Fehleinstellung - wenn das Köpfchen bei der Geburt nicht genug gebeugt ist

Von Haltungsanomalie spricht man bei einer Vorderhauptslage, Stirnlage oder Gesichtslage des Kindes unter der Geburt

Neugeborenes gleich nach der Geburt
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Das Kind liegt normalerweise in der "vorderen Hinterhauptslage", also in Längslage zum Beckeneingang der Mutter und mit dem Kopf voran, das Kinn ist zum Brustbein gebeugt. Während der Austreibungsphase, wenn der Kopf durch den äusseren Muttermund tritt, übernimmt das Hinterhaupt die Führung, während das Gesicht nach hinten schaut.

Vor dem Austritt des Kopfes dreht sich das Hinterhaupt zum Schambein, um dem folgenden Schultergürtel einen leichteren Durchtritt durch das Oval des Beckens zu ermöglichen. Nach dem Austritt dreht sich der Kopf mit dem Hinterhaupt zur Seite, damit der folgende Schultergürtel möglichst leicht durch den Ausgang des mütterlichen Beckens gleitet. Der restliche Körper rutscht dann ohne Hindernisse durch den Geburtskanal.

Bei der "hinteren Hinterhauptslage" beugt sich das Kind richtig, aber dann dreht sich das Hinterhaupt nach hinten zum Kreuzbein. Das kommt bei 0,5 bis 1% aller Geburten vor und kann die Geburt erschweren, sodass oft eine Zangengeburt oder Saugglockengeburt resultiert. Diese Haltung wird in der Umgangssprache auch  "Sternguckerli" (Sternengucker oder Sterngucker) genannt, da das Kind bei der Geburt in die Sterne schaut, falls die Mutter in Rückenlage oder sitzend gebärt.

Noch ein bisschen anders verhält es sich, wenn sich das Baby zwar in der Schädellage befindet,  aber der Kopf nicht zum Brustbein hin gebeugt ist (medizinisch: Deflexionslage).

Haltungsanomalien sind:

  • Vorderhauptslage, bei der sich das Köpfchen nicht zum Brustbein hin gebeugt hat, aber auch nicht in den Nacken gelegt ist. Der Kopfumfang ist bei dieser Haltung "nur" um zwei bis drei Zentimeter grösser als bei der Hinterhauptslage. Durch spezielle Lagerung der werdenden Mutter auf dem Gebärbett und eventuell einen grosszügigen Dammschnitt ist eine normale vaginale Geburt meist möglich.

  • Gesichtslage, bei der das Gesicht der vorangehende Teil des Kopfes ist. Das Kind hat seinen Kopf sozusagen extrem in den Nacken gelegt. Der Kopfumfang ist auch hier um ca. zwei bis vier Zentimeter vergrössert. Unter günstigen Voraussetzungen kann eine Gesichtslage dann spontan geboren werden, wenn das Kinn des Kindes vorne Richtung Schambein gerichtet ist. Eine Gesichtslage mit Kinn nach hinten Richtung Darmausgang gilt als geburtsunmöglich.

  • Stirnlage, bei der die Stirn und nicht der Hinterkopf als erstes erscheint. Der Kopf des Kindes ist zum Nacken hin gestreckt. Sie ist die ungünstigste Haltung, denn der Kopfumfang ist um bis zu sechs Zentimeter grösser als bei der Hinterhauptslage. Glücklicherweise kommt sie nur einmal unter 2-3000 Geburten vor.

Zusätzlich unterscheiden die Geburtshelfer noch sogenannte Einstellungsanomalien. In seltenen Fällen stellt sich das Ungeborene trotz Kopfbeugung nicht optimal in den Geburtskanal ein. Bei den Schädellagen kann es geschehen, dass sich der Kopf nicht quer, sondern längs zum Beckeneingang der Mutter postiert (hoher Gradstand). Das Kind schaut also nach hinten (auf das Kreuzbein der Mutter) oder nach vorne (auf das Schambein der Mutter). Hier kann man zu Geburtsbeginn durch Umlagerung der Schwangeren versuchen, die Drehung des kindlichen Kopfes in die richtige Lage zu unterstützen. Gelingt dies nicht, muss das Kind mit einem Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden.

Gelegentlich beugt sich der kindliche Kopf im mütterlichen Becken zur Seite (Scheitelbeineinstellung) oder steht quer (tiefer Querstand). Ursache ist häufig eine anatomisch ungünstige Form des mütterlichen Beckens. Dann wird das Kind ebenfalls meistens mit Kaiserschnitt geholt.

Wir danken Frau Tanja Marti für die fachliche Beratung.

Letzte Aktualisierung: 08.04.2020, BH