Wie Väter Familie und Beruf unter einen Hut bringen

Eine bessere Vereinbarkeit von Familienalltag und Beruf ist für Väter ebenso wichtig wie für Mütter.

Vater mit Baby im Tragetuch spült Geschirr
©
GettyImages

Die meisten Väter möchten nicht nur der Brötchenverdiener sein, sondern eine aktive Rolle im Leben ihrer Kinder spielen. Die Frage, wie sich Familie und Beruf unter einen Hut bringen lassen, ist deshalb auch für Männer wichtig. Dabei geht es nicht alleine um die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Sie Ihr Arbeitspensum reduzieren. 

Teilzeit oder Vollzeit?


Obschon der Anteil der Väter, die Teilzeit arbeiten, über die Jahre leicht zugenommen hat, sieht die Rollenteilung in den meisten Schweizer Familien heute so aus: Mama bleibt im Beruf, reduziert aber nach der Geburt ihr Arbeitspensum deutlich, während Papa in Vollzeit oder hochprozentig berufstätig ist. Neben persönlichen Gründen, warum Paare sich für dieses Modell entscheiden, gibt es weiterhin einige gesellschaftliche Hürden, die verhindern, dass mehr Väter ihr Pensum reduzieren: 

  • Da die Löhne in typischen "Frauenberufen" meist tiefer sind, wäre die finanzielle Einbusse für viele Familien zu gross, wenn die Frau die Hauptverdienerin wäre.

  • Längst nicht jede Firma bietet die Möglichkeit, mit einem Teilzeitpensum Karriere zu machen. Da eine wachsende Familie auch mehr Geld braucht, ist der Verzicht auf den nächsten Karriereschritt nicht in jedem Fall realistisch

  • Das Verständnis für Männer, die nach der Geburt beruflich kürzertreten wollen, ist nicht in jedem Betrieb vorhanden. Deshalb kommt es weiterhin vor, dass eine Reduktion nicht genehmigt wird. Kleinere Betriebe fürchten oft auch den zusätzlichen administrativen Aufwand, wenn die anfallende Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden muss. 

Wenn Sie und Ihre Partnerin miteinander aushandeln, wie Sie sich die Aufgaben nach der Geburt aufteilen, geht es also einerseits darum, was für Sie beide wünschenswert wäre und andererseits, was unter den gegebenen Umständen machbar ist. Gut möglich, dass Sie einige Anläufe benötigen, um das für Sie passende Modell zu finden und manchmal braucht es auch etwas Mut, einen ganz eigenen Weg einzuschlagen. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, eine Arbeitsteilung anzustreben, die Ihnen beiden entspricht. Denn wenn Sie als Eltern zufrieden sind, wirkt sich dies positiv auf die ganze Familie aus.

Den Vaterschaftsurlaub verlängern?


Sofern Sie es sich finanziell leisten können und Ihr Arbeitgeber einwilligt, können Sie den Vaterschaftsurlaub durch einen unbezahlten Urlaub verlängern. So können Sie sich ganz dem Neugeborenen widmen und Ihre Partnerin entlasten. Weil Sie während dieser Zeit jedoch keinen Lohn beziehen, fallen auch die Sozialversicherungsbeiträge weg. Informieren Sie sich genau, wo Lücken entstehen und wie Sie diese ausgleichen können, damit Sie später keine Einbussen in Kauf nehmen müssen.  

Den Vollzeitjob auf vier Arbeitstage verteilen?


Manche Arbeitgeber sind zwar nicht einverstanden mit einer Pensumsreduktion, bieten jedoch die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf vier oder viereinhalb Tage aufzuteilen. Dies gibt Vätern die Chance, sich zumindest einen ganzen oder einen halben Tag um Kind und Haushalt zu kümmern. Dieses Modell bringt aber auch seine Herausforderungen mit sich:

  • Lange Arbeitstage und schlaflose Nächte mit dem Baby können auf Dauer ziemlich an die Substanz gehen. Und auch wenn Ihr Kind grösser ist, kann die Produktivität leiden, wenn Sie täglich mehr als zehn Stunden arbeiten müssen. 

  • Auch für Ihre Partnerin sind die Tage lang, denn sie muss den Feierabend mit den Kindern an vier Wochentagen alleine bestreiten

  • Damit der Tag, den Sie daheim verbringen, wirklich arbeitsfrei ist, müssen Sie alles Wichtige während Ihrer Arbeitszeit regeln. Und Ihr Team muss respektieren, dass Sie zu Hause für Arbeitsfragen nicht erreichbar sind

Ist Homeoffice die Lösung?


Viele Mütter und Väter schätzen es, wenn Sie einen Teil ihrer Arbeit im Homeoffice erledigen können. Bis zu einem gewissen Grad erleichtert dies die Vereinbarkeit von Familie und Beruf tatsächlich: Die Kinder müssen nicht im Morgengrauen raus, damit sie vor Arbeitsbeginn in der Kita sind. Schulkinder können über Mittag mit Papa oder Mama essen. Sie können in einer Arbeitspause eine Wäsche aufsetzen und falls mal alles drunter und drüber geht, lassen sich die verpassten Arbeitsstunden nachholen, wenn im Kinderzimmer Ruhe eingekehrt ist. 

Solange die Kinder noch klein sind, geht es aber auch im Homeoffice nicht ohne zuverlässige Kinderbetreuung. Denn die Arbeit will ja erledigt sein und das funktioniert nun mal schlecht, wenn einen das Kleinkind mit seinen Warum-Fragen bombardiert und das Baby zu früh aus dem Mittagsschlaf erwacht.

Wichtig ist auch, dass es Ihnen gelingt, Arbeit und Familie klar voneinander abzugrenzen. Dies einerseits räumlich, denn wenn Ihr Laptop auf dem Küchentisch oder im Wohnzimmer steht, können Sie kaum konzentriert arbeiten, während rund um Sie herum das Familienleben tobt. Andererseits aber auch zeitlich. Wenn Sie gerade Ihr Baby wickeln, hat die Chefin nichts zu melden - und wenn Sie im Online-Meeting sind, muss die Hausaufgabenhilfe für die Tochter eben warten. Diese Abgrenzung erfordert Selbstdisziplin und eine klare Kommunikation, damit Arbeitgeber und Familie wissen, was sie von Ihnen erwarten können. 

Den Familienalltag gemeinsam meistern


Kinder grosszuziehen und einen Familienhaushalt zu managen sind zwei anspruchsvolle Aufgaben, die Sie und Ihre Partnerin irgendwie mit Ihrer Berufstätigkeit in Einklang bringen müssen. Wie Sie das im Detail machen, hängt stark von Ihrer familiären Situation ab. Einige Aspekte sollten Sie jedoch besonders im Auge behalten, damit die faire Arbeitsteilung nicht auf der Strecke bleibt:

  • Sorgearbeit ist auch Arbeit und zwar eine, die weder Feierabend noch regelmässige Pausen noch komplett unbekümmerte Ferien zulässt. Dass sie keinen Lohn einbringt, macht sie keineswegs weniger wertvoll. In den Diskussionen, wer den Kleinen aus der Kita abholt, wer nachts die Windeln wechselt und wer auf dem Heimweg noch kurz den Wocheneinkauf erledigt, zieht das Argument "Aber ich arbeite mehr als du" deshalb nicht. 

  • Als Sie noch keine Kinder hatten, spielte es oft keine so grosse Rolle, ob die Dinge gleich erledigt werden oder noch ein paar Tage liegen bleiben. Das ist jetzt anders: Je mehr Personen in einem Haushalt zusammenleben, umso schneller gerät alles aus dem Ruder, wenn sich die Familienmitglieder nicht zuverlässig um ihre Aufgaben kümmern. 

  • Selbst in Familien, die sehr um Gleichberechtigung bemüht sind, bleibt oft automatisch die Mama zu Hause, wenn das Kind krank ist. Dies ist jedoch kein Naturgesetz. Auch Väter haben das Recht, ein Arztzeugnis vorzulegen, um sich drei Tage lang um das erkrankte Kind kümmern zu können. 

  • Für Kinder und Haushalt zu sorgen, bringt ganz viel unsichtbare Gedankenarbeit mit sich. Diese sogenannte "Mental Load" bleibt in vielen Familien an den Müttern hängen. Um dem entgegenzuwirken, hilft es, regelmässig zu besprechen, was alles ansteht und wer sich um was kümmert. Dabei sollten Sie ganze Aufgabenpakete übernehmen und nicht bloss einzelne Aufgaben. Ein Beispiel: Ihr Kind soll im Sommer ins Ferienlager fahren. Dann kümmern Sie sich um alles, was damit zusammenhängt, von der Anmeldung über den Einkauf und das Kofferpacken bis hin zum Abholen am Ende der Woche. Und selbstverständlich steht Ihre Handynummer zuoberst auf dem Kontaktformular, damit Sie im Notfall kontaktiert werden können. 

  • Für viele Eltern ist es selbstverständlich, dass die Zeit, die neben der Arbeit bleibt, ganz der Familie gehört. Die persönliche Freizeit kommt dabei oft zu kurz. Damit Sie beide ab und zu die Gelegenheit haben, die Batterien aufzuladen und Hobbys oder Sozialkontakte zu pflegen, sollten Sie Ihre Freizeit fix im Familienkalender einplanen. Und weil Abschalten nur dann richtig möglich ist, wenn man sich wirklich mal um gar nichts kümmern muss, sollte der Elternteil, der gerade frei hat, nur im äussersten Notfall einspringen müssen. 

Wofür es sich (nicht) zu kämpfen lohnt


Obschon sich die Gesellschaft stark gewandelt hat, stossen Väter oftmals auf Unverständnis, wenn sie ihren Kindern eine hohe Priorität einräumen. Da ist der Chef, der die Nase rümpft, weil Sie Ihren Vaterschaftsurlaub am Stück beziehen möchten. Die Arbeitskollegen, die spöttisch bemerken: "Na, morgen wieder Papitag? Ich hätte ja auch zu gern schon am Donnerstag Wochenende." Die Lehrerin, die bei jeder schulischen Angelegenheit Ihre Partnerin kontaktiert, obschon Sie schon mehrmals darauf hingewiesen haben, dass Sie in diesem Punkt die erste Ansprechperson sind. 

Gegen spöttische Bemerkungen anzukämpfen, ist meistens ein sinnloses Unterfangen. Da ist es einfacher, wegzuhören und zu warten, bis der eine oder andere Kollege selber Vater wird und erlebt, wie herausfordernd das alles sein kann. Werden Ihnen jedoch die Rechte, die Sie als Vater haben, nicht zugestanden, ist es wichtig, dafür zu kämpfen. Sie dürfen auch erwarten, dass Schule und Betreuungseinrichtungen Ihre Aufgabenteilung respektieren und sich an Sie wenden, wenn Sie dies mit Ihrer Partnerin so vereinbart haben. Und möglicherweise müssen Sie sogar Ihrer (Schwieger)mutter klipp und klar sagen, dass Sie durchaus in der Lage sind, sich um Kind und Haushalt zu kümmern, obschon sie der Meinung ist, ohne ihre Unterstützung käme an den Tagen, an denen Sie zu Hause sind, nichts Rechtes auf den Tisch. 

Letzte Aktualisierung: 23.08.2024, TV