Langzeitstillen
Warum ein Kind auch nach Beikoststart noch von der Muttermilch profitiert und welche Herausforderungen längeres Stillen mit sich bringen kann.
Viele Mütter stillen ab, wenn das Baby Beikost bekommt. Es spricht jedoch nichts dagegen, ihm auch länger die Brust zu geben.
Wie lange sollten Mütter stillen?
Gemäss den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollten Babys in den ersten sechs Lebensmonaten ausschliesslich gestillt werden. Ab diesem Alter benötigen sie zwar feste Beikost, die WHO rät jedoch dazu, sie bis hin zum Alter von zwei Jahren oder darüber hinaus weiter zu stillen.
Eine einheitliche Empfehlung, wann ein Kind spätestens abgestillt werden sollte, gibt es nicht. Fachleute raten dazu, so lange zu stillen, wie es für Mutter und Kind stimmig ist. Da in westlichen Ländern viele Mütter maximal ein Jahr stillen, ist oft von Langzeitstillen die Rede, wenn ein Kind nach dem ersten Geburtstag noch an der Brust trinkt. Dies ergibt sich in vielen Fällen von selbst, wenn Mutter und Kind die Situation als praktisch und angenehm empfinden und deshalb kein Wunsch zum Abstillen besteht.
Welche Vorteile bringt das Langzeitstillen?
Die Muttermilch passt sich den Bedürfnissen des Kindes laufend an. Die WHO weist darauf hin, dass sie nach der Einführung der Beikost und bis zum Alter von zwei Jahren weiterhin eine wichtige Energie- und Nährstoffquelle ist. Im Alter von 6 bis 12 Monaten kann sie den Energiebedarf eines Kindes zur Hälfte oder mehr decken, im Alter von 12 bis 24 Monaten zu einem Drittel. Gemäss Angaben der WHO trägt das längere Stillen auch zur Gesundheit der Mutter bei, denn es verringert das Risiko für Eierstock- und Brustkrebs. Studien haben ausserdem gezeigt, dass Langzeitstillen das Diabetesrisiko senkt.
Es ist noch wenig erforscht, inwiefern längeres Stillen Kinder vor Infekten schützt. Einzelne Studien deuten jedoch darauf hin, dass dies der Fall sein könnte, sodass langzeitgestillte Kinder seltener mit Infektionskrankheiten zu kämpfen haben. Die WHO weist zudem darauf hin, dass gestillte Kinder später seltener übergewichtig sind.
Das Stillen dient jedoch nicht nur der Nahrungsaufnahme, es befriedigt auch das Bedürfnis des Kindes nach Nähe und Geborgenheit. Langzeitgestillte Kinder benötigen oft weder einen Nuggi noch den Daumen, um sich zu beruhigen oder in den Schlaf zu finden, denn sie kommen an der Brust zur Ruhe. Dies kann sich positiv auf die Zahnstellung auswirken. Für eine gute Zahngesundheit ist allerdings gründliches Zähneputzen ab dem ersten Zahn wichtig - ganz besonders dann, wenn das Kind auch nachts trinken möchte oder häufig länger an der Brust nuckelt.
Welche Herausforderungen bringt langes Stillen mit sich?
Nicht jede Mutter, die länger als ein Jahr stillt, tut dies, weil sie es möchte. Manche Kinder verlangen beharrlich nach der Brust, obschon die Mutter eigentlich gerne abstillen würde. Wenn ein grösseres Kind sich alleine durch Stillen beruhigen lässt, auch nachts mehrmals trinken will und den Schoppen komplett ablehnt, kann das Langzeitstillen zur Belastung werden. Da die Mutter die einzige ist, die dem Kind die gewünschte Nahrung und Nähe bieten kann, kommt zuweilen ein Gefühl des Angebundenseins auf.
Doch auch dann, wenn Mutter und Kind zufrieden sind mit der längeren Stillzeit, kann es zu herausfordernden Situationen kommen. Nämlich dann, wenn Familie und Freunde kein Verständnis zeigen oder wenn Aussenstehende kritische Bemerkungen machen. Manche Mütter entscheiden sich deshalb dazu, ausschliesslich zu Hause zu stillen und mit dem Kind ein "Codewort" zu vereinbaren, damit es sein Bedürfnis, gestillt zu werden, auf diskrete Weise äussern kann.