Zigaretten und Väter


Mein Titel ist irreführend. Ich schreibe nicht über den ständig qualmenden Pepe. Zumindest nicht primär über ihn. Aber über seine Konkurrenz. Und über meinen Hausarzt. Und natürlich über meinen fantasievollen Sohn. Aber schön der Reihe nach:

Sie kennen das. Kinder neigen dazu, ihre Eltern in der Öffentlichkeit blosszustellen, ja, sie im besten Fall so zu blamieren, dass die Röte unbarmherzig ins Gesicht schiesst. Da geht es um ganz alltägliche Dinge, einkaufen beispielsweise, quengeln an der Kasse, in der Badi nicht aufs Klo sondern an den erstbesten Pfosten pinkeln. Das ist normal. Weniger normal ist es, wenn sich ein Dreikäsehoch beim mütterlichen Hausarztbesuch zu Wort meldet. Kürzlich bei uns so geschehen. Ich hatte was mit dem Magen (Helicobacter, furchtbar anstrengende Viecher, denen nur mit viel Gift entgegenzuwirken ist).

Nun, für meinen Hausarzt waren diese Bakterien ein Risikofaktor. Den anderen, viel grösseren, ortet der gute Mann bei meiner Rauchsucht. Sicher, alles was er sagt, stimmt. Nur – es ist so verdammt schwierig, damit aufzuhören. Nun gut, der Arzt fragte meinen kleinen Mann: „Wie wäre das, wenn Mami nicht mehr rauchen würde?“ Der Kleine, nicht faul, antwortete wie immer prompt: „Das wäre sehr gut.“ Eine tolle Antwort. Hätte er nicht nachgedoppelt: „Ig roucke nume Chätschgummi-Zigis!“ Mein Gesicht rot, die Augenbrauen des Arztes weit oben.

Aber lassen wir das. Noch schlimmer ist es, wenn mein Sohn, wenn ich von seinem Papi rede, in der Öffentlichkeit immerzu fragt: „Mami, welcher Papi?“

Erst ignorierte ich die Frage. Beschloss dann, eine Gegenfrage zu stellen. „Ja, welcher Papi wohl?! Hast du mehr als einen?“ Wieder ne prompte Antwort: „Ja, ig ha zwe Papi!“ Das verblüffte mich echt. Denn da gibt es nichts, was ich verheimlichen würde. Ich – und irgendwann auch Pepe, der die Aussagen seines Sohnes mit erstaunter Miene zur Kenntnis nahm – fragten nach: „Wer ist dein anderer Papi?“ – „Er wohnt im gelben Haus neben der Spielgruppe.“ Aha. Ich dachte nach. Da wohnt keiner, den ich kennen würde. Da gibt’s doch glaub gar kein gelbes Haus. Egal. Sohnemann fabulierte weiter: „Mein anderer Papi ist krank. Er hat noch viele andere Kinder.“ Puh! Ich dachte, wenn ich das Thema ruhen lasse, löst sich diese Fantasie in Schall und Rauch auf. Aber nein! Der andere Papi gedeiht weiter.

Ich wage schon gar nicht mehr, in der Öffentlichkeit den Papi Pepe zu erwähnen, weil gleich der andere ins Spiel gebracht wird. Und so langsam habe ich den Eindruck, dass kein Schwein mir glaubt, dass da bei mir alles mit rechten Dingen zugeht, respektive zugegangen ist. Denn plötzlich höre ich so Spürche wie: „Schon eigenartig, dass Goja so blaue Augen hat, wo Pepe doch so dunkle…“ Und so weiter. Ich gelobe: Goja sieht seinem Papi Pepe (bis auf die Augen- und Haarfarbe) verdammt ähnlich, und ich habe es langsam satt, mich in aller Öffentlichkeit ständig zu rechtfertigen.

Letzte Aktualisierung: 11.08.2016, VZ