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                              Fieber im Kindesalter

                              Prof. Schaad gibt im Interview Auskunft über die Gründe, weshalb Kleinkinder rasch mit Fieber reagieren und was man dagegen tun kann.

                              Hand misst an der Stirne die Themperatur
                              ©
                              GettyImages

                              swissmom: Fieber bei Kleinkindern, wie häufig kommt das vor?

                              Prof. Schaad: Fieber ist der häufigste Anlass für Eltern, mit ihren Kindern einen Arzt aufzusuchen; in der Kinderarztpraxis und auch auf der Notfallstation im Kinderspital steht das Symptom Fieber bei 30-50% der Konsultationen im Vordergrund.

                              swissmom: Die menschliche Körpertemperatur wird von einem speziellen Regulationszentrum gesteuert, wo befindet sich dies?

                              Prof. Schaad: Dieses Regulationszentrum befindet sich im unteren Bereich des Zwischenhirns (Hypothalamus).

                              swissmom: Wo wird die Körperwärme gebildet? Warum reagieren Säuglinge und Kleinkinder rascher mit Fieber?

                              Prof. Schaad: Die Körperwärme wird in der Leber, in der Muskulatur und im Fett produziert; die Abgabe der Wärme erfolgt über Strahlung, Verdunstung und direkten Kontakt zwischen Haut und „festem Material“ (Kleidung, Bettzeug, Badewasser). Je jünger der Patient ist, desto „unreifer“ ist seine Wärmeproduktion und desto „ausgeprägter“ ist seine Wärmeabgabe; die Abgabe der Wärme erfolgt über die Haut und je kleiner der Patient desto grösser ist seine Körperoberfläche (Haut) im Verhältnis zum Körpergewicht.

                              Zur Person

                              Prof. Urs B. Schaad

                              Prof. Urs B. Schaad ist Ärztlicher Direktor und Chefarzt Pädiatrie am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB), Spezialist für Infektionskrankheiten und Impffragen im Kindes- und Jugendalter.

                              swissmom: Was kann Fieber erzeugen? Wie äussert sich Fieber? Wann spricht der Arzt / die Ärztin überhaupt von Fieber?

                              Prof. Schaad: Verschiedene fiebererzeugende Substanzen von Infektionserregern (Bakterien, Viren) und Entzündungszellen (weisse Blutkörperchen) können das Temperaturregulationszentrum auf einen höheren Wert einstellen: Der Körper reagiert mit Muskelzittern oder Schüttelfrost, um die zusätzliche Wärme zu erzeugen. Die Körpertemperatur schwankt normalerweise zwischen 36,5° C und 38,0° C (gemessen im Enddarm). Von eigentlichem Fieber sprechen wir bei einer Körpertemperatur von 38,5° C und mehr wenn wir sie im Enddarm (rektal) oder im Mund (oral) messen oder 38,0° C und mehr wenn wir sie in der Achsel (axillär) oder an der Stirn (frontal) messen. 

                              swissmom: Sprechen wir von akutem Fieber. Welche Ursachen stecken dahinter?

                              Prof. Schaad: Akutes Fieber bedeutet neu aufgetretenes Fieber bei in der Regel vorgängig gesundem Kind. Die Ursachen des akuten Fiebers sind:

                              • Häufige Infektionskrankheiten (MittelohrentzündungAnginaGrippe mit Atemsweg- oder Magen-Darm-Symptom). 

                              • Seltene Infektionskrankheiten (Harnwegsinfekt, klassische Kinderkrankheiten mit Hautausschlag, Hirnhautentzündung, Lungenentzündung, Blindarmentzündung u.a.m.).

                              • Zu hohe Umgebungstemperatur (z.B. starke Sonneneinstrahlung und heisses Klima, überheizte Wohnung, zu warme Kleider oder zu warmes Bettzeug).

                              • Austrocknung (sogenanntes Durstfieber), bei Brechdurchfall oder bei zu geringer Trinkmenge.

                              • Seltene Fälle (z.B. Reaktion auf Impfung, Überempfindlichkeit auf Medikamente oder Nahrungsmittel, Fieber im Zusammenhang mit Zahnen – normales Zahnen ist keine Fieberursache, Fieber kann jedoch die Zahnbildung antreiben!).

                              • Sehr seltene Fälle (z.B. Drüsenkrankheit, Hirnentzündung, bösartige Krankheit, u.a.m.).

                              Bei wochenlang andauernden Fieberzuständen sprechen wir von chronischem Fieber: Hier kommen als Ursache verschiedenste, teils schwierig zu diagnostizierende Krankheiten in Betracht; derartige Fälle müssen im Kinderspital abgeklärt werden.

                              swissmom: Wann müssen die Kinder mit Fieber sofort in ärztliche Behandlung (Kinderarzt, Allgemeinpraktiker, Kinderspital) gebracht werden? Können Sie die Situationen beschreiben?

                              Prof. Schaad: Kinder mit akut (neu) aufgetretenem Fieber müssen sofort zum Arzt oder ins Kinderspital gebracht werden, falls eine der folgenden Situationen vorliegt:

                              • Krämpfe, Schläfrigkeit oder Apathie, schlechtes Aussehen, Reizbarkeit, Berührungsempfindlichkeit, Hautblutungen

                              • Sehr hohes Fieber, d.h. 41°C oder mehr

                              • Verdacht auf Infektionskrankheit

                              • Deutliche Austrocknung

                              • Fieberdauer länger als zwei bis drei Tage

                              • Fieber während der ersten zwei Lebensmonate

                              • Wenn eine Vorkrankheit besteht, bei der Fieber sofort abgeklärt werden muss (z.B. Abwehrschwäche, Krebskrankheit oder Unterernährung)

                              Falls keine dieser Situation zutrifft und das Kind nicht in die Arztpraxis gebracht werden muss, übernehmen Eltern oder Betreuungspersonen die Pflege des Kindes gemäss Absprache mit Hausarzt/Hausärztin.

                              swissmom: Wann soll Fieber behandelt werden?

                              Prof. Schaad: Für eine Behandlung von Fieber sprechen folgende Gründe:
                              Fieber belastet das Kind. Das Kind fühlt sich schlecht, sein Allgemeinzustand ist beeinträchtigt, Fieberkrämpfe können vorkommen, Fieber kann gewisse Krankheitsprozesse verstärken.

                              swissmom: Was spricht gegen eine Behandlung von Fieber?

                              Prof. Schaad: Gegen eine Behandlung von Fieber sprechen folgende Gründe: Fieber kann typische Krankheitssymptome verwischen, Fieber fördert gewisse Körperabwehrprozesse und bekämpft bestimmte Krankheitserreger. Alle Medikamente die wirken, können auch Nebenwirkungen haben.

                              swissmom: Wie soll Fieber behandelt werden? Welche Massnahmen sind nützlich?

                              Prof. Schaad: In allen Fällen und unabhängig von der Höhe des Fiebers sind folgende Massnahmen nützlich:

                              • Zimmertemperatur senken: Heizung zurückstellen, regelmässig lüften – jedoch kein Durchzug und keine Sonneneinstrahlung

                              • Leichte Kleidung

                              • Leichtes Bettzeug: kein Deckbett und keine Wolldecke, nur Leintuch

                              • Mehr und regelmässig trinken: Kräuter- oder Kindertees, Trinklösung

                              swissmom: Was tun, wenn das Fieber andauert?

                              Prof. Schaad:

                              • Ventilator anstellen – aber nicht direkt ins Gesicht richten

                              • Kühlende Wickel: Mit kühlem (nicht eiskaltem) Wasser oder Essigwasser getränkte Tücher werden um Waden und Oberschenkel gewickelt; dabei die Füsse frei lassen. Wickel während 20 bis 30 Minuten wirken lassen.

                              • Absteigendes Bad: Vollbad einlaufen lassen bei einer Wassertemperatur von 1 – 2°C (Säuglinge) bzw. bis 5°C (Kinder) unter der gemessenen Körpertemperatur. Dann durch Zugabe von kaltem Wasser langsam um weitere 5°C abkühlen. Dauer des Bads: 10 bis max. 15 Min.

                              swissmom: Wann sollen Eltern Medikamente gegen Fieber geben?

                              Prof. Schaad: Falls das Fieber (rektal gemessen) 39,5°C oder mehr beträgt, sind Fiebermedikamente angezeigt – jetzt genügen abkühlende Massnahmen alleine nicht mehr. Der Arzt oder die Ärztin entscheidet über die Art der für das Kind notwendigen Medikamente (fiebersenkende, antibiotische usw.) sowie über Dosierung und Verabreichung (Suspension, Tropfen, Suppositorien, Tabletten, selten als Spritze).

                              swissmom: Was sind Fieberkrämpfe? Wie häufig kommen sie vor? Was muss in einer solchen Situation unternommen werden?

                              Prof. Schaad: In den ersten sechs Lebensjahren kommt es bei ungefähr drei bis vier Prozent aller Kinder zu Fieberkrämpfen, und zwar meistens nur einmal, selten häufiger. Diese Krämpfe sind praktisch immer harmlos, und ein Übergang in eine eigentliche Epilepsie ist ausserordentlich selten. Trotzdem brauchen alle Kinder mit Fieberkrämpfen fachärztliche Betreuung. Der zuständige Arzt (Kinderarzt, Hausarzt) wird über die notwendigen Massnahmen (Abklärung, Fieberbekämpfung, Verhütung bzw. Behandlung weiterer Fieberkämpfe) individuell entscheiden.

                              Letzte Aktualisierung: 14.01.2020, swissmom-Redaktion