Wie schafft man es, dass Kinder höflich und anständig sind?

Gute Manieren sind eine innere Werthaltung.

Freundlicher Junge gibt die Hand zur Begrüssung

„... wie sagt man?“ ... Stille! Kennen Sie das? Auch nach mehrfacher Aufforderung und Ermahnung weigern sich Kinder hin und wieder sich zu bedanken, Bitte zu sagen oder zu grüssen, obwohl sie das eigentlich schon können. Es scheint dann, als ob sie spontan ihre gute Kinderstube vergessen hätten. Zur Weihnachtszeit oder beim Geburtstag des Kindes, wenn sich die ganze Verwandt- und Bekanntschaft trifft und die Kinder von allen mit Geschenken und Süssigkeiten verwöhnt werden, fällt dies besonders auf. Den Eltern ist dies oftmals peinlich, und sie sind unsicher, wie sie darauf reagieren sollen.

Speziell bei solchen Familienfeiern möchten Eltern, dass sich ihre Kinder von der besten Seite präsentieren, höflich und wohlerzogen. Es ist keine Frage: gut erzogene Kinder kommen besser an. Gute Manieren gelten nach aussen hin sozusagen als Beweis dafür, dass man als Eltern seine Sache richtig gemacht hat. Den Kindern Anstand und Benehmen beizubringen ist für viele Eltern Erziehungsziel Nummer 1.

Höflichkeit soll aber keine Sammlung von antrainierten Floskeln und inhaltslosen Handlungen sein. Gute Umgangsformen lassen sich nicht erzwingen, erst recht nicht bei kleinen Kindern. Grundsätzlich geht es bei Anstand und Höflichkeit um nichts anderes, als andere Menschen und deren Gefühle zu achten und zu respektieren. Höflichkeit ist also ein ganzes Stück weit eine innere Werthaltung, welche Sie Ihrem Nachwuchs vermitteln. Dazu gehört neben den erlernten Dankes- und Grussformeln auch, seine eigenen Interessen hinten anstellen zu können und nicht immer alles gleich wahrheitsgetreu auszusprechen. Diese Spielregeln für den Umgang miteinander zu erlernen ist etwas, das viel Zeit und Geduld benötigt. Was der Einzelne schliesslich unter diesen Spielregen versteht, ist Einstellungssache. Es gibt aber gewisse grundlegende Regeln für einen freundlichen Umgang miteinander, wie die Begrüssung, die Verabschiedung und das Danke sagen, welche für alle gelten sollten.

Der Grundstein dafür, dass Kinder zu höflichen Menschen werden, legen Sie in Ihren eigenen vier Wänden. Eltern sind Punkto Manieren das wichtigste Vorbild. Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass die geltenden Anstandsregeln in Ihrer Familie in grossem Masse das Benehmen Ihrer Kinder beeinflussen.

Um Kindern den Sinn von Höflichkeit näher zu bringen, sollten Sie ausserdem Ihre Anstandsregegeln überzeugend begründen können. Argumentieren Sie also nicht, dass man das oder jenes einfach tut, weil sich das halt so gehört. Erklären Sie stattdessen, welche Gefühle ein gewisses Verhalten beim Gegenüber auslöst.

Vermeiden Sie wenn möglich allgemein formulierte Regeln, wie z.B. „Benimm dich anständig“ oder „Sei freundlich zu der Tante“. Sprechen Sie Ihre Erwartungen an Ihr Kind deutlich aus. „Ich möchte, dass du die Tante grüsst“. So weiss Ihr Kind konkret, was von ihm erwartet wird.

Um während der Weihnachtszeit oder beim Geburtstag des Kindes möglichst selten in unangenehme oder peinliche Situationen zu geraten, weil Ihr Sprössling die geltenden Benimmregeln verletzt, können Sie sich und Ihr Kind auf diese Zeit vorbereiten. Machen Sie sich bewusst, dass Kinder, insbesondere Kinder bis 4 Jahre, mit der Situation bisweilen schlichtweg überfordert sind. Seien Sie nachsichtig, und beharren Sie nicht vehement auf gewissen Benimm-Regeln. Übernehmen Sie stattdessen den Part Ihres Kindes, wenn Sie merken, dass es gewisse Höflichkeiten, welche Sie von ihm unter anderen Umständen erwarten würden, nicht hervorbringen kann. Knien Sie zum Kind hinunter und bedanken sich an seiner Stelle. „Du hast aber ein schönes Auto bekommen. Da bedanken wir uns aber ganz fest dafür, gell?“ Vielleicht lässt es sich dadurch zu einem Nicken bewegen, womit es seinen Dank ausdrücken kann.

Weiter können Sie Ihr Kind auf den Geburtstag oder die Weihnachtszeit mit den vielen Leuten und den vielen Geschenken vorbereiten, indem Sie zuvor davon erzählen und dabei erklären, wie das vor sich geht. Bauen Sie die Benimm-Regeln dabei in Ihre Erzählungen mit ein. Sie können auch ein kurzes Rollenspiel veranstalten, bei dem Ihr Kind z.B. üben kann, sich für ein Geschenk zu bedanken oder die Tante, die es kaum kennt, zu grüssen.

Neben den Benimm-Pflichten stehen dem Kind jedoch auch gewisse Rechte zu, wie z.B. das Recht „Nein“ zu sagen, wenn Fremde oder Bekannte das Kind umarmen möchten. Es muss trotz allem Anstand auch immer die Möglichkeit haben, sich aus gewissen Situationen, in denen es ihm nicht wohl ist, zurückzuziehen.

Letzte Aktualisierung: 03.02.2020, JL