Schwangerschaftsdemenz – gibt es das?

Schwangere (und auch Stillende) können sich schlecht konzentrieren und neigen zu Verwirrtheit und Vergesslichkeit – das ist bekannt.

Schwangere fasst sich an den Kopf
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Rund 80 Prozent der werdenden und jungen Mütter kämpfen mit einem schlechten Gedächtnis, auch die, die ansonsten perfekt strukturiert leben. Aber warum ist das so, was kann man dagegen tun und wann wird das „Baby Brain“ kritisch?

Vergesslichkeit ist noch keine Demenz


Haustür nicht abgeschlossen, Arzttermin verbaselt, Ewigkeiten nach dem Schlüssel gesucht, Wörter und Namen vergessen… Ist das die legendäre Schwangerschaftsdemenz? Nein, mit einer Demenz hat das nichts zu tun. Am Gehirn der betroffenen Frauen konnte man bisher keinerlei degenerative strukturelle Veränderungen nachweisen, es gehen auch keine Gehirnzellen verloren. Im Gegenteil: Das Hirnvolumen nimmt bei Müttern nach der Geburt sogar deutlich zu. Und tröstlich ist auch, dass die Vergesslichkeit spätestens nach der Stillzeit wieder verschwinden wird.

Häufige Fragen zum Thema

Fast alle Schwangeren beklagen sich über Vergesslichkeit. Humorvolle und erfahrene Mütter reden sogar von der "Schwangerschaftsdemenz" oder "Stilldemenz". Und das scheint keine Einbildung zu sein. Forscher haben Hinweise dafür gefunden, dass die Hirnmasse von Frauen im letzten …

Das Gehirn konzentriert sich auf das Wesentliche


Andererseits ist das Phänomen mehr als Einbildung. Verschiedene Studien belegen, dass während Schwangerschaft und Stillzeit vor allem höhere Gedächtnisleistungen reduziert sind. Das zeigt sich z.B. darin, dass Schwangere oder Stillende weniger gut komplexe Handlungen oder Termine in der Zukunft planen oder ihre Gefühle regulieren können.

Die Ursache dafür ist einleuchtend: Die Aufmerksamkeit der Schwangeren richtet sich jetzt auf einen speziellen Lebensbereich und alles andere ist unwichtig und wird ausgeblendet. Werdende Mütter sind so intensiv mit den Veränderungen ihres Körpers (Müdigkeit, Schlaflosigkeit und vieles andere) und des zukünftigen Alltags beschäftigt,  da ist es nicht verwunderlich, wenn die Konzentration manchmal nachlässt. Nach der Geburt ist der „Tunnelblick“ sehr wichtig, weil er das Neugeborene schützt und die enge Bindung zwischen Mutter und Kind fördert.

Die Hormone sind schuld


Wie immer in der Schwangerschaft spielen auch hier hormonelle Veränderungen eine wichtige Rolle. Das Stresshormon Cortisol ist dauerhaft erhöht und beeinträchtigt die Gehirnfunktion. Äussere Faktoren, wie Angst vor der Geburt oder der Rolle als Mutter, Probleme in der Partnerschaft oder im Beruf wirken wie zusätzliche Stresserzeuger. Die Spiegel von Progesteron und Östrogen fallen mit der Geburt des Kindes und der Ausstossung der Plazenta, während jene von Oxytocin („Kuschelhormon“) und Prolaktin („Milchbildungshormon“) ansteigen. Das fördert die Bindung zwischen Mutter und Kind, während alltägliche Handlungen und Abläufe zu kurz kommen oder schlicht vergessen werden. Hinzu kommt der Schlafmangel sowohl vor als auch nach der Geburt, der die Konzentrations- und Merkfähigkeit deutlich vermindert.

Was kann man gegen die Konzentrationsstörungen tun?


Ein Allheilmittel gegen die Vergesslichkeit bei Schwangeren oder Stillenden gibt es nicht. Aber mit ein paar kleinen Verhaltensänderungen lassen sich die Symptome der Schwangerschaftsdemenz oder Stilldemenz etwas lindern:

Achtung, Depression?


Können auch echte Depressionen dahinterstecken? Wenn sich neben der Vergesslichkeit auch Symptome wie Traurigkeit, Antriebslosigkeit oder Überforderung zeigen, kann dies ein Zeichen für eine Schwangerschaftsdepression sein. Dann sollten Sie unbedingt einen Arzt um Rat fragen.

Letzte Aktualisierung: 04.09.2023, BH