Helfen Bernsteinketten gegen die Schmerzen, wenn mein Baby zahnt?
Für die Behandlung von Zahnungsbeschwerden gibt es allerlei abergläubische Vorstellungen. In vielen Gegenden wurde das zahnende Kind „besprochen“ – ein Brauch, der bei Warzen auch heute noch weit verbreitet ist. In Bayern nagelte man die Kieferknochen eines geschlachteten Hasen rechts und links an das Bett des zahnenden Kindes. In Franken rieben Hebammen das Zahnfleisch des Säuglings mit Weihwasser ein, um ihm das Zahnen zu erleichtern, in Thüringen liess man zahnende Kinder von einem Hund belecken.
Viele Jahrhunderte lang galt das Tragen eines Amuletts als ein probates Mittel gegen Zahnungsbeschwerden von Babys. Besonders weit verbreitet war der Gebrauch von Korallenketten, aber auch von Glasperlen, Gold- und Silberketten, Samtbändern mit einem eingenähten Magnet, Bernsteinketten oder Ketten aus Malachit. Es entstand sogar eine Wissenschaft namens „Lithotherapie“ (gr. „lithos“ = Stein), deren Verfahren selbst in pharmazeutischen Lehrbüchern abgehandelt wurden.
Besonders dem Bernstein sprach man ein bedeutendes Heilvermögen zu und man glaubte schon einer Ansteckung vorzubeugen, wenn man ihn bloss im Mund hielt. Man nahm an, dass ein Halsband aus Bernstein seinen Träger vor Hexerei und schlechten Wünschen schützt. So wurden Ketten aus versteinertem Harz (Bernstein, echt oder gefälscht) ein besonders beliebtes Mittel gegen Zahnungsschmerzen von Säuglingen, oft als Geschenk für junge Eltern zur Geburt. Wissenschaftliche Beweise gibt es dafür nicht. Aber man kann ja trotzdem daran glauben - frei nach dem Motto "Nützt es nicht, so schadet's nicht"...
Steinheilkundler raten, den Bernstein direkt auf der Haut zu tragen. Jedes Kind soll eine eigene Kette haben, weil sich die Schwingungen des Trägers auf die Kette übertragen. Deshalb ist es angeblich auch günstig, wenn die Mutter die Kette eine Zeitlang trägt, bevor sie diese an das Kind weitergibt.
Ungefährlich sind Bernsteinketten keineswegs: Die Ketten können das Kind beim Spielen und auch beim Schlafen verletzen und sogar strangulieren, wenn sie sich irgendwo verhaken. Derartige Strangulationen stellen in den USA die häufigste gewaltsame Todesursache bei Kindern unter einem Jahr dar. Ihre Häufigkeit hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Achten Sie sicherheitshalber darauf, dass die Steine einzeln verknotet sind. Bei starker Belastung sollte sich ein Sicherheitsverschluss öffnen, aber die Schnur darf nicht reissen, wenn Ihr Kind damit beim Spielen hängen bleibt. Es besteht die Gefahr, dass das Kind Steine in den Mund nimmt und verschluckt oder dass es sie in Nase und Ohren steckt.
Wenn das Zahnen dem Baby Beschwerden macht, tut es ihm gut, auf etwas herumkauen zu können. Mit Wasser gefüllte und gekühlte Beissringe (nicht aus dem Tiefkühlfach!) eignen sich dazu besonders gut. Auch andere Spielsachen zum Herumkauen sollten glatt sein und keine Kanten haben, damit es keine Verletzungen des Zahnfleisches gibt. Oft hilft es auch, die Zahnleiste des Babys mit dem Finger zu massieren. Flüssige Zahnungsmittel aus der Apotheke enthalten betäubende Substanzen sowie entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkstoffe, meistens allerdings auch Alkohol.
Mit essbaren Zahnungsmitteln sollten Eltern eher vorsichtig sein, sagt die Stiftung Kindergesundheit: Aus den oft zum Kauen empfohlenen Karotten oder harten Brotrinden können leicht kleine Stücke abbrechen und in den falschen Hals geraten – es droht Erstickungsgefahr.
Quelle: Stiftung Kindergesundheit