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                              Zweimal Zwillinge

                              zweimal Zwillinge
                              ©
                              GettyImages

                              Zuerst ein Mädchen und ein Junge, drei Jahre später noch einmal zwei Mädchen - die Familiensituation von Sandra Bolliger-Kunz ist alles andere als alltäglich und darum mussten die Eltern auch ganz eigene Wege finden, die zu dieser Familiensituation passen.  

                              Die Babyzeit war bei beiden Zwillingspaaren intensiv. Weil die Babys keinen gleichmässigen Rhythmus mit dem Trinken hatten, bestand das Leben anfangs vorwiegend aus Stillen, zuweilen 21 mal am gleichen Tag. "Stillen kann in der Anfangszeit sehr schmerzhaft sein, das sollte man sich bewusst sein", sagt Sandra Bolliger-Kunz. Dennoch findet sie es schade, dass man Zwillingsmüttern bald einmal vom Stillen abrät. Obschon sie anfangs mit wunden und blutigen Brustwarzen zu kämpfen hatte, stillte Sandra Bolliger-Kunz beide Zwillingspaare sechs Monate lang voll, danach die ersten beiden Kinder bis zum achten, das zweite Zwillingspaar bis zum neunten Monat. Nur alle vier Stunden zu stillen ging da natürlich nicht, da beim Stillen bekanntlich die Nachfrage das Angebot regelt. Erst, als sie ihre Arbeit als Flight Attendant wieder aufnahm, wurde es zu kompliziert mit dem Zuschöppeln, so dass Sandra Bolliger-Kunz abstillte. 

                              Mit dem Schlafen war das auch so eine Sache. Da die Kleinen nicht gleichzeitig hungrig waren, lagen zwischen den Mahlzeiten nie mehr als zwei Stunden. Zuweilen versuchte die Mutter, das noch schlafende Kind zu wecken, um es auch noch zu füttern, doch das klappte nicht. Zudem schrieen alle vier Babys ziemlich viel. Pucken und Hängematte - später auch eine vollautomatische Schaukel, weil die Hängematte nicht stark genug wippte - halfen zwar, doch alles in allem waren es nervenaufreibende Zeiten, vor allem auch, als die Mutter von Sandra Bolliger-Kunz überraschend verstarb, womit eine sehr engagierte Unterstützung wegfiel. 

                              Insgesamt neun Jahre lang gab es kaum eine ungestörte Nacht, das Schlafmanko der Eltern war gravierend. Um doch irgendwie über die Runden zu kommen gingen die Eltern spätestens um 22 Uhr ins Bett, auch wenn sie gerne noch etwas länger aufgeblieben wären. "Spätestens um Mitternacht ging das Geschrei wieder los, da blieb uns nichts anderes übrig, als vernünftig zu sein und uns dem Rhythmus der Kinder anzupassen", sagt Sandra Bolliger-Kunz. 

                              Auch als die Kinder grösser waren, bot der Alltag mehr als genug Herausforderungen. "Man hat zwei Gleichaltrige, von denen keines reifer ist als das andere", erklärt die Mutter. So könne es eben passieren, dass beim Waschen das eine in den Tumbler kriecht und das andere probiere, den Knopf zu drücken, wenn man nicht ganz gut auf der Hut sei. Beim Einkauf versuchen zwei kleine Kinder, sich Dinge aus dem Regal zu greifen und wenn mal wieder die Behindertenkasse geschlossen ist, wird es schwierig, überhaupt wieder aus dem Laden zu kommen. 

                              Als besonders wichtig hat es die zweifache Zwillingsmutter  empfunden, dass ihr Mann um 17 Uhr nach Hause kam und mit anpackte. "Manchmal schaute ich um 16 Uhr auf die Uhr und merkte, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte", erinnert sie sich. Wenig hilfreich erlebte die Familie die Unterstützung der Spitex, da jedes Mal jemand anders kam und man deshalb keinen Schlüssel hinterlegen konnte. "Wenn ich mal eine gute Nacht hatte mit den Kindern, dann wollte ich am Morgen mit ihnen raus, aber das ging dann nicht, weil ich auf die Spitex warten musste", sagt Sandra Bolliger-Kunz. Beim zweiten Zwillingspaar engagierte die Familie im ersten Jahr eine Praktikantin. Auf einem Ausflug mal aufs WC gehen können, sich dem schreienden Baby widmen können, weil die anderen Kinder betreut sind - solche Dinge erlebte die vierfache Mutter als sehr entlastend. Und wie könnte man Zwillingseltern sonst noch unter die Arme greifen? "Jemand, der einem Mahlzeiten vorkocht, das wäre ideal. Viele Aufgaben kann einem niemand abnehmen, aber wenn man das Essen nur aufzuwärmen braucht, ist das eine grosse Entlastung." 

                              Nach den Schwangerschaften, die zum Ende hin jeweils extrem anstrengend wurden, und dem ersten Jahr mit den Babys hatte Sandra Bolliger-Kunz jeweils nur noch einen Wunsch: Raus aus der Enge der eigenen vier Wände. Beim ersten Mal ging das noch, doch als das zweite Zwillingspaar ein Jahr alt war, hätte für die beiden Grossen der Kindergarten angefangen. Vier Kinder hätten pünktlich ausgehfertig sein müssen, während die Grossen den ganzen Morgen weg waren, waren die Kleinen wach, war am Nachmittag kein Kindergarten, konnte die Mutter trotzdem nichts mit den Kindern unternehmen, denn jetzt schliefen die Kleinen. Weil es nicht möglich war, die Kinder nur jeden zweiten Tag in den Kindergarten zu schicken, beschlossen die Eltern, auf das erste Kindergartenjahr zu verzichten.

                              In diesem Jahr machte die Mutter sich viele Gedanken: Sollten sie jetzt, wo sie nach den ersten anstrengenden Jahren endlich etwas mehr Freiheit hatten, die Kinder in das starre Schulsystem mit den hohen Präsenzzeiten zwängen? Wäre es an einer Privatschule einfacher? Konnte sie ihren Kindern das, was sie in den ersten Schuljahren lernen, nicht auch selber beibringen? Im zweiten Jahr besuchten die beiden grossen Zwillinge zwar den Kindergarten, danach aber beschlossen die Eltern, das Experiment Homeschooling zu wagen. Ihr Mann sei zwar anfangs skeptisch gewesen, sagt Sandra Bolliger-Kunz, doch inzwischen unterrichtet die Mutter alle vier Kinder zu Hause. Im Winter, wenn hier in der Schweiz die Erkältungs- und Grippesaison anfängt, fliegt die Mutter mit den Kindern ins sonnige Florida, denn unterrichten kann sie auch dort. Während sie in der Schweiz von manchen Leuten wegen ihrer Entscheidung nicht verstanden und zuweilen nicht mal mehr gegrüsst wird, erlebt Sandra Bolliger-Kunz in den USA eine grosse Akzeptanz für Homeschooling. Die Möglichkeit, sich den Alltag nicht durch das starre Schulsystem bestimmen zu lassen und im Winter der Kälte zu entfliehen, empfinden die Eltern als ihre ganz persönliche, grosse Freiheit. 

                              Der Zusammenhalt unter den Kindern sei sehr gross, sagt die Sandra Bolliger-Kunz. Ob es daran liegt, dass sie Zwillinge sind, oder ob es am Homeschooling liegt, weiss sie nicht. Die zwei jüngeren Töchter sind wie beste Freundinnen, die ältere Tochter und der Sohn haben ebenfalls eine sehr enge Bindung, obschon sie von Aussenstehenden kaum mehr als Zwillinge wahrgenommen werden. Und da alle vier vom Charakter her ganz unterschiedlich sind, fällt es den Eltern auch nicht schwer, jedes als eine ganz eigene Persönlichkeit wahrzunehmen. 

                              Unter www.mehrlingsverein.ch finden Sie Adressen, wenn Sie sich mit anderen Mehrlingseltern vernetzen möchten. Viele praktische Tipps für den Alltag mit Zwillingen gibt's bei doublyblessedblog.

                              Aus der Forschung


                              Letzte Aktualisierung: 14.03.2022, TV