ob die Schwan­ger­schaft mit den Hor­mo­nen ei­nen po­si­ti­ven Ein­fluss hat. Ist ei­gent­lich auch egal, auf je­den Fall hat­te ich wäh­rend der gan­zen Zeit ein HbA1c un­ter 6.0%, was ich vor­her nie ge­schafft hat­te. Na­tür­lich muss­te der In­su­lin­be­darf an­ge­passt wer­den, aber dies ver­lief ei­gent­lich so, wie man es mir vor­her­ge­sagt hat­te, und na­tür­lich hat­te ich auch zu hohe Wer­te, bei de­nen ich am An­fang auch mit Angst re­agier­te. Hy­pos wa­ren aber weit mehr an der Ta­ges­ord­nung als zu hohe Wer­te, denn ich be­weg­te mich im­mer eher bei 4.0 als bei 6.0, aber ich woll­te lie­ber et­was es­sen, als im­mer wie­der nach­sprit­zen. Ein­mal hat­te ich so­gar ein Hypo, bei wel­chem ich ohne die Hil­fe mei­nes Man­nes nicht mehr al­lein zu­recht ge­kom­men wäre. Na­tür­lich wa­ren die Hy­pos auch nicht gut, aber mein Dia­be­to­lo­ge hat ein­mal ge­sagt, dass das Kind dar­un­ter nicht lei­det oder Scha­den nimmt.

Also wir freu­ten uns je län­ger je mehr auf un­ser Baby, denn auch bei den gy­nä­ko­lo­gi­schen Un­ter­su­chun­gen war so­weit al­les in Ord­nung. Es wuchs, es stram­pel­te und wir durf­ten es auch auf Ul­tra­schall vie­le Male be­wun­dern. Ge­gen Schluss der Schwan­ger­schaft hat­te ich zu viel Frucht­was­ser, aber auch dies wur­de nicht zum Pro­blem. Für mich war die Be­treu­ung sei­tens der Ärz­te her­vor­ra­gend, auch wenn es manch­mal viel war, so alle zwei Wo­chen zum ei­nen oder an­de­ren Arzt zu ge­hen, und ab der 36. Schwan­ger­schafts­wo­che noch öf­ter.

In der 39. Schwan­ger­schafts­wo­che war dann lei­der die Ver­sor­gung durch die Pla­zen­ta nicht mehr op­ti­mal, so dass wir nicht län­ger auf die spon­ta­ne Ge­burt war­ten konn­ten. Die Ge­burt war schon früh ein The­ma, denn vie­le Gy­nä­ko­lo­gen ten­die­ren auf ei­nen ge­plan­ten Kai­ser­schnitt. Bei mei­nem Arzt war dies zum Glück an­ders. Er sag­te mir im­mer wie­der, wenn so­weit al­les in Ord­nung sei, kön­ne man si­cher bis zum Ge­burts­ter­min zu­war­ten und dann even­tu­el­le Mass­nah­men in Be­tracht zie­hen.

Auch ein The­ma war die Wahl des Spi­tals. Das Spi­tal in Rig­gis­berg, wo mein Gy­nä­ko­lo­ge prak­ti­ziert, ist nicht für schlim­me Not­fäl­le beim Baby aus­ge­rüs­tet, also war die Ge­fahr da, dass wir al­len­falls in die Frau­en­kli­nik nach Bern ver­legt wer­den müss­ten. Mein Dia­be­to­lo­ge hat mir ge­ra­ten das Kind in der Frau­en­kli­nik zu ge­bä­ren, denn da könn­te es gleich in der Neo­na­to­lo­gie auf­ge­nom­men wer­den, wenn et­was nicht in Ord­nung wäre. Nun hat­te ich aber die gan­ze Zeit eine wun­der­ba­re Be­treu­ung in Rig­gis­berg ge­nos­sen und war auch von der me­di­zi­ni­schen Kom­pe­tenz mei­nes Gy­nä­ko­lo­gen über­zeugt, dass ich das Ver­trau­en hat­te, mein Baby in Rig­gis­berg zu be­kom­men.

Da ich auf eine na­tür­li­che Ge­burt hoff­te, war ich auch in ei­nem Ge­burts­vor­be­rei-tungs­kurs, wel­cher mir emp­foh­len wur­de. Eine bes­se­re Vor­be­rei­tung kann ich mir nicht vor­stel­len, denn die­se Frau macht dies auf eine spe­zi­el­le Art, die ich hier nicht be­schrei­ben kann, denn man muss es sel­ber er­le­ben.

Ich möch­te hier ein ers­tes Dan­ke­schön aus­spre­chen an alle die mich in der Schwan­ger­schaft be­glei­tet ha­ben, ganz be­son­ders mei­nem Mann, der mir im­mer eine wun­der­ba­re und ge­fühl­vol­le Stüt­ze war. MER­CI.

Wie ich vor­her be­reits er­wähnt habe, konn­ten wir nicht län­ger auf eine spon­ta­ne Ge­burt war­ten, weil es sonst auf ein­mal zum Not­fall hät­te kom­men kön­nen. Dies woll­ten wir ja alle nicht, und des­halb mach­ten wir uns am Mon­tag­abend auf den Weg zum Spi­tal. Die Ge­burt wur­de ein­ge­lei­tet mit Zäpf­chen, wel­che ich alle vier Stun­den ver­ab­reicht be­kam. Ich konn­te in der Nacht von Mon­tag auf Diens­tag kaum ein Auge zu­ma­chen, denn jetzt stand ja die Ge­burt kurz be­vor. Ich hät­te wohl bes­ser et­was ge­schla­fen, denn es soll­te Mitt­woch­mor­gen wer­den bis un­ser Timo da war. Am Diens­tag ha­ben mein Mann und ich noch zu­sam­men zu Mit­tag ge­ges­sen, zwar mit ein biss­chen We­hen, aber das war noch nicht schlimm. Ge­gen halb sechs am Abend ist mir dann die Bla­se ge­sprun­gen und das Frucht­was­ser kam. Von nun an hat­te ich rich­ti­ge We­hen, und war dank­bar als der An­äs­the­sist mir um zwei Uhr nachts eine PDA ge­macht hat, denn der Mut­ter­mund war nach 8 ½ Stun­den Er­öff­nungs­we­hen erst 4 cm of­fen. Um 7 Uhr ka­men dann end­lich die ers­ten Press­we­hen. Lei­der ha­ben wir es trotz der Mit­hil­fe vom Arzt mit der Saug­glo­cke nicht ge­schafft, un­se­ren klei­nen Mann auf na­tür­li­chem Wege zu ge­bä­ren, und so blieb uns der Weg in den OP nicht er­spart. Am Mitt­woch­mor­gen um 09.18 Uhr war er dann da, un­ser Son­nen­schein!

Wäh­rend der gan­zen Ge­burt hat mir mein Mann den Blut­zu­cker kon­trol­liert, was für mich sehr gut war, denn er hat mir dann im­mer ge­sagt, wie es aus­sieht und al­len­falls auch ein Stück Trau­ben­zu­cker ge­ge­ben. Ich bin sehr stolz auf ihn, denn er hat dies sehr gut ge­macht und mir da­mit sehr ge­hol­fen. Kurz vor dem OP hat er von sich aus den Arzt ge­fragt, ob er mir noch eine Blut­zu­cker­mes­sung ma­chen soll, und das war gross­ar­tig, denn in die­sem Mo­ment habe nicht ein­mal mehr ich dar­an ge­dacht. Mei­ne Blut­zu­cker­wer­te be­weg­ten sich so zwi­schen 4.0 und 9.0, wo­bei der hö­he­re Wert erst vor der OP ge­mes­sen wur­de, vor­her wa­ren sie eher an der un­te­ren Gren­ze.

Nun war er also da, un­ser Timo. Ein gross­ar­ti­ges Er­eig­nis, ein­fach wun­der­bar, wir hat­ten es ge­schafft, Timo ist ge­sund zur Welt ge­kom­men. Er hat­te ein biss­chen mit Hy­pos zu kämp­fen, aber die­se wa­ren nicht das Pro­blem, son­dern das Ver­ab­rei­chen der Glu­ko­se, denn er hat so gie­rig ge­schluckt, dass er nicht mehr at­me­te und ganz blau wur­de. Zwei­mal ist dies pas­siert, und bei­de Male hat­te der Arzt ein Ge­räusch auf dem Herz ge­hört. Nun kam die gros­se Fra­ge, ob es wohl bes­ser wäre, wenn Timo auf eine Neo­na­to­lo­gie zur Über­wa­chung käme. So kam es, dass wir noch am sel­ben Tag von Rig­gis­berg nach Bern ver­legt wur­den. Es war wohl ei­ner der schlimms­ten Mo­men­te in mei­nem Le­ben, denn Timo und ich wur­den 12 Stun­den nach un­se­rem ers­ten Au­gen­kon­takt wie­der ge­trennt. Er kam ins Kin­der­spi­tal und ich ne­ben­an in die neue Frau­en­kli­nik. Sechs lan­ge Tage, an de­nen ich mei­nen klei­nen Schatz nur 2 bis 3 mal pro Tag be­su­chen konn­te, denn ich war ja auch nicht ge­ra­de mo­bil und dar­auf an­ge­wie­sen, dass mich je­mand mit dem Roll­stuhl ins Chi­Spi brach­te. Die Un­ter­su­chung des klei­nen Herz­chens zeig­te zum Glück kei­nen Herz­feh­ler, und das Trin­ken und At­men wur­de von Tag zu Tag bes­ser.

Timo war ein rich­ti­ges Brust­kind, denn beim Stil­len hat­te er ei­gent­lich nie Pro­ble­me. Man hat mir sehr ge­hol­fen mit dem Stil­len und Ab­pum­pen, denn das war ja lei­der nö­tig, weil ich Timo nicht re­gel­mäs­sig an­set­zen konn­te. Nach etwa vier Ta­gen hat­te ich trotz der Tren­nung und dem psy­chi­schen Stress ei­nen enor­men Milch­ein­schuss und konn­te dann 9 ½ Mo­na­te stil­len. Eine wun­der­schö­ne Zeit. Da sich un­ser Schatz so schnell an das Er­den­le­ben an­ge­passt hat, durf­te er nach sechs Ta­gen zu mir ins Frou­e­li kom­men. Wir ver­brach­ten da noch eine Nacht und wur­den dann nach Hau­se ent­las­sen, wo wir na­tür­lich sehn­süch­tig er­war­tet wur­den.

Mein In­su­lin­be­darf ist nach der Ge­burt um mehr als die Hälf­te ge­sun­ken, wie mir das mein Dia­be­to­lo­ge auch vor­her­ge­sagt hat. Ich hat­te in der ers­ten Zeit auch ziem­lich vie­le Hy­pos, und auch sonst war das Ein­stel­len nicht sehr ein­fach. Der Grund war viel­leicht das Stil­len, aber viel­leicht auch ein­fach das Auf­at­men, jetzt scha­de­te ich ja mei­nem Kind nicht mehr.

Die Zeit auf der Wo­chen­bett-Sta­ti­on der Frau­en­kli­nik war für mich schon we­gen der Tren­nung zu mei­nem Kind nicht wit­zig. Lei­der kam dann auch noch an­de­res dazu, z.B. muss­te ich auf An­ord­nung ei­ner Ärz­tin die Blut­zu­cker­wer­te, In­su­lin­men­ge und Koh­len­hy­dra­te (muss­te ich sel­ber schät­zen), die ich ass, auf­schrei­ben. Das wäre ja nicht wei­ter tra­gisch ge­we­sen, nur konn­te fast nie­mand et­was da­mit an­fan­gen, denn sie wuss­ten ja zum Teil nicht ein­mal, war­um ich zwei ver­schie­de­ne In­su­li­ne sprit­ze (Novo Ra­pid und In­su­la­tard). Das zwei­te, für mich we­sent­lich schlim­me­re war, dass mir je­der Arzt / Ärz­tin sag­te, Timo sei ein rich­ti­ges Dia­be­ti­ker-Kind, man sehe es schon am Ge­wicht. Das schmerz­te, denn ich hat­te mir sol­che Mühe ge­ge­ben, und Timo wog ja auch nur 3760 g, was bei ei­ner Grös­se von 50 cm nicht ex­trem viel ist. Eine Kol­le­gin von mir hat zwei Kin­der, die bei­de bei der Ge­burt schwe­rer wa­ren als Timo, und sie ist nicht Dia­be­ti­ke­rin. Mein Gy­nä­ko­lo­ge in Rig­gis­berg be­dau­er­te die­se Aus­sa­gen, denn für ihn war un­ser Baby ab­so­lut nicht zu schwer.

Im Nach­hin­ein wür­de ich mich nicht mehr von al­len Aus­sa­gen und Be­mer­kun­gen ver­rückt ma­chen las­sen, denn man soll­te auch ein biss­chen Ver­trau­en in die Na­tur, den ei­ge­nen Kör­per und die ei­ge­nen Ge­füh­le ha­ben. Ich wür­de ein zwei­tes Kind auf je­den Fall wie­der in Rig­gis­berg ge­bä­ren, auch wenn ich das Ri­si­ko tra­gen wür­de, wie­der ver­legt zu wer­den. Denn ers­tens kommt es an­ders und zwei­tens als man denkt.

So nun möch­te ich noch­mals al­len dan­ken, die mich in die­ser Zeit be­glei­tet und un­ter­stützt ha­ben, und hof­fe, dass ich mit mei­nem Be­richt vie­len Dia­be­ti­ke­rin­nen Mut ma­chen kann, sich den ei­ge­nen Kin­der­wunsch eben­falls zu er­fül­len.

DAN­KE

Kat­ja Kes­ten­holz

Für all­fäl­li­ge Fra­gen oder an­de­res freue ich mich auf ein E-mail an mei­ne Adres­se: r.kes­ten­hol­z@dat­a­comm.ch

Letzte Aktualisierung: 11.06.2021, swissmom-Redaktion

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