6 Tipps für eine gelungene Rückbildung

Gastbeitrag von Stefanie Meyer: Sportwissenschaftlerin und prä- und postnatal Expertin, Mitgründerin von rund8fit

Rückbildung mit Rund8fit
©
Rund8fit

Unser Körper vollbringt während der Schwangerschaft, der Geburt und der Zeit danach eine Höchstleistung. Dabei durchläuft er auch viele Veränderungen: Der Beckenboden wird belastet (auch bei einem Kaiserschnitt), die Bauchmuskeln stark gedehnt und die Haltung verändert sich, um hier nur einige Punkte zu nennen.

Mit einem Rückbildungstraining kannst du deinen Körper in seiner Rückbildung aktiv unterstützen und dir selber auch etwas Gutes tun. Der Mamaalltag braucht Power und eine starke Körpermitte. Was solltest du bei der Rückbildung allgemein und beim Rückbildungstraining beachten?

1. Lass dir Zeit


Eine Rückbildung dauert mindestens so lange wie eine Schwangerschaft. Und auch oftmals darüber hinaus. Deshalb ist wohl Geduld an dieser Stelle der beste Ratgeber.

Dennoch schliesst das nicht aus, dass wir unseren Körper bereits früh nach der Geburt in seiner Heilung unterstützen können. Gewisse Rückbildungsprozesse, wie  die Rückbildung der Gebärmutter von ca. 30 cm in der Schwangerschaft zurück auf 8 cm, passieren bereits innerhalb der ersten Wochen. Muskeln regenerieren schneller, Bänder und Faszien beispielsweise brauchen länger. Die Gebärmutterhaltebänder, welche die Gebärmutter in ihrer Lage stabilisieren und sich bis aufs drei- bis vierfache ausdehnen, brauchen beispielsweise länger. Deshalb ist es wichtig, nach einer Geburt mit einem Rückbildungstraining anzufangen und nicht sofort wieder mit seiner Lieblingssportart durchzustarten.

2. Fokus auf Basics


Beim Rückbildungstraining solltest du den Fokus zuerst auf die Atmung, den Beckenboden, die Rumpfmuskulatur sowie die Haltung legen.

Atmung: In der Schwangerschaft wird das Zwerchfell (Hauptatemmuskel) in seiner Funktion eingeschränkt. Das hat ebenfalls einen Einfluss auf die Beweglichkeit der Wirbelsäule und die Körperhaltung. Deshalb ist eine bewusste Atemarbeit in der Rückbildung so wichtig.

Beckenboden: Der Beckenboden wird in der Schwangerschaft belastet und bei einer vaginalen Geburt maximal gedehnt. Wichtig ist ein Beckenbodentraining unabhängig davon, ob du eine vaginale Geburt oder ein Kaiserschnitt hattest. Dazu gehört den Beckenboden wahrzunehmen, ihn anspannen (Kraft, Ausdauer, Reaktivität), zu mobilisieren und auch zu entspannen.

Rumpfmuskulatur: Im Schwangerschaftsverlauf dehnen sich die Bauchmuskeln und verlassen ihre ursprüngliche Zugrichtung, damit das Baby im Bauch Platz hat. Gut zu erkennen ist das bei den geraden Bauchmuskeln (Rektusdiastase). Beim Rückbildungstraining solltet du den Fokus zuerst auf die tiefen Bauchmuskeln legen und diese via Beckenboden ansteuern. Aber auch die anderen Bauchmuskeln sollten angepasst trainiert werden.

Haltung: Du kannst dir sicher vorstellen, dass die bereits oben genannten Veränderungen auch die Haltung beeinflussen. Durch die körperlichen Veränderungen schwächen auch Muskeln, wie beispielsweise die hintere Kette (z.B. Gesässmuskulatur), ab. Deshalb ist es wichtig, diese gezielt auch wieder zu stärken, um so die Haltung positiv zu beeinflussen. 

3. Ganzkörpertraining ist wichtig


Auch wenn der Fokus auf der Körpermitte (Beckenboden, Rumpfmuskulatur) ist, sollte der ganze Körper ins Rückbildungstraining integriert werden. Gewisse Muskeln schwächen ab (z.B. Gesässmuskulatur), andere wiederum verkürzen (z.B. Hüftbeuger). Deshalb ist ein ganzheitliches Rückbildungstraining mit Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Balance wichtig. Die Intensität soll im Verlaufe eines Rückbildungskurses auch zunehmen, da der Alltag mit Kind/er viel Power braucht, oder?

4. Alltagsverhalten ist die halbe Miete


Du hast jetzt vielleicht das Gefühl, dass das nach viel Üben tönt. Die gute Nachricht: Ganz viel kannst du auch mit deiner Haltung im Alltag beitragen. Stehe beispielsweise über die Seite auf, um deine Körpermitte nicht ungünstig zu belasten. Huste und niese über die Seite in aufrechter Position. Gehe zwischendurch auf Zehenspitzen und nimm wahr, was mit deiner Körpermitte passiert. Bringe Bewegung in deinen Alltag mit einem Spaziergang an der frischen Luft. Diese und viele weitere Tricks unterstützen deine Rückbildung.

5. Rückbildung geht über den Rückbildungskurs hinaus


Du hast einen Rückbildungskurs besucht und denkst: Super, den Beckenboden kann ich jetzt von der Liste streichen. Wie eingangs bereits erwähnt, dauern gewisse Rückbildungsprozesse länger und deshalb auch über ein Rückbildungstraining hinaus. Zum Beispiel wird angenommen, dass der Beckenboden seine volle Belastbarkeit nach einer Schwangerschaft nach sechs bis neun Monaten wieder erreicht. Integriere deshalb deinen Beckenboden weiterhin in deinen Alltag und auch in deine sportlichen Tätigkeiten. Achte beim Wiedereinstieg in den Sport auf einen langsamen Aufbau.

Aber egal ob beim Sport oder auch im Alltag: Es ist nicht normal, Inkontinenz zu verspüren; ein Fremdkörpergefühl in der Vagina zu haben; sich instabil in der Körpermitte zu fühlen; Rückenschmerzen zu haben etc. Melde dich in diesen Fällen unbedingt bei deiner medizinischen Fachperson.

6. Du bist wichtig: Nimm dir Zeit für dich


Wie oft nimmst du dir Zeit für dich? Zeit, in der du im Fokus stehst? Das Rückbildungstraining kann ein Zeitfenster sein, in dem du bewusst etwas nur für dich machst. Das kann dich nicht nur körperlich, sondern auch mental stärken. Bewegung tut auf vielen Ebenen gut.

Und falls dein Kind schon bald läuft und du denkst, das Rückbildungstraining verpasst zu haben: FÜR RÜCKBILDUNGSTRAINING IST ES NIE ZU SPÄT. Aus den oben genannten Gründen ist es sehr wichtig, ein Rückbildungstraining zu machen. Das kann auch Jahre nach der letzten Geburt sein, aber unbedingt vor dem Wiedereinstieg in andere sportliche Aktivitäten.

Letzte Aktualisierung: 28.06.2023, Stefanie Meyer, rund8fit