Es­ka­la­ti­ons­fal­len in der Er­zie­hung

Kind sitzt auf dem Boden und weint
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Der 3-jäh­ri­ge Tom ist mit sei­ner Mut­ter beim Ein­kau­fen. An der Kas­se bit­tet er sie um Süs­sig­kei­ten. Sie ant­wor­tet ihm, so kurz vor dem Mit­tag­essen gebe es kei­ne Süs­sig­kei­ten. Er bet­telt wei­ter. „Bit­te bit­te, war­um nicht?“ Sie bleibt bei ih­rem „Nein“ und er­klärt ihm wie­der­holt, wes­halb sie ihm nichts Süs­ses kauft. Tom wirft sich dar­auf­hin frus­triert auf den Bo­den und schreit, was das Zeug hält. Um die pein­li­che Si­tua­ti­on schnell zu be­en­den, gibt die Mut­ter dem Wunsch nach und kauft ihm die Süs­sig­keit. Für Tom hat sich die­se Sze­ne ge­lohnt, denn er hat ge­nau das be­kom­men, was er woll­te. Toms Mut­ter ist hier in eine Fal­le ge­ra­ten, in­dem sie ih­rem Sohn ge­gen ih­ren Wil­len die Süs­sig­keit ge­kauft hat, nur um das Ge­schrei mög­lichst rasch zu be­en­den.

Wenn El­tern ih­ren Kin­dern Süs­sig­kei­ten oder Spiel­zeug ge­ben, um eine pein­li­che Sze­ne zu be­en­den oder sie von ei­nem Fehl­ver­hal­ten ab­zu­brin­gen, wird da­mit das Ver­hal­ten des Kin­des be­lohnt. Es kann sich so­mit fes­ti­gen und tritt wahr­schein­lich häu­fi­ger auf als zu­vor. Das Kind war mit sei­ner Stra­te­gie er­folg­reich. Auch Schimp­fen oder lan­ges Dis­ku­tie­ren schen­ken dem Kind Auf­merk­sam­keit und ver­stär­ken eher das Ver­hal­ten, als es zu ver­hin­dern.

Kin­der ler­nen sehr schnell, dass sie nur hart­nä­cki­ger und lau­ter wer­den müs­sen, um ih­ren Wil­len durch­zu­set­zen oder ih­ren Wunsch er­füllt zu be­kom­men. „Wenn Bet­teln nicht hilft, dann wer­fe ich mich eben auf den Bo­den und schreie“.

Auch die El­tern wer­den vor­der­grün­dig be­lohnt, weil das Kind (zu­min­dest für eine kur­ze Zeit) auf­hört zu schrei­en. Da so­wohl das Kind wie auch die El­tern dar­aus ei­nen Nut­zen zie­hen, ist es sehr wahr­schein­lich, dass eine sol­che es­ka­lie­ren­de Si­tua­ti­on er­neut ent­ste­hen wird.

Auf ganz ähn­li­che Wei­se kön­nen sich Mut­ter und Va­ter auch an­ge­wöh­nen, lau­ter zu wer­den und hef­ti­ger zu re­agie­ren, wenn sie sich da­durch schnel­ler Ge­hör ver­schaf­fen und sich bes­ser durch­set­zen kön­nen.

Zum Bei­spiel sagt die Mut­ter zum Kind mehr­mals er­folg­los, dass es sein Zim­mer auf­räu­men soll. Da­bei wird sie im­mer lau­ter. Schliess­lich ist die Mut­ter ver­är­gert und ver­langt laut, dass das Kind tut, wozu sie es auf­for­dert, be­vor sie bis drei ge­zählt hat, sonst...

Aus die­sem Ver­hal­ten lernt das Kind, dass die El­tern es erst ernst mei­nen, wenn sie laut wer­den, schrei­en oder an­fan­gen zu dro­hen. Folg­lich wird es erst auf die­se An­zei­chen war­ten, be­vor es re­agiert und tut, wor­um es an­fäng­lich ge­be­ten wur­de.

Auch in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on pro­fi­tie­ren vor­der­gün­dig bei­de Sei­ten. Die El­tern zie­hen ih­ren Vor­teil aus ih­rer Re­ak­ti­on, weil das Kind schliess­lich tut, wor­um es ge­be­ten wur­de, und das Kind wird be­lohnt, weil die El­tern auf­hö­ren zu schrei­en.

Die Fra­ge "Muss ich denn al­les drei­mal sa­gen?" ken­nen alle El­tern. Doch wes­halb muss die­se wie­der­hol­te und schliess­lich lau­te Auf­for­de­rung sein,  be­vor die Kin­der re­agie­ren? Schon zu oft sind Mut­ter und Va­ter  in die­se Fal­le ge­tappt und es hat sich dar­aus ein Mus­ter ent­wi­ckelt.

El­tern soll­ten sich des­halb die­se ver­meint­li­chen Es­ka­la­ti­ons­fal­len be­wusst ma­chen und ihre ei­ge­nen Re­ak­tio­nen über­den­ken. Mit kla­ren An­wei­sun­gen und lo­gi­schen Kon­se­quen­zen sind vie­le die­ser Er­zie­hungs­fal­len zu ver­mei­den.

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