Babyfotos auf Social Media: herzig, aber nicht unproblematisch

Kinderfotos und Anekdoten aus dem Familienalltag sind aus den sozialen Medien nicht mehr wegzudenken. Worauf sollten Eltern achten, um die Privatsphäre ihrer Kinder zu schützen?

Frau macht ein Selfie von sich und ihrem Kleinkind
©
GettyImages

Das Baby hat sich beim Krabbeln eine Haushaltpapier-Rolle geschnappt und sitzt jetzt mitten in einem Haufen von winzigen Papierfetzen und strahlt. Wenn das doch nur das Gotti sehen könnte und die beste Freundin, die ein Baby im gleichen Alter hat. Also schnell das Smartphone gezückt, abgedrückt und das Bild auf Social Media gepostet. Wenige Augenblicke später die ersten Likes und bald kommen auch die ersten witzigen Kommentare. 

Sharenting - das Private wird öffentlich geteilt


Noch nie war es so einfach, Verwandte und Freunde unmittelbar am Familienleben teilhaben zu lassen. Ein grosser Vorteil, vor allem, wenn liebe Menschen weit entfernt leben und man einander nur selten sieht. So beliebt ist das Teilen von Familienbildern und Anekdoten aus dem Alltag, dass es längst einen Begriff dafür gibt: Sharenting - eine Wortkombination aus "sharing" (teilen) und "parenting" (Elternschaft).

Doch nicht nur enge Bekannte bekommen auf diese Weise Einblick ins Privatleben. Posts in den sozialen Medien und Einträge in Familienblogs sind auch für ein grösseres Publikum sichtbar. Wer was zu sehen bekommt, lässt sich nur schwer kontrollieren. 

Das bedeutet nicht zwingend, dass Eltern strikt darauf verzichten müssen, Momente aus dem Familienalltag mit anderen zu teilen. Es ist nämlich durchaus begrüssenswert, dass Mütter und Väter sich auf diesem Weg ganz direkt mit ihren Erfahrungen in gesellschaftliche Diskussionen einbringen können. Kinder sind ein wichtiger Teil der Gesellschaft - eine digitale Welt, in der sie nicht vorkommen, wäre daher nicht vollständig. Die Frage ist jedoch, ob es dazu wirklich Bilder braucht, die in einem privaten Fotoalbum besser aufgehoben wären. 

Verantwortungsvoller Umgang mit privaten Informationen


Wie weit die digitale Öffentlichkeit an Ihrem Privatleben teilhaben soll, entscheiden Sie selber. Wichtig ist jedoch, dass Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sind und nicht einfach gedankenlos alles posten, was sich gerade anbietet. Bevor Sie ein Bild oder eine Anekdote aus dem Alltag veröffentlichen, sollten Sie sich daher gut überlegen, welches Ihre Beweggründe sind, etwas Privates zu teilen:

  • Möchten Sie Ihnen nahestehende Menschen an Ihrem Alltag mit dem Baby teilhaben lassen? Dann suchen Sie am besten nach einer Möglichkeit, das Bild nur mit diesen ausgewählten Personen zu teilen, z. B. in einer persönlichen Nachricht oder mit einem Post, der nur für eine bestimmte Personengruppe sichtbar ist.

  • Wünschen Sie sich Austausch mit anderen Eltern? Dann bietet eine private Chatgruppe oder ein moderiertes Forum einen etwas weniger öffentlichen Rahmen, in dem Sie Ihre Inhalte mit anderen teilen können. 

  • Ist es Ihnen ein Anliegen, auf ein wichtiges gesellschaftliches Thema aufmerksam zu machen, das Sie als Mutter oder Vater beschäftigt? Dann ist es sinnvoll, nicht Ihr eigenes Erleben und Ihr Kind ins Zentrum zu rücken. Formulieren Sie den Aspekt, den Sie thematisieren möchten, lieber allgemeiner und verzichten Sie auf allzu persönliche Details. Dies dient auch zu Ihrem Schutz, denn Diskussionen in den sozialen Medien können schnell gehässig und verletzend werden. Je mehr Sie von sich und Ihrem Kind preisgeben, umso grösser ist das Risiko, dass Sie auf der persönlichen Ebene angegriffen werden. 

  • Wünschen Sie sich vor allem viele Likes und Reaktionen? Dann sind die unten stehenden Fragen ganz besonders wichtig, denn die Würde Ihres Kindes soll in jedem Fall gewahrt bleiben

6 Fragen, die Sie sich stellen sollten, bevor Sie private Inhalte teilen


Ist mein Kind mit der Veröffentlichung einverstanden?

Auch Kinder haben ein Recht am eigenen Bild. Solange sie nicht selber ihr Einverständnis zu einer Veröffentlichung geben können, ist es die Aufgabe der Eltern, die Persönlichkeitsrechte ihres Kindes zu schützen. Sobald Ihr Kind gross genug ist, fragen Sie es, ob es damit einverstanden ist, wenn auch andere Menschen das Bild sehen können. Ein Vorschulkind kann durchaus schon beurteilen, ob ihm ein Bild gefällt oder nicht.

In dem Alter kann es jedoch noch nicht einschätzen, wie rasend schnell sich Inhalte in den sozialen Medien verbreiten können. Das kindliche Ja alleine kann darum nicht den Ausschlag geben, ob Sie ein Foto posten oder nicht. Überlegen Sie sich unbedingt auch, wie Sie sich als Kind gefühlt hätten, wenn ein ähnliches Bild von Ihnen in Umlauf gekommen wäre. 

Könnte das Bild meinem Kind später peinlich sein oder gar schaden?

Erinnern Sie sich daran, wie peinlich es Ihnen war, wenn Ihre Eltern beim Verwandtenbesuch das Album mit Ihren Babyfotos herumreichten? Die Babybilder, die Sie in sozialen Netzwerken veröffentlichen, werden nicht nur von engen Verwandten und Freunden angeschaut, sondern auch von vielen anderen Menschen, sogar Jahre später noch. Auch wenn Sie sich dies heute kaum vorstellen können, so wird Ihr Baby doch eines Tages ein Teenager sein, der von Klassenkameraden wegen eines Fotos im Netz gemobbt werden könnte. Cyber-Bullying ist ein ernst zu nehmendes Problem, mit welchem viele Kinder früher oder später konfrontiert werden.

Verletze ich mit dem Bild die Persönlichkeitsrechte meines Kindes?

Veröffentlichen Sie keine Bilder, die Ihr Kind blossstellen und auch keine Videoclips von kindlichen Missgeschicken. Respektieren Sie ausserdem seine Intimsphäre und posten Sie keine Fotos, auf denen es nackt ist. Werden Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte eines Kindes grob missachtet, kann im schlimmsten Fall der Kinderschutz einschreiten.

Welche Informationen gebe ich mit der Veröffentlichung über mein Kind preis?

Den Namen Ihres Kindes braucht die Öffentlichkeit nicht zu erfahren - die Menschen, die es kennen und lieben, wissen ja, wie es heisst. Mit einem liebevollen Spitznamen oder der auf Twitter beliebten Durchnummerierung der Kinder (K1, K2, K3 ...) kommen Sie bestens ohne Namensnennung aus.

In der Frage, ob das Gesicht des Kindes auf Fotos unkenntlich gemacht werden soll, scheiden sich in Elternkreisen die Geister. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen von Blogposts, in denen Eltern kritisiert werden, die ihr Kind immer nur von der Seite zeigen oder das Gesicht verpixeln. Es ist Ihr gutes Recht, dies zu tun. Mit gut gewählten Perspektiven und Bildausschnitten können Sie spannende Fotos machen, welche die Privatsphäre Ihres Kindes wahren. 

Aus Posts in den sozialen Netzwerken lassen sich jedoch noch weitere Informationen herauslesen: Zeit, Ort, die Umgebung, in der sich das Kind gewöhnlich aufhält etc. Bedenken Sie dass auch Personen, denen Sie keine Informationen über Ihr Baby weitergeben wollen, leichten Zugang zu veröffentlichten Bildern haben.

Schliesslich stellt sich die Frage, wie viel die Social Media Plattform über Sie erfahren soll. Mit jedem Beitrag, den Sie veröffentlichen, geben Sie eine Fülle an Daten preis, die zu Werbezwecken ausgewertet werden. 

Was kann ich tun, damit das Bild nur für die Personen sichtbar ist, für die es auch sichtbar sein soll?

Überprüfen Sie die Privatsphäre-Einstellungen Ihrer Accounts. Erlauben Sie z. B., dass Freunde Ihrer Facebook-Freunde Ihre Inhalte sehen dürfen, wird der Kreis jener Personen, die Zugriff darauf haben, sehr schnell einmal unübersichtlich. Je mehr Personen Ihre Bilder und Videos sehen können, desto mehr verlieren Sie die Kontrolle darüber, was damit geschieht. Bei privaten Websites und Blogs empfiehlt sich ein Passwortschutz für private Bilder. So können Sie mit der Herausgabe oder der Verweigerung des Passworts steuern, wer sehen darf, was Sie veröffentlichen.

Was soll mein Kind von mir lernen?

Es ist Ihre eigene Entscheidung, in welchem Umfang Sie private Bilder veröffentlichen wollen. Bedenken Sie aber auch, dass Ihr Kind vor allem durch Vorbilder lernt. Durch einen verantwortungsvollen Umgang mit Veröffentlichungen tragen Sie dazu bei, dass Ihr Kind lernt, nicht zu viele Infos über sich preiszugeben. 

Beachten Sie!

Links zum Thema

Das nationale Programm zur Förderung von Medienkompetenzen: 
www.jugendundmedien.ch 

Infos zur Medienerziehung: 
www.elternet.ch

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