Geschwisterallergie

Geschwister streiten auf dem Bett
©
Fotolia

In der Heuschnupfensaison, wird wieder vermehrt über Allergien geschrieben. Leider wird in solchen Berichten eine Unverträglichkeit gänzlich ignoriert, obschon sie in fast allen Familien mit mehr als einem Kind vorkommt: Die Geschwisterallergie. Diese Krankheit ist zwar im Grunde genommen harmlos, kann aber den Familienfrieden ganz schön strapazieren. Um betroffenen Eltern den Umgang damit zu erleichtern, stellen wir Ihnen die Krankheit im Folgenden genauer vor.

Saison: Das Auftreten der Geschwisterallergie ist nicht an eine bestimmte Jahreszeit gebunden. Aus dem Gejammer der betroffenen Eltern lässt sich aber darauf schliessen, dass sich die Symptome im Winter, während länger andauernden Schlechtwetterperioden sowie in den Schulferien besonders heftig bemerkbar machen. Spontane Schübe können auch während längeren Autofahrten oder in der Vorweihnachtszeit auftreten. 

Auslöser: Da Beschwerden ausschliesslich beim Kontakt mit einem bestimmten Geschwisterkind auftreten, sprechen Experten vom "allergieauslösenden Geschwisterkind". Die anderen Familienmitglieder werden vom Allergiker in der Regel gut vertragen. Eine abschliessende Charakterisierung des allergieauslösenden Geschwisterkindes steht noch aus, die folgenden Verhaltensweisen scheinen aber auffällig oft zu heftigen Allergieschüben beim Allergiker zu führen:

  • Laute Geräusche (In extremen Fällen reicht schon das hörbare Atmen.)

  • Als provokativ empfundenes Sitzen auf dem falschen Stuhl

  • Körpergerüche

  • Das Berühren von Spielsachen, die dem allergischen Kind gehören 

  • Ungleich verteilter Besitz

  • Unkontrollierte aber unbeabsichtigte Bewegungen, vom Allergiker oft als gezielte Schläge wahrgenommen

  • Mimik, Gestik und Tonfall

  • Worte aller Art

  • Ganz allgemein die Nähe des allergieauslösenden Geschwisterkindes; in schlimmen Fällen reicht bereits seine Anwesenheit im gleichen Raum.

Ähnlich wie bei anderen Allergien nehmen auch hier die Nichtallergiker diese Auslöser als ganz und gar unproblematisch wahr, für den Geschwisterallergiker stellen sie aber eine unzumutbare Einschränkung der Lebensqualität dar. 

Symptome: Auch die Erforschung der Symptome steckt noch in den Kinderschuhen. Allgemein bekannt sind bis heute die folgenden Beschwerden, die beim Geschwisterallergiker in unterschiedlichen Schweregraden auftreten: 

  • Sehr laute Geräusche, von neutralen Beobachtern gewöhnlich als Brüllen oder Schreien bezeichnet

  • Zufällige, ungeschickte Bewegungen, die von neutralen Beobachtern und dem allergieauslösenden Geschwisterkind fälschlicherweise als Schubser, heimliche Fusstritte oder gar als Schläge wahrgenommen werden.

  • Alternativ können sich diese Bewegungen auch gegen Türen und anderes Mobiliar richten, falls das allergieauslösende Geschwisterkind rechtzeitig in Deckung gegangen ist.

  • Übermässige Produktion von Tränenflüssigkeit, begleitet von gutturalen Geräuschen in der Kehlkopfgegend, gemeinhin auch als "weinen" bekannt

  • Hektische Aktivität, die meistens dazu führt, dass Gegenstände, die dem allergieauslösenden Geschwisterkind gehören, in die Brüche gehen.

  • Schmollen, manchmal bis hin zum Selbstmitleid

  • Ein tiefes Unrechtsbewusstsein, das sich mit Aussagen wie "Immer seid ihr alle gegen mich." oder "Er/sie hat aber angefangen!" bemerkbar macht. 

Krankheitsverlauf: Die Geschwisterallergie kann schon bei sehr kleinen Kindern auftreten, erreicht ihren Höhepunkt aber meistens im Kindergarten- und Primarschulalter. Sie verläuft in akuten Schüben, die manchmal nur ein paar Tage, manchmal auch einige Monate lang andauern. In Familien mit mehreren Kindern geschieht es oft, dass nach dem Abflauen einer akuten Allergiephase ein anderes Geschwisterkind seine allergieauslösende Wirkung entfaltet. Nicht selten wandelt sich die Geschwisterallergie mit dem Eintritt in die Pubertät in eine ausgeprägte Unverträglichkeit von Eltern. 

Da sich die Allergie gewöhnlich unbemerkt in der Abgeschiedenheit des Kinderzimmers entwickelt, werden die Eltern oft erst darauf aufmerksam, wenn die Symptome gehäuft auftreten. Zu diesem Zeitpunkt ist es meist gar nicht mehr so einfach, zu erkennen, welches das allergieauslösende und welches das allergische Kind ist, denn im fortgeschrittenen Stadium leiden beide Kinder gleichermassen an den Beschwerden. 

Behandlung: Eine medikamentöse Therapie ist derzeit noch nicht möglich, alternative Methoden aus der Erziehungswissenschaft führen aber je nach Familienkonstellation zu einer Linderung der Symptome: 

  • Oft hilft es, der Sache nicht allzu viel Beachtung zu schenken und abzuwarten, denn eine akute Allergiephase dauert nur selten länger als ein, zwei Monate.  

  • Eine strikte räumliche Trennung der involvierten Kinder und klare Grenzen, wer was beim anderen darf, bis die Symptome abgeflaut sind.

  • Gemeinschaftsfördernde Familienaktivitäten, wie zum Beispiel dreiwöchige Aufenthalte in abgeschiedenen Berghütten ohne Strom und fliessendes Wasser. 

  • Temporäre Auslagerung eines der betroffenen Kinder (Mehrtägige Verwandtenbesuche, Pfadilager, etc.) Hierbei ist aber äusserste Vorsicht geboten, denn wenn eines der beiden Kinder während dieser Tage ein attraktiveres Programm hat, kann sich die Geschwisterallergie verschlimmern. 

  • Das Verdonnern der involvierten Kinder zu einem gemeinsamen Arbeitseinsatz. In manchen Fällen verschwinden damit die Allergiesymptome schlagartig, als Nebenwirkung tritt aber oft eine Verbündung der Kinder gegen die Eltern auf.

  • Eine einseitige elterliche Parteinahme ist zu verhindern, da sich die Krankheit dadurch meist mit noch aggressiveren Symptomen bemerkbar macht. 

Es kann nicht genug betont werden, dass diese alternativen Methoden zwar die Symptome lindern können, nicht aber eine komplette Genesung herbeiführen. Eltern berichten allerdings zuweilen von wundersamen Spontanheilungen, die oft im Zusammenhang mit Entwicklungsschritten stehen. 

Heilungsaussichten: Grundsätzlich sind die Aussichten auf Heilung sehr gut. Gewöhnlich wächst sich die Geschwisterallergie mit zunehmendem Alter aus und in den meisten Fällen ist die Sache spätestens beim Eintritt ins Erwachsenenalter gänzlich ausgestanden. In manchem Familien kommt es allerdings auch dann noch zu spontanen Schüben, insbesondere an Familienfesten. Diese Schübe sind aber meist von kurzer Dauer und lassen sich mit einem markigen Spruch, ein paar "Weisch no?"-Geschichten und einem Schulterklopfen leicht behandeln. Nur im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten hört man gelegentlich von dauerhaften, nicht therapiebaren Rückfällen. 

Letzte Aktualisierung: 04.07.2016, TV