Strenge Bettruhe – wann ist sie sinnvoll?

Frau liegt auf dem Sofa
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Tipp unserer Expertin Dr. med. Brigitte Holzgreve


Absolute Schonung ist in den meisten Krankheitsfällen, vor allem bei grassierenden Erkältungswellen, nicht der richtige Weg. Wer krank ist, soll sich ausruhen und wieder zu Kräften kommen – aber nicht nur liegen. „Bettruhe“ ist mit Schonung also nicht gemeint. Bei einer schweren Erkältung tut es zwar gut, sich tagsüber hinzulegen und auch kurz zu schlafen. Aber dann auch wieder aufstehen, lüften und möglichst einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft machen.

Denn der Körper verträgt striktes Liegen ganz schlecht, es schadet ihm sogar. Selbst nach Operationen sollen Patienten daher schnellstmöglich aufstehen und das Krankenlager wenigstens für kurze Zeit verlassen – zunächst in Begleitung von Pflegepersonal. Die frühe Mobilisierung beschleunigt den Heilungsprozess und verhindert, dass durch das tagelange Liegen der Kreislauf schwächelt und Thrombosen gefördert werden. Bei langer Unbeweglichkeit droht ausserdem Muskel- und Knochenabbau. Wer jemals wegen eines Knochenbruchs einen Gips tragen musste, weiss, wie schnell Muskulatur verloren geht - bis zu 15 Prozent pro Woche. Lungenentzündungen entstehen leichter, wenn bei flacher Bettatmung die Lunge schlechter durchlüftet wird. Dazu kommt, dass im überheizten Zimmer frische Luft und Sauerstoff fehlen.

Umstritten ist auch die Bettruhe bei Schwangerschaftskomplikationen, z.B. vorzeitigen Wehen. Früher galt striktes Liegen als ein Muss, um eine Frühgeburt zu verhindern. Heute sieht man vorzeitige Wehen oder Blutungen als Warnsignal, das bedeutet: Sich immer wieder Ruhe gönnen und keine schweren Gegenstände tragen.

Rückenschmerzen bessern sich praktisch nicht durch Liegen. Die Entspannung fühlt sich zwar gut an, doch der Schmerz ist gleich wieder da, wenn man steht, geht oder sitzt. Die resultierende Schonhaltung fördert wiederum den Rückenschmerz. Orthopäden raten daher bei Rückenproblemen zu langsamer, gleichmässiger Bewegung, anfangs mit einer Schmerztablette.

Es gibt jedoch einige Situationen, in denen kann und darf ein Patient nicht aufstehen – nicht einmal, um zur Toilette zu gehen. Strenge Bettruhe ist nötig im Frühstadium des Herzinfarkts, bei Schockzuständen, Beatmung, Lungenembolie, schwerer Herzinsuffizienz und bei instabilen Knochen- oder Wirbelbrüchen.

Letzte Aktualisierung: 27.03.2020, BH