Fruchtwasserpunktion in der Schwangerschaft

Warum diese invasive Untersuchung notwendig sein kann und wie sie durchgeführt wird.

Vorbereitung für Fruchtwasserpunktion
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Das Fruchtwasser ist eine Körperflüssigkeit, in der das Baby in der Fruchtblase sicher aufgehoben ist. In dieser Flüssigkeit befinden sich kindliche Zellen. Um diese zu untersuchen, wird eine Fruchtwasserpunktion (Amniozentese) durchgeführt. Diese Untersuchung gehört zu den invasiven Methoden der Pränataldiagnostik.

Was sind invasive vorgeburtliche Untersuchungen?


Um die Chro­mo­so­men – die Erbinformationen – des un­ge­bo­re­nen Kin­des zu beurteilen, können dessen Zel­len un­ter­su­cht werden. Für die Ge­win­nung dieser fe­ta­len Zel­len können das Fruchtwasser, die Chorionzotten oder später die Plazenta punktiert werden. Da das ungeborene Kind in der Gebärmutter gut geschützt heranwächst, ist dieser Eingriff sehr invasiv, was wörtlich übersetzt "eindringend" bedeutet.

Gründe für eine Fruchtwasserpunktion


Die Punktion wird ab der 14. bis ungefähr zur 20. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Gründe dafür sind: 

  • Wunsch der Schwangeren bei einem Alter > 34 und/oder einem auffälligen Ersttrimestertest oder NIPT

  • Genetische Erkrankungen in der Familie

  • Bereits ein Kind mit einer Chromosomenstörung

  • Im Ultraschall sichtbare Entwicklungsstörung oder Auffälligkeit

Die Kosten der Untersuchung werden von den Krankenkassen übernommen, wenn aufgrund des Ersttrimestertests oder des NIPT der Verdacht auf eine entsprechende Krankheit besteht.

Welche Krankheiten können mit einer Fruchtwasserpunktion erkannt werden?


Im Fruchtwasser schwimmen Zellen des Kindes, die nach der Entnahme "gezüchtet" werden, damit sie wachsen. Danach können die Chromosomen dieser Zellen untersucht und die Chromosomenstörungen Trisomie 13, 18 und 21 (Down Syndrom) diagnostiziert werden. Auch verschiedene erbliche Stoffwechsel-, Muskel- oder Bluterkrankungen wie zum Beispiel Sichelzellenanämie, Thalassämie oder Hämophilie sind so zu erkennen. Zusätzlich kann der AFP-Wert im Fruchtwasser bestimmt werden. Ein erhöhter AFP-Wert kann auf einen Neuralrohrdefekt (z. B. Spina bifida) hinweisen. 

Krankheiten, die nicht auf einer Veränderung der Chromosomen beruhen (z. Bsp. Herzfehler), können mit dieser Untersuchung nicht nachgewiesen werden.

Mit einer Punktion des Fruchtwassers kann auch das Geschlecht des Kindes festgestellt werden. Dies alleine ist aber kein Grund für eine solch invasive Untersuchung.

Erleichterung oder Verzweiflung?

So erleichternd ein gutes Resultat auch ist: Zeigt das Ergebnis eine Erkrankung oder schwere Einschränkung, stehen viele Eltern vor einer schwierigen Entscheidung. Können sie sich vorstellen, ein Kind mit einer Krankheit zu bekommen oder nicht. So fortschrittlich die vorgeburtliche Diagnostik auch ist, kann sie von den Eltern im schlechtesten Fall eine Entscheidung abverlangen, die sie nicht treffen möchten.

Der Ablauf einer Fruchtwasserpunktion


Vor der Punktion wird mit dem Ultraschall die Lage des Babys in der Fruchtblase und der Plazenta bestimmt. Anschliessend wird unter ständiger Ultraschallkontrolle eine dünne Punktionsnadel durch die Bauchdecke in die Fruchtblase eingeführt und 15 bis 20 Milliliter Fruchtwasser – ungefähr 10 Prozent der gesamten Fruchtwassermengen – entnommen.

Embrio und Spritze
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Die Punktion wird ohne Betäubung durchgeführt und ist bezüglich Schmerzen mit einer Blutentnahme oder der Injektion bei einer Impfung vergleichbar. Nach dem Eingriff kann es zu leichten Schmerzen im Unterbauch kommen, die nach einigen Stunden wieder nachlassen.

Nach der Punktion sollte sich die Schwangere einige Tage körperlich schonen.

Das endgültige Ergebnis liegt nach etwa zehn bis vierzehn Tagen vor. Ein Schnelltest, der sogenannte FISH-Test, kann zwar nach ein bis zwei Tagen eine Auskunft über Trisomie 13, 18 und 21 und das Geschlechtschromosom geben, das Resultat ist aber nicht hundertprozentig sicher. Dieser Test wird in der Regel nicht von der Grundversicherung übernommen und kostet ungefähr 300 CHF.

Risiken der Fruchtwasserpunktion


Die Fruchtwasserpunktion birgt ein geringes Risiko (0,3 bis 1 Prozent) für Komplikationen wie zum Beispiel einer Fehlgeburt oder dem Verlust von Fruchtwasser. 

Häufige Fragen zum Thema

Bei folgenden Voraussetzungen werden die Kosten einer invasiven Pränataldiagnostik (Fruchtwasseruntersuchung oder Plazentapunktion/Chorionbiopsie) von den Krankenversicherungen übernommen: Besteht keine dieser Indikationen, kann auf Wunsch der werdenden Eltern trotzdem eine Untersuchung …
Die FISH-Technik (Fluoreszenz in situ Hybridisierung) ist wie die PCR-Technik eine schnellere Art der Chromosomenuntersuchung als die Auszählung nach der sonst üblichen Chromosomenkultur. Die Fruchtwasserzellen werden mit einzelnen spezifischen Sonden für ganz bestimmte Chromosomen abgesucht, aber …
Die sogenannte "Frühamniozentese" zwischen der 12. und 14. SSW kann eine Alternative zur üblichen Amniozentese oder zur Chorionbiopsie sein, wenn der Untersucher entsprechend viel Erfahrung damit hat. Die gewonnene Fruchtwassermenge darf aber höchstens halb so gross sein wie nach der 14. Woche, da …
Die Fruchtwasserentnahme wird unter Ultraschallsicht mit einer dünnen, langen Nadel durchgeführt. Den Einstich spüren Sie zwar, aber das ist nicht schlimmer als bei einer Blutabnahme. Die meisten Untersucher verzichten sogar auf die Betäubungsspritze, weil dieser Einstich ja schon genauso …

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