Geborgen aufwachsen - die Grundlage für psychisches Wohlbefinden

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Gesundheitsförderung Schweiz
Kind füttert Hühner
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Die Lebensumstände müssen nicht perfekt sein, damit es Ihrem Kind gut geht. Wichtig ist vielmehr, dass sich Kinder geliebt, beschützt und in jeder Situation gut begleitet wissen. Zwölf Anregungen, wie Sie dies im Alltag umsetzen können.

Warum ist Aufwachsen in Geborgenheit so wichtig?


Der Grundstein für eine gute psychische Gesundheit wird in der frühen Kindheit gelegt. Die Erfahrungen, die ein Kind während seiner Entwicklung macht, wirken sich prägend auf das spätere Wohlbefinden aus. Es ist daher wichtig, dass es das Rüstzeug mit auf den Weg bekommt, das es braucht, um sein Leben meistern zu können. Dies geschieht natürlich nicht von einem Tag auf den anderen, sondern ist ein Entwicklungsprozess, den Sie als Eltern begleiten und begünstigen können. Dazu gehört beispielsweise:

  • Die Entwicklung eines guten Selbstwertgefühls

  • Eine differenzierte Wahrnehmung der eigenen Persönlichkeit, von Stärken und Schwächen

  • Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit, also das Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten und Kompetenzen, die es einem ermöglichen, Neues zu lernen und Herausforderungen zu bewältigen

  • Die Fähigkeit, Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen sowie Konflikte zu lösen

  • Emotionen zu erkennen, nach und nach zu lernen, sie angemessen auszudrücken und zu regulieren

  • Die Neugierde, die Welt zu entdecken und Neues zu lernen

Ein Kind, das in einem liebevollen Umfeld und in einer kinderfreundlichen Umgebung aufwachsen darf, hat gute Chancen, sich gut zu entwickeln - auch dann, wenn nicht alle Bedingungen optimal sind oder wenn es beispielsweise durch eine Beeinträchtigung herausgefordert ist. Fehlt es hingegen an liebevoller Zuwendung und Unterstützung, können auch schon Kinder psychische Störungen entwickeln, selbst dann, wenn es ihnen materiell an nichts fehlt.  

Im Folgenden finden Sie zwölf Anregungen, wie Sie bei Ihrem Kind die Grundlage für eine gute psychische Gesundheit legen können. Diese sind gestützt auf die Empfehlungen von Gesundheitsförderung Schweiz.

1. Verlässlichkeit


Die Erfahrung, dass sich voll und ganz auf seine Bezugspersonen verlassen kann, ist entscheidend, damit ein Kind geborgen aufwachsen darf. In den ersten Monaten nach der Geburt erlebt ein Baby dies vor allem dadurch, dass Eltern und Betreuungspersonen ihm viel Nähe geben und einfühlsam auf seine Bedürfnisse eingehen. Je grösser das Kind wird, desto grösser wird auch das Umfeld, in dem es sich bewegt. Die Gewissheit, dass Erwachsene bei allen Entwicklungsschritten an seiner Seite sind, erlauben es ihm, zunehmend selbständiger zu werden.

Fehlt dem Kind diese Sicherheit, kann sich dies negativ auf seine Entwicklung auswirken. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es sich in Situationen, in denen es den Beistand von Erwachsenen braucht, immer wieder allein gelassen fühlt. Oder wenn eine wichtige Bezugsperson plötzlich aus seinem Leben verschwindet, ohne dass es dabei begleitet wird, diesen Verlust zu verstehen und zu verarbeiten. 

2. Wertschätzung


Zuwendung und ungeteilte Aufmerksamkeit sind wichtig, damit sich ein Kind geliebt und wahrgenommen fühlt. Im Alltag bedeutet dies, Ihrem Kind immer wieder auf verschiedene Weise zu vermitteln, wie gerne Sie mit ihm zusammen sind - sei es, indem Sie beim Wickeln mit ihm spielen und kuscheln, indem Sie mit ihm Neues entdecken, oder indem Sie ihm abends trotz Müdigkeit noch zuhören, wenn es sich vor dem Einschlafen seine Sorgen von der Seele reden will.

Zur Wertschätzung gehört auch, sein Nein zu akzeptieren, wenn es nicht umarmt werden möchte, wenn es keine weitere Portion essen mag oder wenn es gerade nicht mit Ihnen über seinen Streit mit einem Gspänli reden möchte, weil es sich erst mal Zeit braucht, um sich zu beruhigen.

3. Trost


Hunger, Schmerz, Müdigkeit, Wut, Angst, Überforderung, ein wunder Po - die Gründe, warum bei kleinen Kindern die Tränen kullern, können ganz unterschiedlich sein. Die Fähigkeit, Bedürfnisse und Gefühle differenziert auszudrücken, entwickelt sich erst mit zunehmender Reife. Erwachsene verspüren meist den Wunsch, den Grund für das Weinen so schnell als möglich ausfindig zu machen, damit es aufhört. Wenn es darum geht, auf Bedürfnisse wie Hunger, Müdigkeit oder eine volle Windel zu reagieren, ist dies sicher der richtige Weg.

Manchmal aber muss ein kleines Menschlein sich einfach im Arm von Mama oder Papa ausweinen. Und zwar so lange, bis das ungute Gefühl, das es noch nicht benennen kann, wieder verschwunden ist. Geben Sie Ihrem Kind Trost und Nähe, auch wenn Sie den Grund für seine Traurigkeit nicht nachvollziehen können. So lernt es, dass seine Gefühle ernst genommen werden, dass es diesen Ausdruck verleihen darf und dass nach dem Regen irgendwann wieder die Sonne scheint. Diese Erfahrungen sind wichtig, um einen guten Umgang mit Emotionen zu lernen.

4. Miteinander reden


Schon Neugeborene kommunizieren, ihr "Wortschatz" ist zu Beginn allerdings noch auf Mimik, Weinen und Geräusche beschränkt. Das Baby teilt sich auf diese Weise seiner Umwelt mit und macht die Erfahrung, dass andere zuhören und auf seine Äusserungen reagieren.

Erklären Sie Ihrem Baby von Anfang an die Welt, denn bevor es seine ersten Wörtchen spricht, fängt es an, zu verstehen, was man zu ihm sagt. Benennen Sie nicht nur die Dinge, die es sieht - reden Sie über alles, was es rundherum zu hören, zu schmecken, zu riechen, zu spüren und zu empfinden gibt. So entwickelt es nach und nach den Wortschatz, den es braucht, um zu erzählen, was es erlebt und empfindet. 

Kleine Kinder wollen über alles Mögliche reden, oft auch über Themen, die Erwachsenen unangenehm sind. Klemmen Sie solche Gespräche nicht ab. Suchen Sie vielmehr nach einem Weg, in kindgerechter Sprache über alles zu sprechen, was das Kind beschäftigt. 

5. Orientierung bieten


Die vielen "Papa, wieso?" und "Mami, warum?"-Fragen, die ein kleines Kind im Laufe des Tages stellt, können ganz schön anstrengend sein. Aber es ist unglaublich wichtig, den Kleinen ehrliche und gut verständliche Antworten zu geben, denn diese grosse, komplizierte Welt zu verstehen ist ganz schön schwer. Natürlich wissen auch Eltern nicht auf jede Frage eine Antwort, aber auch mit einem "Ich weiss es nicht, lass uns gemeinsam versuchen, es herauszufinden" lernt ein Kind etwas Wichtiges - nämlich, dass man auch mal etwas nicht wissen darf. 

Kinder brauchen auch dann Orientierung, wenn etwas für sie Unverständliches passiert. Das gilt im ganz Kleinen, wenn Sie beispielsweise schlecht gelaunt sind und nicht wie sonst mit Ihrem Kind herumtollen mögen. Reagieren Sie ungeduldig und gereizt, kann Ihr Kind das schlecht einordnen und es fühlt sich zurückgewiesen; erklären Sie ihm hingegen, dass es Ihnen heute nicht so gut geht und Sie darum lieber ein Büchlein mit ihm anschauen möchten, lernt es zu verstehen: Auch Erwachsene haben manchmal einen schlechten Tag.

Noch viel mehr aber gilt dies im Grossen, bei einschneidenden Veränderungen wie der Geburt eines Geschwisters, einem Umzug oder einer Trennung. Bekommen Kinder keine Erklärungen für das, was passiert, suchen sie nach eigenen Interpretationen. So kommt ein Kleinkind vielleicht auf den Gedanken, die Eltern hätten ein neues Baby gewollt, weil sie es nicht mehr lieb haben. Oder es denkt, die Eltern hätten sich getrennt, weil es etwas falsch gemacht habe. 

6. Die Welt entdecken


Kinder brauchen nicht nur Erklärungen, sondern auch Erfahrungen, damit sie die Welt verstehen lernen. Vieles davon geschieht im Spiel, wo sie Zusammenhänge erforschen, in verschiedene Rollen schlüpfen, Erwachsene imitieren, kreative Lösungen ausprobieren, Regeln einhalten und noch viel mehr. Mitzuhelfen bei dem, was die Erwachsenen tun, erfüllt Kinder mit Stolz. Sie schulen dabei nicht nur ihre motorischen Fähigkeiten, sie erleben auch, wie befriedigend es ist, einen Beitrag zu einem gemeinsamen Werk zu leisten. Freies Spiel und angeleitete Tätigkeiten sollten sich im Kinderalltag abwechseln, denn dabei kommen ganz unterschiedliche Fertigkeiten zum Zug.

7. Kontakte zu anderen Menschen


Erwachsene spielen eine tragende Rolle im Leben eines Kindes, zu Beginn natürlich in erster Linie die Eltern. Damit es in der Lage ist, sich mehr und mehr von Mama und Papa zu lösen, braucht ein Kind jedoch auch andere erwachsene Bezugspersonen. Ob diese erste Ablösung nun etwas früher oder etwas später erfolgt - entscheidend ist immer, dass dies behutsam geschieht und dass das Kind die Zeit bekommt, die es braucht, um zu einer weiteren Bezugsperson Vertrauen aufzubauen. 

Nach und nach erwacht auch das Interesse an anderen Kindern. Im Spiel mit Geschwistern, Nachbarskindern oder Kita-Gspänli entwickelt ein Kind die sozialen Fähigkeiten, auf die es später immer wieder ankommt. Mit Gleichaltrigen befindet es sich eher auf Augenhöhe; es erlebt Abenteuer mit ihnen, lernt zu teilen, Kräfte zu messen und Konflikte zu lösen. In altersdurchmischten Gruppen kommen weitere Aspekte hinzu: Rücksicht auf Schwächere nehmen, Grössere nachahmen und von ihnen lernen, den eigenen Platz in der Gruppe finden, sich behaupten können etc.

Zwar hält längst nicht jede Sandkastenfreundschaft ein Leben lang - das Kind macht aber zum ersten Mal die Erfahrung, wie bereichernd das Zusammensein mit anderen ist. Umgekehrt können negative Erfahrungen in der Kindheit es auch längerfristig erschweren, Beziehungen und Freundschaften aufzubauen. Daher brauchen Kinder immer wieder die Unterstützung und Anleitung von Erwachsenen, um den Umgang mit anderen zu lernen

8. Etwas wagen dürfen


"Sälber!" - ein Wort, das die meisten Kinder schon sehr früh aussprechen können und das Eltern oft an die Grenzen ihrer Geduld bringt. Ein Wort aber auch, das Sie so oft als möglich respektieren sollten, denn einen eigenen Weg zu finden, um Herausforderungen zu bewältigen, ist Teil einer gesunden Entwicklung. Dazu gehört zuweilen auch die schmerzhafte Erfahrung, dass nicht alles so einfach ist, wie es aussieht. Trauen Sie Ihrem Kind etwas zu, setzen Sie ihm nur so viele Grenzen wie nötig und bleiben Sie an seiner Seite, um es aufzufangen und zu trösten, wenn es sich überschätzt hat. 

9. Gutes Körpergefühl


Das körperliche und das psychische Wohlbefinden beeinflussen sich gegenseitig. Für einen gesunden Lebensstil zählt jedoch nicht nur, was täglich auf den Tisch kommt und ob ein Kind Gelegenheit bekommt, sich ausreichend zu bewegen. Auch das Vorbild, das die Erwachsenen abgeben, hat einen erheblichen Einfluss darauf, welche Gewohnheiten es sich zu eigen macht. 

Ein Gespür für seinen Körper entwickelt das Kind, wenn es darin angeleitet wird, dessen Signale zu beachten. Ist es bereits nach einer halben Portion satt? Dann soll es nicht dazu gezwungen werden, den ganzen Teller leer zu essen. Ist es noch nicht müde? Dann soll es nicht im Bett auf den Schlaf warten müssen, sondern vielleicht bei einem gemütlichen Abendspaziergang die überschüssige Energie abbauen, damit es danach gut schlafen kann. Tut ihm etwas weh? Dann braucht es die Erfahrung, dass seine Schmerzen ernst genommen werden und dass oft schon eine Tasse Tee und eine Wärmflasche reichen, damit es ihm wieder besser geht. 

10. Ruhepausen ermöglichen


Die Welt ist voller Eindrücke, die verarbeitet werden wollen. Dazu braucht ein Kind Pausen und ausreichend Schlaf. Mit einer Tagesplanung, die Raum bietet, um sich zurückzuziehen, tun Sie nicht nur Ihrem Kind etwas Gutes - auch für Sie wird es einfacher, ab und zu mal ein paar Minuten zu verschnaufen. 

11. Dazugehören


Auch Kinder haben den Wunsch, so akzeptiert zu werden, wie sie sind, mit all ihren Charaktereigenschaften und Einschränkungen, unabhängig von Geschlecht, kulturellem Hintergrund oder sozialem Status. Ebenso wichtig ist die Erkenntnis, dass andere ganz anders sein können - und trotzdem äusserst liebenswert. 

Es existieren zahlreiche Angebote für Familien, wo das Miteinander und Füreinander gepflegt und gefördert wird. Kinder, die beispielsweise in ihrer Schulklasse immer wieder Ausgrenzung erleben, sind besonders auf Freizeitaktivitäten angewiesen, bei denen sie ganz sich selbst sein dürfen und Anerkennung bekommen

12. Selbstfürsorge 


Damit Eltern ihrem Kind all das geben können, muss auch für ihr eigenes Wohlbefinden gesorgt sein. Mütter und Väter brauchen die Möglichkeit, immer wieder Energie für sich selbst und die Partnerschaft zu tanken, damit sie ihren Aufgaben gewachsen sind. Dazu sind sie auf ein intaktes soziales Umfeld und familienfreundliche Rahmenbedingungen angewiesen. 

Machen Sie unbedingt Gebrauch von Beratungs- und Unterstützungsangeboten, wenn Sie feststellen, dass Ihnen die Herausforderungen über den Kopf zu wachsen drohen. Kinder grosszuziehen und eine Familie zu versorgen sind anspruchsvolle Aufgaben, die einen zuweilen an die Grenzen des Tragbaren treiben können. Sich dies einzugestehen und Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist keine Schwäche, sondern ein Schritt der Selbstfürsorge

Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz,  Förderung der psychischen Gesundheit in der frühen Kindheit

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