Wie wich­tig ist Bud­get­pla­nung für Fa­mi­li­en?

Budgetplanung mit Taschenrechner und Sparschwein
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swiss­mom: Wann macht eine Bud­get­pla­nung im Pri­vat­haus­halt Sinn?

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Eine Bud­get­pla­nung macht grund­sätz­lich im­mer Sinn, egal in wel­cher Ein­kom­mens­stu­fe und in wel­cher Le­bens­si­tua­ti­on man sich be­fin­det. Be­son­ders drängt sich eine Bud­get­pla­nung je­doch auf, wenn sich die Le­bens­si­tua­ti­on ver­än­dert, wie zum Bei­spiel in Hin­blick auf ei­nen ge­mein­sa­men Haus­halt oder die Ge­burt ei­nes Kin­des. Denn mit der ver­än­der­ten Le­bens­si­tua­ti­on, än­dern sich auch die Ein­nah­men und/oder die Aus­ga­ben. Das Geld muss neu auf­ge­teilt wer­den. Da­nach ist es wich­tig, dass sich alle Be­tei­lig­ten an das Bud­get hal­ten und die­ses im­mer wie­der den ak­tu­el­len Um­stän­den an­ge­passt wird.

swiss­mom: Ist es rich­tig, dass vor al­lem Fa­mi­li­en mit Kin­dern in der Schweiz nah an der Ar­muts­gren­ze haus­hal­ten müs­sen?

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Ja lei­der, denn Kin­der müs­sen selbst­ver­ständ­lich be­treut wer­den, und zwar rich­tig. Ent­we­der von den El­tern selbst, was be­deu­tet, dass lan­ge Zeit nur mit ei­nem Ver­dienst aus­ge­kom­men wer­den muss, oder durch eine aus­s­er­fa­mi­liä­re Be­treu­ungs­lö­sung, de­ren Fi­nan­zie­rung ein gros­ser Bud­get­pos­ten sein kann. Des­halb ist emp­foh­len, die Be­treu­ungs­fra­ge so­wie die Or­ga­ni­sa­ti­ons­mög­lich­kei­ten früh­zei­tig zu be­spre­chen. Mit ei­nem Bud­get kön­nen auch ver­schie­de­ne Va­ri­an­ten und de­ren Vor- und Nach­tei­le auf­ge­zeigt wer­den. 

swiss­mom: Wel­che Aus­ga­ben fal­len dem Haus­halts­bud­get be­son­ders zur Last in Fa­mi­li­en mit Kin­dern?

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Zu Be­ginn sind es die An­schaf­fun­gen für das Baby und die Win­deln. Hier hel­fen Bör­sen und Ak­tio­nen die Kos­ten tief zu hal­ten. Nach we­ni­gen Jah­ren be­wegt sich das Kind im­mer mehr, zum Teil auch al­lein, in ei­nem so­zia­len Um­feld, was in un­se­rer Ge­sell­schaft oft mit Kos­ten ver­bun­den ist. Ne­ben den nor­ma­len Aus­la­gen für Wohn­raum, Nah­rung und Klei­der wird viel Geld in die Frei­zeit­ge­stal­tung (oft meh­re­re Hob­bys pro Kind), in The­ra­pi­en, Nach­hil­fe und Gy­mi­vor­be­rei­tung in­ves­tiert. Hier gilt das Rich­ti­ge für das Kind und zu­gleich das fi­nan­zi­ell Mach­ba­re zu er­ken­nen. 

swiss­mom: Gibt es denk­ba­re Mo­del­le, um Fa­mi­li­en zu ent­las­ten und zu för­dern?

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Der Staat bie­tet mit Sub­ven­tio­nen in vie­len Be­rei­chen Ver­güns­ti­gun­gen an. In un­se­ren Be­ra­tun­gen stel­len wir je­doch fest, dass die Ein­kom­mens­gren­ze, um in den Ge­nuss von Ver­güns­ti­gun­gen zu kom­men, oft zu hoch fest­ge­legt ist. Zu­dem sind vie­le Per­so­nen mit dem Pa­pier­kram über­for­dert, so dass nicht alle Ver­güns­ti­gun­gen voll aus­ge­schöpft wer­den. Hier könn­te der Staat mit ein­fa­che­ren Mo­del­len der Fir­ma Fa­mi­lie ent­ge­gen­kom­men. 

swiss­mom: Fe­ri­en sind für rund ein Zehn­tel der Fa­mi­li­en Traum­den­ken. Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es für die­se Fa­mi­li­en, ein­mal trotz­dem aus­zu­span­nen?

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Fe­ri­en be­deu­ten nicht nur ver­rei­sen, son­dern vor al­lem auch sich aus­ru­hen und viel Zeit für ein­an­der ha­ben. Si­cher kann ein Ta­pe­ten­wech­sel gut tun. Wer sich früh­zei­tig in­for­miert, ent­deckt be­stimmt eine güns­ti­ge Fe­ri­en­mög­lich­keit. Die­se fin­det man je­doch nicht in den gän­gi­gen Fe­ri­en­pro­spek­ten, wo sich die Prei­se nach der Nach­fra­ge rich­ten und des­halb wäh­rend der Schul­fe­ri­en be­son­ders teu­er sind. Fe­ri­en im Stroh, im Zelt, mit dem Velo, bei Be­kann­ten oder Ver­wand­ten brin­gen auch Ab­wechs­lung. REKA (www.reka.ch) bie­tet zum Bei­spiel eine brei­te Pal­let­te an Fa­mi­li­en­an­ge­bo­ten bis zu Fe­ri­en für Fr. 100.00 für Ein­kom­mens­schwa­che. Auch Ko­vi­ve (www.ko­vi­ve.ch) er­mög­licht Fa­mi­li­en oder Al­lein­er­zie­hen­den Er­ho­lung. 

swiss­mom: Die Ver­ein­bar­keit von Kind und Be­ruf stellt eine gros­se Her­aus­for­de­rung dar. Wel­che Fra­gen gilt es zu stel­len? 

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Wenn die Rol­len in der Fa­mi­lie part­ner­schaft­lich ver­teilt sind und die Or­ga­ni­sa­ti­on klar ge­re­gelt ist und al­les in der Haus­hal­tung gut or­ga­ni­siert ist, umso ent­spann­ter kann das Aben­teu­er Kind und Be­ruf an­ge­gan­gen wer­den. Die­se drei Be­rei­che müs­sen gut zu­sam­men spie­len:

  1. Die Kin­der­be­treu­ung: Ne­ben dem nor­ma­len Be­treu­ungs­an­ge­bot soll­te min­des­tens eine Aus­weich­mög­lich­keit zur Ver­fü­gung ste­hen. Zum Bei­spiel Kita und Gross­el­tern. Aber es ist dar­auf zu ach­ten, dass nicht zu vie­le Be­treu­en­de ein­ge­setzt wer­den.

  2. Die Ar­beits­stel­le: Sie soll­te von den Ar­beits­zei­ten her gut mit dem Be­treu­ungs­an­ge­bot har­mo­nie­ren.

  3. Der Trans­port: Woh­nung, Kin­der­be­treu­ung und Ar­beits­ort soll­ten in ver­nünf­ti­ger Di­stanz zu­ein­an­der lie­gen.

swiss­mom: Be­son­ders Al­lein­er­zie­hen­de kämp­fen mit dem Exis­tenz­mi­ni­mum. 2010 wa­ren 5.8% der Schwei­zer Be­völ­ke­rung von ma­te­ri­el­len Ent­beh­run­gen be­trof­fen. Am höchs­ten ist die­se Quo­te mit 22.6% bei Ein­el­tern­fa­mi­li­en, im Ge­gen­satz dazu am nied­rigs­ten bei kin­der­lo­sen Rent­ner-Paar-Haus­hal­ten (1.5%). Wel­che Hil­fe kann die Bud­get­be­ra­tung Schweiz Be­trof­fe­nen an­bie­ten?

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Eine wich­ti­ge Dienst­leis­tung ist un­se­re Web­site www.bud­get­be­ra­tung.ch. Sie bie­tet alle In­stru­men­te, um ein Bud­get zu er­stel­len und vie­le In­for­ma­tio­nen zu Bud­getthe­men. Im Wei­te­ren bie­ten un­se­re Be­ra­tungs­stel­len Hil­fe zur Selbst­hil­fe. Zu­sam­men mit der Kli­en­tin/dem Kli­en­ten er­ar­bei­ten wir das Bud­get. Je­der Bud­get­pos­ten wird über­dacht und bei Be­darf gibt es Tipps oder In­for­ma­tio­nen. Die be­nö­tig­ten Be­trä­ge der Fix­kos­ten brin­gen un­se­re Kun­din­nen und Kun­den zum Be­ra­tungs­ge­spräch mit. Die Be­trä­ge der va­ria­blen Kos­ten, wie zum Bei­spiel Haus­halt­geld und das Geld für die Frei­zeit de­fi­nie­ren wir im Ge­spräch auf Grund der fi­nan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten und im Rah­men un­se­rer Bud­get­bei­spie­le und Richt­li­ni­en. Da­nach zei­gen wir Mög­lich­kei­ten auf, wie das Bud­get um­ge­setzt wer­den kann. Das heisst, für die Aus­ga­ben wird ein mög­lichst ein­fa­ches Ein­tei­lungs­sys­tem er­ar­bei­tet. Zu­dem sind un­se­re Be­ra­tungs­stel­len gut ver­netzt und kön­nen bei spe­zi­el­len The­men auf an­de­re spe­zia­li­sier­te Stel­len hin­wei­sen. Idea­ler­wei­se sind alle Be­tei­lig­ten beim Be­ra­tungs­ge­spräch an­we­send. So kön­nen in­di­vi­du­el­le Lö­sun­gen zu fi­nan­zi­el­len Ent­las­tun­gen ge­fun­den wer­den.

swiss­mom: Wo kann man Hil­fe be­kom­men und mit wel­chen Kos­ten muss man für eine per­sön­li­che Bud­get­be­ra­tung rech­nen?

Ur­su­la Grimm-Hut­ter: Un­ter dem Dach von Bud­get­be­ra­tung Schweiz sind 35 Be­ra­tungs­stel­len ver­eint. Für die Su­che nach der nächs­ten Be­ra­tungs­stel­le gibt man die Post­leit­zahl des Wohn­orts in das oben rechts ein­ge­füg­te Such­feld un­se­rer Web­site www.bud­get­be­ra­tung.ch ein. Da die Be­ra­tungs­stel­len ver­schie­den or­ga­ni­siert und sub­ven­tio­niert sind, kann es sein, dass die Be­ra­tung gra­tis ist. Meis­tens be­wegt sich eine Be­ra­tung mit aus­ge­ar­bei­te­tem Bud­get je­doch um die Fr. 50.00 oder 1% des mo­nat­li­chen Ein­kom­mens.

Zur Person

Ursula Grimm-Hutter ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. 2005 absolvierte die Kommunikationsfachfrau HF die Ausbildung zur Budgetberaterin mit Anstellung beim Beratungspunkt Winterthur. Bald engagierte sie sich im Vorstand von Budgetberatung Schweiz, seit zwei Jahren als Präsidentin. Budgetberatung Schweiz ist der Dachverband von 35 Budgetberatungstellen. 

Letzte Aktualisierung: 22.04.2020, swissmom-Redaktion

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