Fast jede 5. Frau und jeder 7. Mann hat in der Jugend sexuelle Gewalt erlebt

Weltweit hat fast jede fünfte Frau und jeder siebte Mann in der Kindheits- und Jugendzeit sexuelle Gewalt erlebt. Dies belegt eine Studie, die am Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der University of Washington School of Medicine durchgeführt und in "The Lancet" veröffentlicht wurde. Für die Analyse stützte sich das Forschungsteam auf öffentlich zugängliche Quellen wie zum Beispiel den Global Health Data Exchange oder die WHO-Datenbank zur Prävalenz von Gewalt gegen Frauen. Die Studie schätzt die Prävalenz von sexueller Gewalt für 204 Länder nach Alter und Geschlecht für den Zeitraum von 1990 bis 2023 und berücksichtigt das Alter, in dem Betroffene zum ersten Mal sexuelle Gewalt erfahren haben. 

67 Prozent der Frauen und 72 Prozent der Männer im Alter von 13 bis 24 Jahren, die sexuelle Gewalt erlebt hatten, gaben an, vor dem 18. Altersjahr zum ersten Mal sexuell missbraucht worden zu sein. Fast 42 Prozent der Frauen und etwa 48 Prozent der Männer gaben an, dass sie vor dem Alter von 16 Jahren zum ersten Mal sexuelle Gewalt erlebt hatten. Als alarmierend erachtet das Forschungsteam insbesondere die Tatsache, dass 8 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer angaben, vor dem 12. Lebensjahr missbraucht worden zu sein. 

Im Jahr 2023 blieb die weltweite Prävalenz von sexueller Gewalt hoch und gegenüber 1990 nahezu unverändert: Fast 19 Prozent der Frauen und fast 15 Prozent der Männer hatten sexuelle Gewalt erlebt. Ob die Betroffenen in einem Land mit niedrigem, mittlerem oder hohem Einkommen lebten, machte keinen Unterschied - der Anteil der sexuellen Gewalt war erheblich. Die Länder mit der höchsten Prävalenz bei den Frauen waren die Salomonen mit fast 43 Prozent, die Elfenbeinküste mit 32 Prozent, Chile mit 31 Prozent sowie Indien und Costa Rica mit fast 31 Prozent. Bei den Männern waren Côte d'Ivoire und Bangladesh mit 28 Prozent, Botswana mit 27 Prozent, Haiti mit 26 Prozent und Nigeria mit 24 Prozent die Länder mit der höchsten Prävalenz. 

Angesichts der spärlichen Datenlage und der anhaltenden Probleme bei der Messung würden die Studienergebnisse die tatsächliche Verbreitung von sexueller Gewalt wohl unterschätzen, schreibt das Forschungsteam. Ein überwältigend hoher Anteil der Betroffenen habe sexuelle Gewalt in der Kindheit erlebt, was ein enges, aber sensibles Zeitfenster offenbare, auf das künftige Präventionsbemühungen ausgerichtet werden sollten. Es sei ein moralischer Imperativ, Kinder vor Gewalt zu schützen und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die lebenslange Gesundheit abzumildern. 

Quelle: The Lancet