Vernetztes Spielzeug: Das müssen Eltern wissen
Der Spielzeug-Roboter zum selber Programmieren, die Kinderkamera, welche die Umgebung überwacht und Sätze nachplaudert, die Kugelbahn, deren Aufbau das Kind in einer App planen kann - die Digitalisierung ist längst auch im Kinderzimmer angekommen.
Diese Entwicklung eröffnet einerseits spannende neue Spielmöglichkeiten, sorgt andererseits aber auch für grosse Bedenken in Sachen Datenschutz. Mal gerät ein Hersteller in die Schlagzeilen, weil Hacker sich Zugriff auf persönliche Daten von Kindern verschafft haben, mal stellt sich heraus, dass sich die harmlos aussehende Puppe spielend leicht zu einer Abhöranlage umfunktionieren lässt.
Da fragen sich Mütter und Väter zu recht, ob sie dem Kind nicht den einen oder anderen sehnlichen Wunsch ausschlagen müssen, um es vor Datendiebstahl zu schützen. Doch Verweigerung hilft meistens nicht weiter, denn früher oder später halten die vernetzten Gesellen doch Einzug im Kinderzimmer. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, denn im Spiel lernen Kinder die Welt kennen und die ist heute nun mal weitgehend digitalisiert. Wichtig ist jedoch, dass Sie mögliche Sicherheitslücken kennen und wissen, wie Sie Ihr Kind bestmöglich schützen können.
Was sind eigentlich Smart Toys?
Smart Toys (Intelligentes Spielzeug) sind Spielsachen, die lernfähig sind und sich beispielsweise dem Entwicklungsstand des Kindes anpassen können. Über Sensoren, Kameras oder Mikrofone werden die Handlungen des Kindes registriert und das Spielgerät reagiert entsprechend. Die Verwendung des Begriffs ist jedoch oft schwammig. Auch traditionelles Förderspielzeug ohne digitale Extras sowie ganz allgemein elektronische Spielsachen werden zuweilen als "Smart Toys" bezeichnet.
Smart Toys lassen sich ganz grob in zwei Kategorien einteilen. Die einen funktionieren ohne Internetverbindung, da eine im Spielzeug eingebaute Software die empfangenen Daten registriert und verarbeitet. Wie das Spielzeug auf den Input des Kindes reagiert, ist in der Software programmiert. Vielfach können unterschiedliche Spielvarianten eingestellt werden, um die Reaktionen dem Alter oder dem Wissenstand des Kindes anzupassen.
Anders ist dies bei den sogenannten Connected Toys (Vernetztes Spielzeug). Diese benötigen eine Internetverbindung, damit alle ihre Funktionen zugänglich sind. Während des Spiels sammeln sie z. B. über Gesichts- oder Stimmerkennung Daten, die an eine vom Hersteller bereitgestellte Cloud-Plattform übermittelt werden, wo sie verarbeitet werden. Die Reaktion des Spielzeugs auf die Handlung des Kindes wird von dieser Plattform abgerufen. Es gibt aber auch vernetzte Spielzeuge, die selbständig im Internet nach einer Antwort auf eine Frage des Kindes suchen, beispielsweise auf Wikipedia.
Die Digitalisierung macht auch vor traditionellen Spielsachen nicht halt. Ob Brettspiel, Autorennbahn oder Spielzeugfigur - zu vielen altbekannten Produkten, die in einer Neuauflage auf den Markt kommen, gehört heute eine App. So kann zum Beispiel per App gesteuert werden, wie schnell das Rennauto auf der Rennstrecke im Kinderzimmer unterwegs sein soll. Nach dem Rennen werden auf dem Smartphone die Rekorde angezeigt. Oder die Eltern können in einer App Angaben zum Tagesablauf des Kindes eingeben, um das Spiel mit der Puppe zu personalisieren.
Zu den Smart Toys werden auch Spielzeuge gezählt, die mit einem RFID-Chip versehen sind. Diese drahtlose Technik funktioniert, indem sich die Spielelemente mittels elektromagnetischer Wellen identifizieren. Sie senden und empfangen untereinander Signale und lösen so verschiedene Aktionen aus. Ein Beispiel dafür ist die Holzeisenbahn, die selbständig Haltestellen ansteuert oder durch die Waschanlage fährt und dabei verschiedene Geräusche auslöst. Ein weiteres Beispiel ist die Audiobox, die eine Geschichte aus der Cloud abruft, wenn das Kind die mit dem Chip versehene Hörspielfigur draufstellt. Zum Abrufen neuer Inhalte ist eine Internetverbindung nötig, bereits heruntergeladene Geschichten können auch im offline-Modus angehört werden.
Datensicherheit bei vernetztem Spielzeug: Hier gibt es Mängel
Verbindung: Für das Spiel müssen sich viele Spielzeuge mit einem Tablet oder einem Smartphone verbinden. Problematisch ist es, wenn dies über eine ungeschützte Bluetooth-Verbindung geschieht. Bei einer solchen Verbindung ohne Passwortschutz kann sich theoretisch jeder, der sich im Umkreis von ca. 10 Metern befindet, mit dem Spielzeug verbinden, wenn es eingeschaltet, aber nicht mit einem anderen Gerät verbunden ist. Je nachdem, welche Funktionen das Spielzeug hat, kann so das Kind belauscht oder beobachtet werden oder ein Fremder kann ihm Nachrichten zukommen lassen.
Datenspeicherung: Damit alle Funktionen des Spielzeugs genutzt werden können, muss vielfach ein Nutzerprofil angelegt werden. Auch während des Spiels werden Daten aufgezeichnet. Welche Daten für wie lange gespeichert werden, was analysiert wird, was an Dritte weitergegeben wird - all dies erfährt man nur, wenn man die Datenschutzerklärung ausfindig macht und ganz genau durchliest. Oft ist diese aber so formuliert, dass man auch nach der Lektüre nicht so recht weiss, was nun mit den gesammelten Daten geschieht. Dass diese sensiblen Daten zudem nicht immer ausreichend gegen Angriffe von Hackern geschützt sind, hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach gezeigt.
Privatsphäre des Kindes: Bei manchen Spielzeugen können sich die Eltern die Gespräche anhören, die aufgezeichnet wurden. Dies auch ohne das Wissen des Kindes, das vielleicht im Spiel Geheimnisse verraten hat, die ausschliesslich für die "Ohren" seines Spielzeugs bestimmt gewesen wären. Aber auch wenn die Eltern nicht mithören können, ist zuweilen fraglich, ob die Privatsphäre des Kindes ausreichend geschützt ist. Aus der Datenschutzerklärung wird nämlich nicht immer klar ersichtlich, wer Zugriff auf diese sehr persönlichen Aufzeichungen hat.
Passwortsicherheit: Zuweilen reicht schon ein einfaches, leicht zu knackendes Passwort, um ein Benutzerkonto anzulegen. In anderen Fällen besteht nicht einmal die Möglichkeit, das vorinstallierte Standardpasswort für das erste Login durch ein eigenes Passwort zu ersetzen. Entsprechend schlecht sind in diesem Fall die persönlichen Daten geschützt.
Persönliches Profil: Beim vernetzten Spielen werden Unmengen von Daten gesammelt: Wenn das Spielzeug die Verbindung zum Internet aufbaut, wenn die Eltern ein Benutzerkonto für das Kind anlegen, wenn das Kind mit dem Spielzeug interagiert oder seine Erlebnisse in der dazugehörigen App festhält, wenn die Eltern das Spielzeug via App personalisieren etc. Mit all diesen Informationen lässt sich ein detailliertes Profil anlegen, das vom Spielzeughersteller für personalisierte Werbung verwendet werden kann. Manche Hersteller geben diese Daten auch zu Werbezwecken weiter.
Die App: Wenn Sie eine App herunterladen, um das Spielzeug in Betrieb zu nehmen, akzeptieren Sie damit die Datenschutzerklärung des Herstellers, also zum Beispiel, dass die gesammelten Daten zu Werbezwecken ausgewertet oder an Dritte weitergegeben werden. Beim Herunterladen verlangen Apps zudem oft Zugriff auf die Kontakte, die auf dem Gerät gespeichert sind, auf Standortangaben, Kamera, Mikrofon, Social Media-Profile etc. Dies steht oft in keinem Zusammenhang mit dem Spielzeug sondern dient nur dazu, der App Zugriff auf weitere Daten zu ermöglichen. Zuweilen können über die App auch zusätzliche Funktionen für das Spielzeug gekauft werden.
Gut hinschauen beim Einkauf
Vorab zwei gute Nachrichten. Die Erste: Auch wenn immer mehr vernetzte Spielzeuge auf den Markt kommen, machen sie nur einen Teil der riesigen Spielwaren-Auswahl aus. Wenn Sie also Bedenken bezüglich der Datensicherheit haben, finden Sie bestimmt tolle Alternativen für Ihr Kind. Die Zweite: Viele Spielzeuge, die in den vergangenen Jahren in Testberichten besonders schlecht weggekommen sind, sind in der Schweiz nicht erhältlich.
Das bedeutet leider nicht, dass alles, was in den Spielwarenläden im Regal steht, vollkommen unbedenklich wäre. Oft ist es schon gar nicht so einfach, die Smart Toys ausfindig zu machen. Zwar führen viele Online-Shops eine Kategorie "elektronisches Spielzeug" oder "digitales Spielzeug", aber vernetzte Spielzeuge finden sich auch in anderen Kategorien. Ganz ähnlich ist es im Spielwarengeschäft, wo zwar Roboter, smarte Kameras und das interaktive Tagebuch im gleichen Regal zu finden sind. Die Autorennbahn mit digitalen Zusatzfunktionen jedoch ist bei den herkömmlichen Autorennbahnen untergebracht.
Eine weitere Schwierigkeit ist es, sich anhand der oft spärlichen Angaben auf der Verpackung ein umfassendes Bild zu machen. Und auch wo sich auf der Schachtel umfangreiche Infos finden, werden nicht alle Fragen beantwortet. So steht vielleicht in grossen Buchstaben, dass das voreingestellte Passwort unbedingt geändert werden muss, dafür sucht man vergeblich nach einem Hinweis, ob die Eltern mitlesen, wenn das Kind via Spielzeug mit dem Grosspapa kommuniziert. Auch in Online-Shops sind die Angaben zuweilen wenig aufschlussreich.
Kaufen Sie bevorzugt Smart Toys, die mit einer integrierten Software arbeiten und ohne Vernetzung auskommen. Diese sind z. B. dadurch erkennbar, dass auf der Verpackung eine genaue Anzahl an möglichen Funktionen angegeben ist, also beispielsweise: "führt 20 lustige Bewegungen aus" oder: "spricht 150 verschiedene Sätze" oder: "Wähle aus 50 fetzigen Songs!"
Ein vernetztes Spielzeug erkennen Sie beispielsweise an Bluetooth- oder WLAN-Symbolen auf der Verpackung oder an dem Hinweis, nach dem Kauf könnten weitere Spielinhalte heruntergeladen werden. Zuweilen fehlen solche Hinweise aber und wird erst bei der Inbetriebnahme so richtig klar, dass es sich um ein vernetztes Spielzeug handelt.
Wie Sie Ihr Kind schützen können
Vor dem Kauf:
Lesen Sie Testberichte, um möglichst viel über das gewünschte Spielzeug zu erfahren.
Suchen Sie im Internet nach der Gebrauchsanleitung, um sich über die technischen Voraussetzungen zu informieren: Muss beim Spiel stets eine Internetverbindung bestehen oder können die Inhalte nach dem ersten Herunterladen auch offline abgerufen werden? Schaltet sich das Spielzeug automatisch aus, wenn das Kind nicht mehr damit spielt? etc.
Leider geizen manche Hersteller mit detaillierten Angaben, so dass Sie auch online kaum eine Antwort auf Ihre Fragen finden. Wenden Sie sich in diesem Fall an den Kundendienst des Herstellers.
Lesen Sie wenn möglich die Datenschutzbestimmungen durch. Diese finden Sie vielfach auf der Homepage des Herstellers oder im App-Store, wenn Sie die zum Spielzeug gehörende App herunterladen.
Bei der Inbetriebnahme:
Geben Sie nicht den echten Namen und andere persönliche Daten Ihres Kindes an, wenn Sie sein Benutzerkonto anlegen, sondern verwenden Sie ein Pseudonym und fiktive Daten.
Geben Sie nur die Daten preis, die es braucht, damit das Spielzeug in Betrieb genommen werden kann.
Schützen Sie das Benutzerkonto mit einem starken Passwort. Wann immer möglich sollten Sie voreingestellte Passwörter und Codes ändern.
Überprüfen Sie, ob der Download einer App für das Spiel wirklich nötig ist oder ob dies nur dazu dient, Nutzerdaten zu registrieren.
Erteilen Sie der App nur die allernötigsten Zugriffsrechte. Nicht immer werden Sie bei der Installation einer App gefragt, welche Zugriffsrechte Sie erteilen möchten. In diesem Fall können Sie auch nachträglich einstellen, worauf die App zugreifen darf.
Falls für das Spielzeug via App zusätzliche Funktionen gekauft werden können, deaktivieren Sie die Möglichkeit für In-App-Käufe, damit das Kind nicht mit einem Klick ohne Ihre Erlaubnis Einkäufe tätigen kann.
Manche Apps können mit sozialen Netzwerken verbunden werden, um im Spiel entstandene Bilder, Videos etc. zu teilen. Verzichten Sie auf solche Verbindungen, denn einem Kind ist noch nicht bewusst, dass das, was es jetzt mit der Öffentlichkeit teilt, auch Jahre später noch im Netz auffindbar bleibt.
Im Spiel:
Ist für das Spiel eine WLAN-Verbindung nötig, lassen Sie das Kind nach Möglichkeit nur dort spielen, wo eine passwortgeschützte Verbindung zur Verfügung steht. Ungesicherte Verbindungen, z. B. in Cafés oder in manchen Hotels, stellen ein Sicherheitsrisiko dar.
Machen Sie Ihr Kind seinem Alter entsprechend darauf aufmerksam, wie es sich selber schützen kann. Manche vernetzte Spielzeuge bieten zum Beispiel die Möglichkeit, Bilder an Freunde zu versenden, die das gleiche Spielzeug haben. Erklären Sie Ihrem Kind, wie wichtig es ist, dass es dies nicht leichtfertig tut. Auch das beste Gspänli kann ein solches Bild leicht missbrauchen, falls es später mal Streit gibt. Erklären Sie ihm ausserdem auf altersgrechete Weise, weshalb es nie seinen Namen, sein Alter und seinen Wohnort angeben soll.
Trennen Sie die Verbindung zum Internet, wenn das Kind fertig gespielt hat. Falls möglich sollten auch Mikrofone und Kameras ausgeschaltet werden, denn nicht immer ist klar, ob diese nur im Spiel aufzeichnen oder auch dann, wenn das Spielzeug betriebsbereit im Regal steht.
Für die kindliche Entwicklung sind vielfältige Erfahrungen wichtig: Im Sand buddeln, mit Wasserfarben experimentieren, Bauklötze stapeln, Basteln, Kuchen backen - und im Spiel mit einem Smart Toy die digitale Welt erforschen. Mit möglichst viel Abwechslung sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind das vernetzte Spielzeug auch mal wieder ausschalten mag.
Wenn Ihr Kind das Interesse verliert und das Spielzeug nicht mehr in Gebrauch ist, löschen Sie das Nutzerkonto Ihres Kindes. Überprüfen Sie in der Datenschutzerklärung des Herstellers, ob die Möglichkeit besteht, die persönlichen Daten des Kindes löschen zu lassen.
Obschon die vielen Sicherheitsbedenken zuweilen abschreckend wirken: Es lohnt sich durchaus, den vernetzten Spielsachen eine Chance zu geben. Zwar gibt es darunter einige Produkte, die auch aus pädagogischer Sicht ziemlich fragwürdig sind. Zum Beispiel Spielhandys, mit denen schon die Allerkleinsten Selfies schiessen und Bildnachrichten versenden können. Ein Bausatz aber, mit dem Kinder nicht nur konstruieren lernen, sondern anschliessend auch erste Gehversuche im Programmieren machen können, ermöglicht spannende und lehrreiche Spielerlebnisse.