Die 10 häufigsten Allergie-Irrtümer
Über Allergien kursieren viele Irrtümer. Wo ist etwas Wahres dran und was ist nicht richtig?
Vor Jahren versuchte man noch, Babys so lange wie möglich vor potentiellen Allergieauslösern wie Erdnüssen, Eiern, Kuhmilch oder Fisch zu schützen. Heute geht man davon aus, dass ein langsames Gewöhnen an die Umwelt schon im ersten Lebensjahr wichtig ist.
- 1. Mütter müssen zur Allergievorbeugung auf bestimmte Lebensmittel verzichten.
- 2. Allergiegefährdete Babys sollten so lange wie möglich gestillt werden.
- 3. Kuhmilch, Weizen und Fisch sind im ersten Lebensjahr tabu für allergiegefährdete Babys.
- 4. Rüebli sind für allergiegefährdete Babys nicht geeignet.
- 5. Felltragende Tiere im Haus sollten vorsorglich abgeschafft werden.
- 6. Passivrauchen der Mutter ist nicht problematisch.
- 7. Impfen löst Allergien beim Säugling aus.
- 8. Wenn ich bei der Allergievorbeugung alles richtig mache, bekommt mein Baby ganz sicher keine Allergie.
- 9. Ziegen- oder Stutenmilch schützen Babys vor Allergien.
- 10. Allergievorbeugung macht nur für allergiegefährdete Babys Sinn.
- Aus der Forschung
Ein Umdenken hat auch bei anderen gängigen Empfehlungen und plausibel klingenden Ratschlägen eingesetzt. Irrtümer entstehen, wenn etwas einleuchtend klingt, aber nicht immer ist das auch richtig. Hier zehn typische falsche Aussagen zum Thema Allergien:
1. Mütter müssen zur Allergievorbeugung auf bestimmte Lebensmittel verzichten.
Schwangere und stillende Mütter müssen bestimmte Lebensmittel nicht weglassen, um Allergien bei ihrem Kind vorzubeugen. Darin sind sich alle Fachleute, die sich mit der Allergieentstehung und ihren Einflussfaktoren auseinandergesetzt haben, einig. Ältere Empfehlungen rieten zum Verzicht auf häufige Allergieauslöser wie Milch, Ei, Fisch oder Soja. Wie man heute weiss, ist das jedoch nicht mehr nötig.
Mütter tun sich und ihrem Kind etwas Gutes, wenn sie abwechslungsreich und ausgewogen essen, und zwar aus drei wichtigen Gründen: Für die Mutter gibt es keine Entbehrungen, Mutter und Kind werden mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt und das kindliche Immunsystem kommt über die Nabelschnur oder die Muttermilch mit geringen Mengen möglicher Allergieauslöser in Kontakt, kann sich so sanft daran gewöhnen, ohne allergisch zu reagieren.
2. Allergiegefährdete Babys sollten so lange wie möglich gestillt werden.
Muttermilch ist in der ersten Zeit die beste Nahrung für Babys. Mehr brauchen sie nicht, ganz gleich, ob sie allergiegefährdet sind oder nicht.
Je nach dem Verlangen des Babys kann ab Beginn des 5. Monats mit dem Füttern weiterer Lebensmittel begonnen werden. So gewöhnt sich das kindliche Immunsystem an neue Lebensmittel. Die Umstellung kann langsam und entsprechend den Bedürfnissen von Mutter und Kind geschehen, darum ist es empfehlenswert, dem Baby neben Brei – der sogenannten Beikost – weiterhin Muttermilch zu geben. Das verbessert die Verträglichkeit neuer Lebensmittel.
Spätestens mit Beginn des 7. Monats sollte der erste Brei auf dem Speiseplan stehen, um das Baby ausreichend zu versorgen.
3. Kuhmilch, Weizen und Fisch sind im ersten Lebensjahr tabu für allergiegefährdete Babys.
Es ist gut, wenn Babys schon im ersten Jahr mögliche allergieauslösende Lebensmittel kennenlernen. Das gilt auch für allergiegefährdete Babys. Ab dem Beginn des 7. Lebensmonats dürfen deswegen Schritt für Schritt und nach den Bedürfnissen des Babys Kuhmilch, Weizen oder Fisch eingeführt werden.
Besonders bei Getreide ist es sogar sinnvoll, zwischen dem 5. und 7. Monat mit kleinen Mengen zu beginnen. Damit kann die Wahrscheinlichkeit gesenkt werden, dass ein Baby eine Unverträglichkeit gegenüber dem Weizeneiweiss Gluten entwickelt. Das gilt besonders, wenn das Baby daneben noch Muttermilch bekommt und Familienmitglieder an Zöliakie leiden.
4. Rüebli sind für allergiegefährdete Babys nicht geeignet.
Im Gegenteil: Rüebli enthalten viele wichtige Nährstoffe und sind als erste feste Nahrung für alle Babys gut geeignet. Babys mögen ihren süsslichen Geschmack meist gerne. Sie lösen nur in Ausnahmefällen Allergien aus.
Woher kommt der Irrtum, dass Möhren nicht geeignet sind? Rüebli sind oft das erste Lebensmittel, das Babys nach der Mutter- oder Säuglingsmilch bekommen. Das kindliche Verdauungssystem hat bei der Umstellung von Milch auf Brei viel zu leisten und am Anfang können dabei einige Schwierigkeiten auftreten. Eltern haben darum manchmal den Verdacht, dass Rüebli der Auslöser für alle Reaktionen in dieser Umstellungsphase seien. Zum Beispiel wirken Rüebli bei Säuglingen stuhlfestigend. Falls ab und zu Verstopfungen auftreten, hat das jedoch nichts mit einer Allergie zu tun.
Manche Eltern machen sich auch Gedanken, weil viele Pollenallergiker keine rohen Rüebli vertragen. Was viele nicht wissen: Gekocht (wie zum Beispiel in Babybrei) sind Karotten für Allergiker kein Problem, denn beim Erhitzen verlieren sie ihre allergene Wirkung.
5. Felltragende Tiere im Haus sollten vorsorglich abgeschafft werden.
Grundsätzlich müssen Haustiere nicht abgeschafft werden, wenn ein Baby unterwegs ist. Fest steht allerdings, dass allergiegefährdete Säuglinge in einer katzenfreien Umgebung besser aufgehoben sind. Hunde gelten als nicht problematisch.
6. Passivrauchen der Mutter ist nicht problematisch.
Tabakrauch zu meiden, ist eine wichtige Massnahme für die Vorbeugung von Allergien. Das gilt auch für das Passivrauchen der Mutter. Eine rauchfreie Umgebung in der Schwangerschaft und in der Stillzeit verbessert die Startbedingungen eines Kindes deutlich.
7. Impfen löst Allergien beim Säugling aus.
Manche Eltern fürchten, Impfungen würden das Immunsystem von Säuglingen überlasten und deshalb Allergien auslösen. Das stimmt jedoch nicht, wie zahlreiche Studien bestätigen. Deswegen ist es sehr wichtig, auch allergiegefährdete Säuglinge impfen zu lassen.
8. Wenn ich bei der Allergievorbeugung alles richtig mache, bekommt mein Baby ganz sicher keine Allergie.
Einen hundertprozentigen Schutz gibt es leider nicht. Denn bei der Entstehung von Allergien spielen letztlich die Erbanlagen in der Familie die grösste Rolle. Einige Massnahmen können jedoch dazu beitragen, dass Babys seltener Allergien bekommen. Lässt sich eine Allergie nicht verhindern, leisten diese Massnahmen trotzdem einen wichtigen Beitrag: Sie können helfen, den Zeitpunkt des Allergieausbruchs zu verzögern und die Beschwerden zu mildern.
Wer sich also an die Empfehlungen hält, hat alles richtig gemacht, auch wenn sich eine Allergie entwickelt.
9. Ziegen- oder Stutenmilch schützen Babys vor Allergien.
Das Eiweiss aus Kuhmilch ist in der Regel das erste fremde Eiweiss, welches Babys kennenlernen. Da manche Säuglinge allergisch darauf reagieren, mag die Annahme naheliegen, dass Ziegen- oder Stutenmilch für die Ernährung von Babys besser geeignet sein müsste. Doch auch Ziegenmilch und Stutenmilch können Allergien auslösen, weil ihr Eiweiss dem von Kuhmilch ähnelt.
Aus mehreren Gründen ist es nicht sinnvoll, Säuglinge mit artfremden Milchen wie z.B. Ziegen-, Schafs-, Esel- oder Stutenmilch zu füttern. Auch Frischkornmilch, Mandelmilch oder Reismilch sind für Säuglinge auf gar keinen Fall geeignet. Je nach Rezept ist der Proteingehalt zu hoch oder zu gering und/oder die Proteinqualität unzureichend, was die noch unreifen Nieren des Babys überfordert. Ausserdem bestehen Mängel in der Vitamin- und Mineralstoffzusammensetzung: Ziegenmilch enthält z.B. viel zu wenig Folsäure und Vitamin B12. Der Fettgehalt in Ziegenmilch ist zu hoch, in Stutenmilch dagegen zu niedrig. Bei Säuglingen, die auf diese Weise ernährt werden, sind nicht mehr zu behebende Mangelerscheinungen und Entwicklungsstörungen keine Seltenheit.
Säuglingsnahrung auf Sojabasis wird wegen der östrogenartigen Inhaltsstoffe nicht empfohlen, kann aber in speziellen Fällen (nachgewiesene Laktoseunverträglichkeit oder streng vegetarische Eltern) eine mögliche Alternative sein. Allerdings entwickeln ca. 10% der Säuglinge mit Kuhmilchprotein-Allergie auch eine Allergie gegenüber Sojaprotein.
Fazit: Wenn in der Familie schon Allergien bekannt sind, ist sogenannte HA-Nahrung der beste Muttermilchersatz für Babys. Und wenn ein Baby bereits allergisch auf Kuhmilcheiweiss reagiert, bekommt es am besten eine stark hydrolysierte Spezialnahrung.
10. Allergievorbeugung macht nur für allergiegefährdete Babys Sinn.
Grundsätzlich kann jedes Baby eine Allergie entwickeln. Das gilt auch für Babys aus bis bisher allergiefreien Familien. Von ihnen entwickelt immerhin noch jedes sechste bis siebte Baby im Laufe seines Lebens eine Allergie.
Wer die Empfehlungen zur Vorbeugung ernst nimmt und die wenigen einfachen Massnahmen umsetzt, senkt nicht nur das Allergierisiko. Eltern fördern damit auch insgesamt eine gesunde Entwicklung ihres Babys.
Quelle: www.gesund-ins-leben.de