Ein ganz ge­wöhn­li­cher Wo­chen­ein­kauf

Kind klettert in Einaufswagen
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Das trifft sich gut: Der Kühl­schrank ist leer, die Ein­kaufs­lis­te ist ge­macht, nur ein Kind ist im Haus und zu­fäl­li­ger­wei­se steht so­gar das Auto zur Ver­fü­gung. Also nichts wie los zum gros­sen Wo­chen­ein­kauf. Auf dem Weg gebe ich noch ein­mal kurz die Re­geln durch. „Nein, wir kau­fen heu­te kei­ne Spiel­sa­chen, ei­nen Auto-Ein­kaufs­wa­gen gibt’s auch nicht, weil dort nicht al­les rein­passt, da­für darfst du dir ein Bröt­chen und ein Ge­tränk aus­su­chen.“

Das ers­te Dra­ma gibt’s an der Sam­mel­stel­le für PET-Fla­schen. „Ich will auch“, ver­langt das Kind und bis es mit der ers­ten Fla­sche zum Ein­wurf ge­hievt ist, drängt sich eine Se­nio­rin vor und der Kampf der vor­wurfs­vol­len Bli­cke be­ginnt. „Müs­sen Sie mit ih­rem Balg den gan­zen Platz für sich ein­neh­men?“, fragt ihr Blick. „Nun las­sen Sie mich mal ma­chen, um halb vier kom­men die an­de­ren Kin­der nach Hau­se, ich habe nicht ewig Zeit wie Sie“, schies­sen mei­ne Au­gen zu­rück.

Sind die Fla­schen end­lich ent­sorgt, folgt eine klei­ne Er­ho­lungs­pau­se in der Früch­te- und Ge­mü­se­ab­tei­lung. Na­tür­lich geht es nicht ohne die üb­li­che Mo­ral­pre­digt - „Nein, für Erd­bee­ren ist es noch zu früh und Bir­nen aus Süd­afri­ka kau­fe ich auch nicht“ -, aber die be­herr­sche ich in­zwi­schen im Schlaf und den wü­ten­den Pro­test blen­de ich spie­lend aus. Mit ei­ner Run­de Früh­för­de­rung – „Du darfst die Zah­len an der Waa­ge drü­cken. Wo ist die Vier? Und die Zwei? Bra­vo, das machst du ganz toll!“ – ist der Frie­de wie­der her­ge­stellt. Zur Be­loh­nung darf das Kind das ver­spro­che­ne Bröt­chen aus­su­chen und in­zwi­schen muss ich nicht mal mehr er­klä­ren, dass wir zu­erst be­zah­len, ehe wir es­sen. Hat eine Wei­le ge­dau­ert, bis das klar war, aber jetzt klappt es ohne Ge­schrei. Käse, Jo­ghurt und 25 Li­ter Milch schaf­fen wir ohne Pro­ble­me, dann kommt das Fleisch und da­mit die ban­ge Fra­ge, ob das Kind end­lich ge­lernt hat, zu war­ten, bis es ge­fragt wir, ob es eine Schei­be Auf­schnitt ha­ben will, oder ob es noch im­mer laut ver­nehm­lich fragt: „Wann be­kom­me ich end­lich mei­ne Wurst?“

Vor­rä­te, Ge­trän­ke, Tier­fut­ter, Haus­haltarti­kel und so­gar das Re­gal mit den Chips schaf­fen wir lo­cker. Nun ja, fast, denn all­mäh­lich wird es eng im Ein­kaufs­wa­gen, so dass hin und wie­der et­was – meist ein Jo­ghurt – auf dem Bo­den lan­det, aber da­mit muss man le­ben, wenn man mehr als die üb­li­chen 1.52 Kin­der hat. Dann kommt die Spiel­wa­ren­ab­tei­lung und das Kind klet­tert aus dem Ein­kaufs­wa­gen. „Nur schnell schau­en, was ich mir al­les wün­sche“, sagt es. Hat das Kind „schnell“ ge­sagt? So, wie es jede ein­zel­ne Ver­su­chung un­ter die Lupe nimmt, könn­te man mei­nen, am Wo­chen­en­de wä­ren Weih­nach­ten, Os­tern, Ge­burts­tag und ver­mut­lich auch noch Kon­fir­ma­ti­on gleich­zei­tig. Ohne müt­ter­li­ches Ge­ze­ter kom­men wir von hier nicht mehr weg.

Zum Glück ha­ben ei­ni­ge Gross­ver­tei­ler in­zwi­schen den Kas­sen­be­reich et­was ent­schärft, die ge­sun­den Snacks und die zu­cker­frei­en Kau­gum­mis las­sen das Kind kalt. Da­für wird jetzt die Mama schwie­rig. Kaum hat sie den Lö­wen­an­teil des mo­nat­li­chen Ge­halts der Kas­sie­rin über­ge­ben, muss sie „un­be­dingt noch schnell in die Gar­ten­ab­tei­lung, nur so zum Spass“. Und wenn sie sich end­lich mit fünf Kist­chen vol­ler Setz­lin­ge un­ter dem Arm los­ge­ris­sen hat, trifft sie eine Freun­din, mit der sie „doch auch mal quat­schen muss, wo es sich doch ge­ra­de so schön er­gibt“.

Dann ist der Wo­chen­ein­kauf schon ge­schafft. Nun ja, ir­gend­wie müs­sen die un­zäh­li­gen Ein­kaufs­ta­schen noch un­be­scha­det den Weg über vier Trep­pen in die Kü­che fin­den, aber das ist eine an­de­re Ge­schich­te. 

Letzte Aktualisierung: 04.07.2016, TV