RSV-Infektion bei Säuglingen und Kleinkindern
Interview mit Dr. med. Attila Molnar
swissmom: Wofür steht die Abkürzung RSV?
Dr. Attila Molnar: RSV steht als Abkürzung für das menschliche Respiratorische-Synzytial-Virus. Bei Kleinkindern wird sie auch häufig als Bronchiolitis bezeichnet.
swissmom: Wie wird dieses Virus übertragen?
Dr. Attila Molnar: So wie jeder Schnupfen auch, nämlich durch Tröpfcheninfektion bei engem Kontakt, wobei Bindehaut und Nasenschleimhaut die Eintrittspforten bilden.
Dr. med. Attila Molnar absolvierte seine Ausbildung zum Pädiater am Kinderspital in Zürich, danach folgte noch eine Weiterbildung in Notfall- und Intensivmedizin und Neonatologie in Australien und Lausanne. Dr. Molnar ist als Leitender Arzt in der Kinder-Permanence by Swiss Medi Kids Praxis in Zürich tätig. Er hat 2 Töchter, geboren 2011 und 2012.
swissmom: Warum sind besonders Säuglinge und kleine Kinder betroffen? Können Erwachsene sich gar nicht infizieren?
Dr. Attila Molnar: Jeder kann sich infizieren, nur erkranken vor allem Neugeborene, Frühgeborene und Säuglinge mit vorbestehenden Lungenerkrankungen, z.B. einer schweren obstruktiven Bronchitis. Die Kapazität der Lungen ist bei den Kleinen reduziert, somit kommen sie schneller in eine Atemnot. Bei Erwachsenen läuft die Erkrankung wie eine Erkältung oder sogar ganz ohne Symptome ab.
swissmom: Wie lange dauert es, bis die Krankheit nach einer Infektion mit dem RS -Virus ausbricht, und wie lange besteht akute Ansteckungsgefahr?
Dr. Attila Molnar: Die Inkubationszeit beträgt 3-5 Tage und eine Ansteckungsgefahr besteht, solange die Patienten Symptome haben (ca. 1- max. 4 Wochen lang).
swissmom: Auf welche Symptome muss man beim Kind dann besonders achten, und wann sollte man zum Arzt gehen?
Dr. Attila Molnar: Wenn der Säugling oder das Kleinkind eine Trinkschwäche zeigt, nicht mehr spielt während dem Tag, schnell atmet oder sogar Atempausen hat. Fieber muss das Kind dabei nicht unbedingt haben.
swissmom: Wie sieht eine typische Behandlung nach einer RSV-Infektion aus? Muss das Kind immer im Spital behandelt werden?
Dr. Attila Molnar: Je kleiner das Kind und je fragiler die Lungen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es hospitalisiert werden muss. Die typische Behandlung zu Hause besteht aus einer sehr guten Hydratation (also viel zu trinken anbieten), regelmässig Kochsalzlösung in die Nase geben (bis zu alle 20 min.) und die Nase ab und zu auch abzusaugen, da das RSV ein sehr zähes Sekret bildet und die Kinder oft Mühe haben, adäquat zu atmen. Falls die Kinder trotz konservativer Therapie zu Hause nicht trinken wollen, nicht spielen oder schlecht atmen, ist unbedingt eine Konsultation durch den Kinderarzt indiziert.
swissmom: Welche Folgen kann das Virus für Säuglinge und Kleinkinder haben?
Dr. Attila Molnar: Meistens wird die RSV-Infektion bei nicht vorbelasteter Lunge gut überstanden und es kommt zu keinen Langzeitfolgen.
swissmom: Wie kann man seine Kinder vor einer Ansteckung schützen? Gibt es eine Impfung gegen das RSV?
Dr. Attila Molnar: Wie schon erwähnt, sind vor allem Kinder mit vorbestehenden Lungenerkrankungen, Frühgeborene und Kinder mit Herzfehlern als Säuglinge gefährdet. Falls das Ausmass der Lungenerkrankung hoch ist, werden die Kinder, bevor sie das Spital nach der Geburt verlassen, mit einer aktiven Immunisierung gegen RSV geimpft. Diese Impfung muss 1x pro Monat während den Wintermonaten durchgeführt werden und ist auch sehr kostspielig (ca. 1000 CHF pro Impfung)! Für alle Säuglinge gilt aber das Vermeiden des Kontaktes mit Kindern, die mit Schnupfen etc. erkrankt sind.
swissmom: Wenn ein älteres Geschwisterkind sich einmal mit dem RS-Virus angesteckt hat, kann es dann auch im nächsten Jahr noch ein neugeborenes Geschwisterkind infizieren?
Dr. Attila Molnar: Das ist eine gute Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Das ältere Geschwisterkind kann sich zwar im Folgejahr mit RSV infizieren, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder krank wird, ist tiefer. Ohne Symptome ist die Ansteckungsgefahr sehr niedrig, aber nicht unmöglich. Falls es wieder Symptome eines Schnupfens entwickelt nach der RSV-Infektion, kann es das neugeborene Geschwisterkind anstecken. Das Neugeborene ist aber durch die Antikörper der Mutter, v.a. wenn es noch gestillt wird, weitgehend geschützt. Also noch ein Grund mehr, die Säuglinge bis zum 6. Monat voll zu stillen.