Tics (Ge­sichts­zu­cken, Gri­mas­sie­ren) beim Kind

Dum­me An­ge­wohn­heit oder Tic? Al­les über mo­to­ri­sche und vo­ka­le Tics im Kin­des­al­ter und wann sie be­han­delt wer­den müs­sen.

Kind streckt Zunge raus
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Wenn Kin­der im­mer wie­der­keh­ren­de Fa­xen, Ge­räu­sche, Gri­mas­sen oder un­sin­ni­ge Be­we­gun­gen ma­chen, de­ren Sinn für Er­wach­se­ne nicht nach­voll­zieh­bar ist, spricht man von Tics. Etwa 10 - 15 % al­ler Pri­mar­schü­ler sind da­von be­trof­fen, Jun­gen üb­ri­gens drei- bis vier­mal so häu­fig wie Mäd­chen.

Was sind Tics?


Tics sind eine Art „Schluck­auf im Ge­hirn“: Wie der ty­pi­sche „Hicks“ kön­nen auch sie gar nicht oder nur für kur­ze Zeit un­ter­drückt wer­den. Sie äus­sern sich als ein un­will­kür­li­ches Blin­zeln, Zu­cken mit den Mund­win­keln, mit Kopf, Hals oder Schul­ter, mit­un­ter auch ein stän­di­ges Räus­pern oder Schnüf­feln mit der Nase, und zwar spe­zi­ell in an­ge­spann­ten, be­las­ten­den Si­tua­tio­nen. Im Schlaf kom­men Tics nur sel­ten vor und meist ge­ben sich die Tic-Stö­run­gen von selbst wie­der.

Tics wer­den in zwei Ar­ten un­ter­schie­den:

  • Mo­to­ri­sche Tics sind plötz­lich ein­set­zen­de, nicht vom Wil­len ge­steu­er­te, zweck­lo­se, ab­rup­te kur­ze Be­we­gun­gen, die auf ei­ni­ge Mus­kel­grup­pen be­schränkt sind.

  • Vo­ka­le Tics sind be­deu­tungs­lo­se Töne und Ge­räu­sche durch die Nase, den Mund oder aus dem Hals.

In der Re­gel las­sen sich Tics für eine ge­wis­se Zeit un­ter­drü­cken, keh­ren dann je­doch häu­fig ver­stärkt zu­rück. Die Kin­der ver­su­chen oft, ihre Tics vor den Leh­rern oder den Klas­sen­ka­me­ra­den zu ver­ber­gen. So kann es so­gar pas­sie­ren, dass der Kin­der­arzt wäh­rend der Un­ter­su­chung oder auch der Leh­rer wäh­rend des Un­ter­richts kei­nen ein­zi­gen Tic be­ob­ach­tet, das Kind je­doch in der ent­spann­ten At­mo­sphä­re zu Hau­se häu­fi­ge und aus­ge­präg­te Tics zeigt.

Kin­der und Ju­gend­li­che mit ei­ner Tic-Stö­rung wei­sen oft auch an­de­re Ver­hal­tens­auf­fäl­lig­kei­ten auf, be­rich­tet die Stif­tung Kin­der­ge­sund­heit: 50 bis 60 Pro­zent von ih­nen sind von ei­ner Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit-Hy­per­ak­ti­vi­täts­stö­rung (ADHS) und den da­mit ein­her­ge­hen­den Lern­schwie­rig­kei­ten be­trof­fen.

Mo­to­ri­sche Tics


Man­che Tics lau­fen wie eine kom­ple­xe Be­we­gung ab: Der Be­trof­fe­ne schüt­telt den Kopf, blin­zelt, öff­net wie zum Gäh­nen den Mund und streckt den Kopf nach hin­ten durch. Häu­fig äh­neln Tics auch ei­ner schein­bar sinn­vol­len Be­we­gung, wenn das Kind zum Bei­spiel:

  • hüpft oder klatscht

  • ir­gend­wel­che Din­ge oder sich selbst be­rührt

  • ei­nen un­sicht­ba­ren Ge­gen­stand in die Luft wirft oder schlägt 

  • den gan­zen Kör­per ver­win­det 

  • in die Luft tritt

  • in die Knie geht und den Bo­den be­rührt

  • den Kopf schüt­telt

  • die Au­gen nach oben rollt

  • die Zun­ge raus­streckt

  • mit dem Be­cken kreist 

  • wäh­rend des Schrei­bens den Stift im­mer wie­der zu­rück­zieht 

  • die ei­ge­nen (oder auch frem­de) Ge­schlechts­or­ga­ne be­rührt 

  • die Be­we­gun­gen an­de­rer nach­ahmt

  • im­mer wie­der merk­wür­di­ge, ul­ki­ge bis ab­stos­sen­de Kör­per­hal­tun­gen ein­nimmt

  • Gri­mas­sen schnei­det

  • sich auf Zun­ge oder Lip­pen beisst

  • sich die Hand­flä­chen ab­leckt

Vo­ka­le Tics


Be­son­ders un­an­ge­nehm wird es für die El­tern, wenn ihr Kind Lau­te und Ge­räu­sche als Tics pro­du­ziert. Vo­ka­le Tics be­stehen häu­fig aus un­ap­pe­tit­li­chen Laut­äus­se­run­gen wie schnüf­feln, rülp­sen, grun­zen, schnal­zen, schnie­fen, fie­pen, räus­pern, gur­geln oder kli­cken. Auch Schrei- und Bell-Lau­te kom­men vor. Mit­un­ter wer­den auch Schimpf­wör­ter oder Fä­kal­aus­drü­cke wie­der­holt.

Müs­sen Tics be­han­delt wer­den?


Ein­fa­che, vor­über­ge­hen­de Tics dau­ern meist nur we­ni­ge Tage oder Wo­chen, even­tu­ell ei­ni­ge Mo­na­te. Sie kön­nen ver­schwin­den, er­neut auf­tre­ten und bes­sern sich spon­tan bei etwa 70 Pro­zent der Kin­der in­ner­halb ei­nes Jah­res. In­dem Sie als El­tern das Gri­mas­sie­ren nicht be­ach­ten, Ihr Kind nicht mit Leis­tungs­an­sprü­chen über­for­dern und ganz be­wusst für eine lo­cke­re und ent­spann­te fa­mi­liä­re At­mo­sphä­re sor­gen, ver­hin­dern Sie, dass sich die Tics ver­stär­ken. Er­mah­nun­gen und Sät­ze wie „Hör auf zu zu­cken“ nüt­zen we­nig und be­wir­ken beim Kind nur, dass es sich un­glück­li­cher fühlt. Es braucht das Ge­fühl, von den El­tern auch trotz sei­nes Tics ge­liebt und ak­zep­tiert zu sein.

Eine Be­hand­lung ist des­halb oft gar nicht not­wen­dig. Grund­sätz­lich soll­te je­doch vom Kin­der­arzt oder der Kin­der­ärz­tin eine be­son­de­re Form der Epi­lep­sie aus­ge­schlos­sen wer­den: Die Ab­sence ist eine Be­wusst­seinstrü­bung von we­ni­gen Se­kun­den, ohne dass das Kind hin­stürzt. Die mo­men­ta­ne Tä­tig­keit wie Spie­len, Spre­chen oder Ge­hen wird kurz un­ter­bro­chen und dann fort­ge­setzt, als wäre nichts ge­we­sen.

Eine ex­tre­me und deut­lich un­güns­ti­ger ver­lau­fen­de Form von Tic-Stö­run­gen ist das so ge­nann­ten „Gil­les de la Touret­te-Syn­drom“ .

Quel­le: Stif­tung Kin­der­ge­sund­heit

Letzte Aktualisierung: 07.03.2022, BH