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                              Impfungen

                              Interview mit Dr. med. Hanspeter Zimmermann

                              Spritze am Oberarm eines Babys
                              ©
                              iStock

                              swissmom: Sind Impfungen heute noch nötig? Stellen die Infektionskrankheiten, gegen die geimpft wird, bei uns überhaupt noch eine Gefahr dar?

                              Dr. Zimmermann: Einzelne Krankheiten kommen in der Schweiz nur deshalb nicht mehr vor, weil beispielsweise 95% aller Kinder noch gegen Kinderlähmung und Diphtherie geimpft sind. Wenn die Kinder aber nicht mehr geimpft werden und die Durchimpfungsrate abnimmt, kommt es auch bei uns wieder zu Ausbrüchen dieser Krankheiten. Das geschah beispielsweise in Holland, wo 1992/93 in einer Gemeinschaft, die Impfungen ablehnt, 70 gravierende Fälle von Kinderlähmung auftauchten. Oder in Russland, wo Ende des letzten Jahrhunderts ein massiver Diphtherieausbruch mit über 140'000 Erkrankungsfällen und 4000 Todesfällen auftrat.

                              swissmom: Masern, Mumps oder Röteln werden häufig als harmlose Krankheiten betrachtet. Zu Unrecht?

                              Dr. Zimmermann: Das Bewusstsein um die Gefährlichkeit dieser Krankheiten ging in der Bevölkerung leider zurück, da diese Krankheiten bei uns nicht mehr sehr häufig sind. Sie kommen aber immer noch vor. Im 2003 kam es in der Schweiz aufgrund der ungenügenden Durchimpfungsrate zu verschiedenen Masernausbrüchen mit teilweise schweren Erkrankungsfällen, wie Hirn- und Lungenentzündungen. Weltweit sterben jährlich noch immer 750 000 Kinder an Masern. Röteln können bei Infektionen während der Schwangerschaft zu einer Fehlgeburt oder zu schweren Fehlbildungen des Fötus führen. Mumps führt in 5-10% der Fälle zu einem Verlauf mit Komplikationen (Hirnhautentzündung, Hodenentzündung), welche häufig einen Spitalaufenthalt nötig machen.

                              Zur Person

                              Dr. med. Hanspeter Zimmermann ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Bern und leitet die Abteilung für Übertragbare Krankheiten, Sektion Impfungen.

                              swissmom: Warum muss so kurz nach der Geburt mit dem Impfen begonnen werden? Haben Säuglinge dank der Muttermilch nicht einen natürlichen Schutz gegen Infektionskrankheiten?

                              Dr. Zimmermann: Das Stillen schützt vor allem gegen Durchfallserkrankungen, nicht aber gegen Keuchhusten oder Hirnhautentzündungen, welche vor allem Säuglinge schwer treffen können. Es ist deshalb notwendig so früh als möglich, d.h. mit 2 Monaten mit dem Impfen zu beginnen. Der Körper braucht auch etwas Zeit, um die notwendigen Abwehrstoffe zu bilden. 

                              swissmom: Wird ein Säugling durch die vielen Impfungen nicht überfordert?

                              Dr. Zimmermann: Säuglinge und Kleinkinder müssen täglich gegen Krankheitserreger ankämpfen. Das Immunsystem ist in der Lage, sich gleichzeitig mit einer Vielzahl von Erregern auseinander zu setzen; Impfungen machen nur einen kleinen Bruchteil dieser täglichen Auseinandersetzung aus. Die heute empfohlenen Routine-Impfungen für Kinder enthalten zudem wesentlich weniger Antigene, d.h. Proteine und Polysaccharide, als früher. Im Jahre 1960 enthielten die Routine-Impfungen ca. 3200 Proteine während sie heute nur noch ca. 50 Proteine enthalten. 

                              swissmom: Sind Kinderkrankheiten nicht wichtig für die Entwicklung der Kinder?

                              Dr. Zimmermann: Nein. Das sind Behauptungen, die nicht belegt werden können. Es ist wichtig, Kinder gegen Krankheiten, die einen schweren Verlauf haben können, wirksam und langfristig zu schützen. Kinder haben daneben ausreichend Gelegenheit, ihr Immunsystem zu trainieren. 

                              swissmom: Muss man bei Impfungen gesundheitliche Risiken befürchten? 

                              Dr. Zimmermann: Jede Impfung kann leichtere Nebenwirkungen wie eine Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle, leichtes Fieber oder selten einen Fieberkrampf zur Folge haben. Wie alle Medikamente sind auch Impfungen nicht ganz ohne Risiko, aber die Gefahren sind viel geringer als bei einer natürlichen Erkrankung. Nur bei über 100 000 Anwendungen löst eine Impfung schwerwiegendere Nebenwirkungen aus. Im Einzelfall ist dann immer sorgfältig zu prüfen, ob diese Folgeerscheinung tatsächlich durch die Impfung verursacht wurde. Zum Beispiel sind unter den 60 Kindern, die in der Schweiz im ersten Lebensjahr am «plötzlichen Kindstod» sterben, sicher einige, die kurz zuvor geimpft wurden. Aber die beiden Ereignisse, Impfung und plötzlicher Kindstod, stehen nachgewiesenermassen in keinem ursächlichen Zusammenhang; sie sind rein zufällig zusammengefallen.

                              Für weitere Fragen und Informationen wenden Sie sich bitte an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder rufen Sie die Medgate Impfline an, das Medizinische Beratungszentrum im Auftrag des BAG, Tel.0844 448 448. Informationen zum Thema finden sich auch bei der Impf-Information Schweiz des Bundesamtes für Gesundheit auf dem Internet unter www.sich-impfen.ch 

                              Letzte Aktualisierung: 05.11.2019, BH