Erlebnisbericht: Die äussere Drehung (äussere Wendung) des Babys in einer Universitäts-Frauenklinik

Frauenhände halten die Hand einer liegenden Schwangeren
©
iStock

Voruntersuchung am Dienstagnachmittag


Ich wurde bereits von der Hebamme erwartet. Nach der üblichen Urinuntersuchung wurde zuerst ein halbstündiges CTG gemacht – dem Kind ging es sehr gut, von daher stand einer äusseren Drehung nichts im Wege. Die anschliessende Ultraschalluntersuchung ergab, dass das Kind sich noch immer in der Beckenendlage (BEL) befand.

Nun kam die Narkoseärztin und klärte mich auf, was für Anästhesien im Falle eines notwendigen Kaiserschnitts (Sectio) gemacht würden: Wenn es ganz schnell gehen muss, dann Vollnarkose, als nächste Methode die Spinalanästhesie (ähnlich der Periduralanästhesie wird der untere Körperabschnitt betäubt, jedoch wird dabei das Narkotikum direkt zwischen die Rückenwirbel eingespritzt, deren Umgebung zuvor leicht lokal betäubt wird). Wenn eine Sectio zwar erforderlich ist, jedoch genügend Zeit da ist, so wird evtl. eine PDA (Periduralanästhesie) gelegt. Die notwendigen Formalitäten bzw. die Vorgeschichte (Anamnese) wurde noch durchgecheckt und schliesslich unterschrieben.

Danach kam die erste Oberärztin und ich konnte alles fragen, was ich auf dem Herzen hatte. Sie erklärte mir, dass sie das Kind zu zweit drehen würden, d.h. mit einer zweiten Oberärztin, und zwar auf eine schonende und langsame Methode und dass ich jederzeit Stopp sagen könne, falls es mir weh täte oder ich eine Pause nötig hätte. So stellte sich auch die zweite Oberärztin vor und wir plauderten noch ein Weilchen, bis aber auch alle Fragen meinerseits gründlich beantwortet waren.

Zum Schluss hatte ich die Möglichkeit, mich zu entscheiden, ob ich lieber zu Hause schlafen möchte oder gleich im Spital bleiben – der flehende Blick meines Mannes liessen mich für’s Daheimschlafen entscheiden.

Wendung am Mittwoch 


Nach einer wachgelegenen Nacht mit Ausnahme zweier unruhiger Schlafstunden trabten wir also pünktlich auf der Gebärabteilung an – wo wir bereits von einer gemütlich wirkenden, älteren Hebamme empfangen wurden. Sie brachte mich ins Überwachungszimmer des OP 8, ein freundlich wirkendes Zimmer mit direktem Inneneingang zum OP, ausgestattet mit allem Drum und Dran. Nun wurde wieder ein halbstündiges CTG gemacht und mir währenddessen auch die Infusion mit wehenhemmenden Mitteln gesteckt. Ich bekam noch den abscheulichsten Trank, den ich je geschluckt hatte, einen Säureblocker – für den Fall eines Kaiserschnittes, damit keine Magensäure in den Ösophagus gelangen kann. Zuletzt wurde noch ein Ultraschall gemacht, um nachzusehen, ob sich das Kind eventuell doch noch selber gedreht hat....was natürlich nicht der Fall war.

Weil inzwischen Nacht-Tagschichtwechsel war verabschiedete ich mich von der lieben Hebamme, die mich noch etwas verwundert fragte, warum ich eigentlich keine BEL-Geburt wünsche, das sei doch fast kein Unterschied. Da sagte ich zu ihr, dass meine Aufklärung darüber wohl zu mangelhaft gewesen sei und ich ein völlig falsches Bild gewonnen hätte – nun, diese Frau hatte jede Menge Erfahrung mit BEL-Geburten und wusste wovon sie sprach. Falls die Drehung nicht zum gewünschten Erfolg führen würde, konnte ich mich ja jederzeit noch zur Spontangeburt entscheiden – dann allerdings nicht im Wasser, da BEL-Geburten grundsätzlich nicht im Wasser durchgeführt würden. Die Tag-Hebamme war eine noch sehr junge, aber nicht minder sympathische Frau. Während die letzten Vorbereitungen getroffen wurden (ein leichtes Schmerzmittel wurde der Infusion beigefügt), machte sich bei mir die durchwachte Nacht bemerkbar mit einer bleiernen, fast schmerzhaften Müdigkeit – ich wünschte mir, ich könnte dem ganzen irgendwie entrinnen und schlafen. Nachdem ich von meinem Kleinen einen kräftigen Tritt in die Blase bekam, hatte ich plötzlich das dringende Bedürfnis zur Toilette und ich fragte, ob ich gehen dürfe – oh, Schreck lass nach, da sagte die Hebamme, dass sie mir gleich den Katheter legen würde. Zaghaft fragte ich, warum denn dies nötig sei in der Hoffnung, sie würde es nicht tun – da sagte sie, dass, falls eine Sectio notwendig würde, eine gefüllte Blase verletzt werden könne – da gab ich auf und liess es über mich ergehen....leider liess der Druck in der Blase überhaupt nicht nach. Die Hebamme zog sich die grünen Kleider an und nahm nun auch meinen Mann mit und zeigte ihm, wo und wie auch er sich umziehen sollte.

Punkt 8:00h, wie geplant, wurde ich in den OP gerollt und zwei OP-Schwestern begrüssten mich und stellten sich vor – nun musste ich, welche Schwerstarbeit, mich wie ein Käfer auf dem Rücken auf den OP-Tisch hieven. Die beiden Teams, das Gebärsaalteam und das OP-Team, versammelten sich und stellten sich nacheinander jede/r persönlich vor. 2 Hebammen, 2 Schwestern, 2 Oberärztinnen, 1 Oberarzt, 2 Narkoseärztinnen, 1 Narkosearzt, meine Ärztin - dann kam noch einer und ich sah in die schönsten dunklen Augen, die ich mir vorstellen konnte, mir wurde ganz warm – peinlich aber wahr, ich war einen Moment einfach nicht mehr sicher, ob dies nun wirklich mein Mann oder ein junger Arzt war, aber so mit Kappe und Nasenschutz war das wirklich nicht ganz einfach. Mag sein, dass es noch mehr Leute waren, aber ich weiss es nicht mehr. Ich hatte mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen. Durch das liegen auf dem harten OP-Tisch verklemmte sich mein Ischiasnerv und ich war so nicht in der Lage ruhig zu liegen, also wurden sämtliche Methoden ausprobiert damit mir ein einigermassen entspanntes Liegen möglich gemacht werden konnte. Überall wurde ich verkabelt, verdrahtet und verschlaucht, CTG angehängt, Ultraschall aufgelegt, diverse Mittel noch in die Venen gespritzt – den Sauerstoff in der Nase mochte ich allerdings. Ich bekam warme Decken, die durch einen föhnartigen Schlauch beheizt wurden und ...und ...und... Dennoch begann sich Panik bei mir breit zu machen. Ich fühlte mich plötzlich wie in einem fürchterlich engen Gefängnis, so viele Elektroden, Schläuche usw. und dann noch umringt von so vielen grünen, maskierten Personen – ganz verzweifelt versuchte ich noch einmal den Kopf nach links hinten zu wenden, um kurz einen Blick mit meinem Mann zu tauschen – dann schloss ich einfach die Augen und war soooo müde und ergab mich in die vielen Hände.

Und nun begannen sie, was mein Mann mir später erzählte: Die eine Oberärztin schob mit beiden Händen das kindliche Gesäss aus meinem Becken nach oben, während die zweite Oberärztin das Babyköpfchen vorsichtig nach innen schob und langsam nach unten drückte. Währenddessen sprach über meinem Kopf jemand unaufhörlich beruhigende Worte auf mich ein, wie tapfer ich doch sei - dann bekam ich Befehle wie ich atmen solle – dann sagten sie, dass der Kopf nun in der Mitte sei (gegen meinen Rücken gerichtet). Ich war total entspannt, ich liess einfach alles geschehen und tat nur was mir befohlen wurde, nämlich richtig mitzuatmen. Dann kam der Narkosearzt und sagte, dass mir nun ein Mittel verabreicht würde und es in meinem Kopf warm werden würde – dann ging es gar nicht mehr lange und alle freuten sich und teilten mir nun mit, dass das Kind nun vollständig gedreht sei und somit ganz mit dem Kopf nach unten liege. Während des ganzen Ablaufs hatte ich meine Augen geschlossen gehalten und liess mich einfach treiben. Ich wurde oft befragt, ob ich Schmerzen hätte, doch dies konnte ich immer verneinen und dachte immer wann kommt der Schmerz? – Es erinnerte mich eher an die Austreibungsphase der Geburt, aber völlig ohne Pressen und Schmerz, einfach nur ein Druck, der Schmerz kam gar nicht. Das Stecken der Infusion und der verklemmte Ischiasnerv am Anfang hatten mir viel mehr Beschwerden bereitet als die Drehung des Kindes. Während des gesamten Ablaufs wurde immer das Kind am Ultraschall beobachtet – was sehr erstaunlich war, es ging dem Kleinen einfach gut, das Kind war ungefähr genauso ruhig wie ich selber. Ich bekam sehr viel lobende Worte von den Ärztinnen zu hören, dass sie es nur ganz selten erleben würden, dass eine Frau so loslassen könne wie ich dies tat – tja, niemand von ihnen konnte wissen, dass ich todmüde war und dass ich mich vor lauter Angst so ergeben habe....

Nach einer knappen Stunde war das aufwendige Procedere vorbei und ich durfte ins Zimmer zurück, diesmal selbst laufend – und der unangenehme Katheter wurde sofort entfernt. Nun bekamen mein Mann und ich ein schönes Frühstück und ich „schaufelte“ mal wieder wie schon lange nicht mehr, denn irgendwie hatte ich nun wieder viel Platz im Bauch. Dann wurde ich schläfrig, ebenso mein Mann, und er sagte, dass er ein bisschen nach Hause gehe und etwa um 13:00 h wieder käme. Ich schlief alsbald ein, solange, bis die Hebamme mich mit einem erneuten CTG weckte. Dann kam das Mittagessen, und wieder schlug ich erbarmungslos zu. Dann fragte ich, ob ich mir am Kiosk ein Heftli holen dürfe, was mir gestattet wurde – als ich zurückkam, sass schon mein Mann am Bett und mit seinem süssen vorwurfsvollen Blick meinte er, dass er schon lange warte – und warum ich ihm nichts zu essen übrig gelassen hätte.....schäm, stimmt, ich hab ganz vergessen, dass wir doch seit vier Jahren immer aus einem Teller gegessen hatten und uns jede Banane geteilt hatten....

Nun wurde mir noch Blut abgenommen, um sicher zu gehen, dass sich kein fetales Blut in meinem befand, noch ein CTG, ein Ultraschall und dann endlich um 15:00 h durfte ich nach Hause, selbstverständlich nicht ohne einen Terminzettel für die Nachuntersuchung.

Zu Hause machte sich dann so nach und nach die Erschöpfung breit. Ich musste mich auch an das neue Körpergefühl gewöhnen – hatte plötzlich derart viel Luft, dass mir schon fast unheimlich wurde. So legte ich mich hin, und nun begann das Kleine seinem Ärger kräftig Platz zu machen, die Kindsbewegungen waren richtig unangenehm und heftig. Der Bauch schmerzte und an Entspannung war nicht im Geringsten zu denken. Tja, auch die Nacht verlief sehr unruhig, als ob ich ein kleines Nilpferd im Bauch hätte – im Laufe des Tages wurde dann alles ruhiger und erträglicher im Bauch. 

Nachuntersuchung am Donnerstag


Urinuntersuchung, CTG wie immer gut. Die Hebamme war währenddessen im Nebenzimmer, und als das Baby auf seine gewohnte, heftige Weise zu boxen und strampeln begann, konnte sie es von dort aus hören und sah voller Erstaunen auf meinen rumpelnden Bauch. Dann kam meine Ärztin und meinte, dass heute das ganze Haus schon auf Osterbetrieb eingestellt sei, fast kein Personal und jede Menge Frauen mit Fruchtwasserabgängen, die gebären wollten – auch zwischen meiner Untersuchung hatte sie noch schnell mal eine Geburt. Sie tastete meinen Bauch ab und guckte ganz schief, und meinte es habe sich wieder umgedreht. Die Hebamme aber meinte zu ihr, dass ich derart oft zur Toilette müsse, dass dies eher dafür spreche, dass der Kopf noch unten sei. Ich sagte zu ihr, dass ich es gewiss bemerkt hätte, wenn es sich gedreht hätte – und dass ich das Kleine für viel zu faul halte, dies zu tun. Sie sah mich an, als ob sie mir nicht glaube. Da sagte ich zu ihr, dass ich, verglichen mit meinen letzten drei Kindern, zu diesem Kind eine wesentlich nähere Beziehung aufgebaut hätte. Habe auch die ganzen 9 Monate nicht gearbeitet, sondern immer Zeit gehabt für Schwangerschaft und Baby. Das Kleine weiss zwar heftig zu strampeln, aber nach 10 Minuten ist es meist müde und schläft wieder weiter. Es war genauso faul, sich aus der BEL umzudrehen, so lange es noch gut möglich gewesen wäre, und nachher hat es sich nicht einmal darum bemüht. Es hockte einfach wie ein Känguruh in meinem Bauch. Der Ultraschall bestätigte das dann auch – es lag also noch immer mit dem Kopf unten. Der Kaiserschnitt-Termin wurde annulliert, und mein nächster Termin in zwei Wochen verabredet. Als ich zu ihr sagte, dass ich in den nächsten Tagen Himbeerblättertee trinken wolle, meinte sie zu mir, ich solle mich doch einfach nur entspannen und geniessen, bis es kommen wolle...und genau das werde ich jetzt tun.

In jedem Fall, auch wenn’s aufwendig und anstrengend war, bereue ich diese Wendung nicht – sondern fühle mich sehr glücklich und wenn nichts mehr schief läuft, kann ich nun einer Spontangeburt, hoffentlich im Wasser, entgegenblicken. Mein Haupttipp an alle, die dies einmal machen lassen möchten: Entspannen und sich völlig gehen lassen.

Aufgeschrieben von unserem Forums-Mitglied "Khadija"

Letzte Aktualisierung: 08.04.2020, BH