Der NIPT in der Schwangerschaft
Der Nicht-invasive Pränatale Test (NIPT): Kommt diese Untersuchung für Sie in Frage? Über seine Vor- und Nachteile und die Kosten.
Mit einer einfachen Blutentnahme bei der Schwangeren ab der 10. Schwangerschaftswoche kann der NIPT ohne Risiko für das Kind nachweisen, dass mit sehr grosser Sicherheit keine Chromosomenanomalie vorliegt. Ein NIPT ist damit viel genauer als ein Ersttrimestertest. Wie funktioniert dieser Test, wie sicher ist er - und gibt es auch Nachteile?
- Was ist der Unterschied zwischen "nichtinvasiv" und "invasiv"?
- Wie funktioniert die neue Methode?
- Welche NIPTs gibt es und was sagt das Ergebnis aus?
- Hat ein NIPT auch Nachteile?
- Voraussetzung für die Durchführung eines NIPT
- Was kostet ein NIPT und bezahlt das meine Krankenkasse?
- Fetale Zellen bei Präeklampsie und Rhesus-Unverträglichkeit
Was ist der Unterschied zwischen "nichtinvasiv" und "invasiv"?
Um die Erbinformation, die Chromosomen, des ungeborenen Kindes beurteilen zu können, musste man bis vor einigen Jahren noch seine Zellen untersuchen. Für die Gewinnung fetaler Zellen ist ein „invasiver“ Eingriff notwendig gewesen, denn das Ungeborene wächst in der Gebärmutter hervorragend geschützt heran. „Invasiv“ heisst „eindringend“ - also in die Fruchthöhle eindringend, in der Regel mit einer Hohlnadel oder einem Katheter. Entnommen wird Fruchtwasser und die darin herumschwimmenden fetalen Zellen oder Material des Mutterkuchens. Beispiele für invasive Eingriffe sind die Amniozentese oder die Chorionzottenbiopsie. Diese Eingriffe sind leider nicht völlig gefahrlos für das Ungeborene. Sie können selten (weniger als einmal unter 100 Untersuchungen) zu einer Fehlgeburt führen.
Um das Entnahmerisiko der invasiven Tests zu umgehen, hat man verschiedene Tests entwickelt, die nicht-invasiv, also ohne direkte Untersuchung kindlicher Zellen, eine Beurteilung des Kindes ermöglichen. Dabei macht man sich verschiedene indirekte Faktoren zunutze, die ein erhöhtes Risiko für ein Kind mit einer Chromosomenstörung anzeigen: Das ist vor allem das Alter der Schwangeren, bestimmte Hormonwerte in ihrem Blut, aber auch Befunde bei Ultraschalluntersuchungen. Solche kombinierten Suchtests oder Screeningtests können ein erhöhtes oder erniedrigtes Risiko für bestimmte Erkrankungen und Fehlbildungen anzeigen. Sie können aber niemals eine sichere Diagnose stellen, wie es bei einer invasiven Untersuchung möglich ist. Der grosse Vorteil der nichtinvasiven Diagnostik ist jedoch, dass die Schwangerschaft und das ungeborene Kind dabei zu keiner Zeit gefährdet wird.
Wie funktioniert die neue Methode?
Beim nicht-invasiven NIPT reicht eine einfache Blutentnahme (20 ml) bei der werdenden Mutter; trotzdem ist eine recht zuverlässige Aussage über die kindlichen Chromosomen möglich. Wie geht das? Im Blut der Schwangeren kreisen nicht nur vereinzelte Zellen des Feten (etwa eine Zelle unter 10 Millionen ist fetaler Herkunft). Im Blutplasma der Mutter findet man auch frei schwimmende Stücke der kindlichen Erbsubstanz, der DNA, die sogenannte zellfreie fetale DNA (cf-DNA). Ab etwa der neunten Schwangerschaftswoche besteht rund ein Zehntel der ungebundenen DNA im Blutplasma aus Erbgutfragmenten des Fötus oder der genetisch identischen Plazenta (Zytotrophoblast).
Gelingt es, eine solche Zelle oder ein solches Stück zu gewinnen, dann lässt es sich mit der Technik der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) vieltausendfach vermehren und mengenmässig den 46 Chromosomen zuordnen. Die Analyse erfolgt somit an der gesamten freien DNA im mütterlichen Blut. Damit kann man dann überzählige Chromosomen wie bei der Trisomie 21 (dem Down-Syndrom) erkennen.
Nach der Blutentnahme für den Test dauert es circa drei bis fünf Tage, bis Ihr Arzt oder Ihre Ärztin das Ergebnis erhält und es Ihnen mitgeteilt werden kann.
Zu diesem Thema debattierten im August 2012 auf drs2 der Gynäkologe Prof. Dr. med. Daniel Surbek und die Medizinethikerin PD Dr. med. Tanja Krones. Sendung hören oder als Podcast downloaden >>
Welche NIPTs gibt es und was sagt das Ergebnis aus?
In der Schweiz sind verschiedene Bluttests zur NIPD oder NIPT (Nicht-Invasive PränatalDiagnostik, z.B. Praenatest, Illumina, Harmony) zugelassen, die eine direkte Aussage bezüglich der häufigsten Chromosomenanomalien (v.a. Trisomie 21, aber auch Trisomie 18 und Trisomie 13 sowie der Geschlechtschromosomen X und Y) beim Kind stellen können. Ist das Kind von einer anderen Krankheit betroffen, kann der NIPT darüber keine Auskunft geben. Das gilt für kleine Veränderungen an den Chromosomen, aber vor allem für körperliche Fehlbildungen ohne chromosomale Ursache.
Ist das Testergebnis negativ (d.h. kein Anhalt für das Vorliegen einer Trisomie), ist die Aussagekraft 99%, also sehr zuverlässig. Ein negatives Testergebnis bestätigt also ausreichend, dass der Fetus die gesuchte Trisomie nicht aufweist.
Anders sieht es aus, wenn das Testergebnis positiv ist, wenn also ein Anhalt für eine Trisomie beim Kind gegeben ist. Dann ist die Aussagekraft (der sog. Prädiktive Vorhersagewert) sehr abhängig vom Alter der Schwangeren und anderen Risikofaktoren. So liegt die Diagnosesicherheit für Trisomie 21 bei 40-Jährigen bei 90%, bei 30-Jährigen bei 48% und bei 20-Jährigen bei 35%. Für die seltene bzw. extrem seltene Verdreifachung des Chromosoms 18 und 13 ist die Aussagekraft des NIPT noch deutlich niedriger. Dies erklärt, warum bei positivem NIPT immer anschliessend eine invasive Diagnostik (Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie) durchgeführt wird, die dann ein absolut zuverlässiges Ergebnis liefert und in vielen Fällen die werdenden Eltern beruhigen kann.
Fazit: Trotz der hohen Sicherheit dient der Test zurzeit noch als Risikoeinschätzung und ist kein für sich alleinstehendes diagnostisches Verfahren; er kann daher nicht völlig die invasive Pränataldiagnostik ersetzen. Dies bedeutet, dass im Falle des Verdachtes auf eine Chromosomenstörung nach NIPD eine der invasiven Methoden folgen muss, um die Diagnose zu sichern.
Die nicht-invasiven Bluttests sind für alle werdenden Eltern, die möglichst viel über die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes wissen wollen, dennoch eine sehr erfreuliche Entwicklung, können doch viele Untersuchungen mit Eingriffs-Risiken erst einmal vermieden werden. Die meisten Schwangeren erhalten ein beruhigendes Ergebnis - und dies auch noch sehr früh in der Schwangerschaft. Zudem passiert es wesentlich seltener, dass aufgrund der Screeninguntersuchung ein (letztendlich) falscher Verdacht auf eine kindliche Störung und die entsprechende zwischenzeitliche Beunruhigung entsteht, wie das bei der Nackenfaltenmessung und dem Ersttrimestertest häufiger der Fall ist.
Hat ein NIPT auch Nachteile?
Doch es gibt auch Probleme beim NIPT. So liegt bei geringer cfDNA-Menge (Testversager bei etwa 3 %. Hauptgrund dafür ist starkes Übergewicht. Bei Frauen über 100 Kilogramm versagt der NIPT in 7 % der Fälle, bei einem Körpergewicht von 160 kg bei der Hälfte der Frauen. Trotzdem: Ein ergebnisloser NIPT ist grundsätzlich ein abklärungsbedürftiger Befund, denn in diesen Fällen finden sich mehr Chromosomenstörungen, insbesondere Trisomien 13 und 18 sowie Triploidien.
Und, wie schon oben erwähnt: Ein auffälliger NIPT wird derzeit immer noch einmal durch eine invasive Diagnostik abgesichert, also mit Entnahme von Fruchtwasser oder Plazentagewebe und einer Langzeitkultur zum Ausschluss von Plazentamosaiken.
Voraussetzung für die Durchführung eines NIPT
Eine unauffällige Ultraschalluntersuchung in der 11.-14. SSW, um das Risiko für komplexere Chromosomenstörungen und unnötigen Zeitverlust zu minimieren. Die überwiegende Mehrzahl der fetalen oder kindlichen Fehlbildungen sind zudem gar nicht chromosomalen Ursprungs und können durch eine qualifizierte Sonographie entdeckt werden (z.B. Spina bifida).
Körpergewicht unter 100 kg.
Keine höhergradigen Mehrlinge - Zwillinge sind in Ordnung.
Falls Kostenübernahme der Grundversicherung gewünscht: Ab der 12. SSW und nur nach auffälligem Ergebnis im Ersttrimestertest (≥ 1:1000, z.B. 1:520)
Was kostet ein NIPT und bezahlt das meine Krankenkasse?
Der Test kostet ca. 700 - 1000 Franken. Seit dem 15. Juli 2015 vergütet die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP, Grundversicherung) bei schwangeren Frauen den NIPT auf Trisomien, jedoch nicht auf strukturelle Chromosomenstörungen (z.B. Deletionen, Duplikationen). Bedingung für die Vergütung dieser Bluttests ist, dass ein sogenannter Ersttrimester-Test durchgeführt worden ist und dieser ein erhöhtes Risiko für eine Trisomie (≥ 1:1000, z.B. 1:520) ergeben hat. Mehr dazu...
Fetale Zellen bei Präeklampsie und Rhesus-Unverträglichkeit
Die Beobachtung fetaler Zellen im Blut der Mutter hat darüber hinaus unerwartete Einsichten in die möglichen Ursachen von gefürchteten Schwangerschaftskomplikationen gebracht, z.B. der Präeklampsie. Auffallend viele Zellen des Fetus, aber auch fetale DNA wurden im Blut von Patientinnen mit einer Präeklampsie gefunden. Daher vermutet man, dass aufgrund einer mangelhaften Versorgung des Ungeborenen vermehrt kindliche Zellen über die Plazenta in den mütterlichen Kreislauf eindringen und der mütterliche Organismus mit Entzündung und heftigen Immunreaktionen auf diese Fremdzellen antwortet. Auch eine Rhesus-Unverträglichkeit kann so sehr früh schon diagnostiziert werden.