Kinderferien ohne Kind

Schwangerschaftskolumne Woche 34 Kinderferien
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mama.kritzelei

Kugelbauch-Kolumne Woche 34


„Du hast diese Ferienwohnung doch selber ausgesucht“, meint der Papa leicht entnervt, als er mein Gefluche und Gestöhne nicht mehr hören mag. Wie hätte ich denn bitteschön vor drei Monaten, als ich diese kleine Ferienwohnung im Tessin gebucht habe, wissen sollen, dass ich in der 34. Schwangerschaftswoche nicht mehr eine halbe Stunde lang Treppen steigen mag?

Die Ferienwohnung ist, genau wie im Internet dargestellt, zuckersüss. Das Städtchen in der Nähe ist es ebenfalls. Dass zwischen diesen beiden Schmuckstücken sechs steile Treppen und gefühlte zweitausend Höhenmeter liegen, konnte ich nicht wissen.

Nun gut, ich versuche, unsere vorerst letzten Ferien zu zweit trotzdem zu geniessen. Wie ich das ohne Aperol Spritz und ohne Prosciutto Crudo hinbekomme, werde ich bestimmt noch erlicken. Ich könnte ja Schuhe kaufen gehen. Einfach so, als Erinnerungsstück an meine schrecklich dicken Wasserfüsse. Oder wir könnten abends irgendwo tanzen gehen. Ja, das könnten wir wirklich tun, wenn ich nicht auf der Couch eingeschlafen wäre, bevor die Clubs überhaupt ihre Türen öffnen. Selbst den obligaten Besuch im Spa lasse ich ausfallen, weil ich mir die Pilzkeime ja nicht gerade mit Hochdruck ins Höschen pfeffern lassen möchte. Die Wildwasserbahnen sehen nicht kugel(bauch)sicher aus und nicht einmal am Lido chillen klappt, weil ich bei dem Geplätscher alle fünf Minuten zur Toilette muss.

Man merkt meinen Zeilen den Frust jetzt nicht direkt an, aber ich finde „Kinderferien“ ohne Kind echt voll öde:

Wir machen einen gemütlichen Morgenspaziergang durch das Städtchen, schauen uns die schönen Schaufenster an.

Danach liege ich total erschöpft auf der Couch und mache einen langen Mittagsschlaf.

Ein zweiter gemütlicher Spaziergang mit etwas Füssebaden im See.

Überfütterte Enten mit Brot bewerfen. Nach einem Restaurant suchen, in welchem uns bereits am späten Nachmittag ein warmes Abendessen serviert wird. 

Während sich der Papa zum Dessert ein Tiramisu gönnt, kratze ich dann verzweifelt den letzten Bissen fades Vanilleeis aus der Ecke des pinguförmigen Eisbechers. Das einzige alkoholfrei Dessert, es trieb mir die Tränen in die Augen. Ehrlich jetzt!

Ach, und das stundenlange Treppensteigen nicht vergessen.

So sehen sie also aus, die sogenannten „Familienferien“. Zumindest für Familien ohne Kind.

Die Kolumnistin

Schwangerschaftskolumne_Portrait_Giulietta

Giulietta Martin ist Hebamme, Mama von drei kleinen Kindern und lebt im Berner Oberland. Unter mama.kritzelei veröffentlicht sie auf Instagram regelmässig humorvolle Szenen aus dem Familienalltag.

Letzte Aktualisierung: 30.01.2020, GM