Wilde Blattern (Windpocken) in der Schwangerschaft

Windpocken werden eigentlich als relativ harmlose Kinderkrankheit angesehen, können in der Schwangerschaft aber gefährlich sein.

Schwangere fasst sich an den Unterbauch und Hals
©
Shutterstock

Die meisten Menschen wissen nicht, dass Windpocken für Schwangere, die noch keine Windpocken durchgemacht haben, gefährlich sein können. Wenn Sie aber genau wissen, dass Sie schon einmal Windpocken gehabt haben, brauchen Sie sich keine Sorgen mehr zu machen! Die folgenden Ausführungen gelten nur für den Fall, dass Sie noch nicht immun gegen Windpocken sind - und das sind nur ca. 5% aller Frauen.

Windpocken in der Schwangerschaft


Erkranken Frauen während der Schwangerschaft zum ersten Mal an Varizellen, weil sie sich bei einem erkrankten Kind oder einem Erwachsenen mit Gürtelrose angesteckt haben, ist der Verlauf meist wesentlich schwerwiegender als bei einer Infektion im Kindesalter und kann sogar eine Lungenentzündung und schlimmstenfalls eine Windpocken-Hirninfektion zur Folge haben. Sie macht sich durch Kopfschmerzen und Benommenheit bemerkbar.

Wenn Sie sich vor der 24. Schwangerschaftswoche mit wilden Blattern (Windpocken, Feuchtblattern, spitze Blattern oder Varizellen) infizieren, kann dies zu einer Fehlgeburt oder bei Ihrem Baby sehr selten (in ca. 1-2% der Fälle) zum sogenannten angeborenen Varizellensyndrom (CVS) mit Fehlbildungen insbesondere der Gliedmassen, der Augen (Linsentrübung), des Gehirns und der Haut. Das grösste Risiko besteht bei einer Infektion in der 13.-20. Schwangerschaftswoche. Nach der 24. SSW ist das Varizellensyndrom kaum mehr zu befürchten. 

Windpocken um die Geburt herum


Erkranken Sie zwischen dem 4. Tag vor und dem 2. Tag nach der Entbindung an wilden Blattern, wird sehr wahrscheinlich auch Ihr Baby angesteckt, da es noch nicht durch Ihre übertragenen Antikörper geschützt ist. Diese Erkrankung kann für Ihr Neugeborenes lebensbedrohlich werden und muss sehr gut behandelt werden. Ein Erkrankungsbeginn früher als 4 Tage vor dem Geburtstermin bedeutet dagegen, dass Sie Ihrem Kind diese wertvollen Antikörper mitgeben konnten; Infektionswahrscheinlichkeit und Krankheitsverlauf beim Kind sind dann deutlich geringer.

Wie steckt man sich mit Wilden Blattern an?


Die Übertragung des Windpocken-Virus (Varizella-Zoster-Virus) findet durch Tröpfcheninfektion statt, d.h. über Nasen- und Rachensekret (z.B. beim Niesen), selten aber auch über Urin oder Stuhl. Seltener kann das Virus aber auch mehrere Meter Luftdistanz überwinden. Eine infizierte Person kann bereits ein bis zwei Tage vor der Ausbreitung des Ausschlags ansteckend sein. Von der Infektion bis zum Ausbruch der Erkrankung vergehen normalerweise 11 bis 21 Tage. Die typischen Krankheitszeichen sind früh einsetzendes Fieber und ca. 24 Stunden danach ein Ausschlag mit Pickeln und Bläschen, der auf der Kopfhaut, im Gesicht oder auf den Schultern beginnt. Nach und nach breiten sich die roten, weit verstreut liegenden Pusteln über den ganzen Körper aus, bis sie nach 2-3 Wochen ganz verschwunden sind. Nach der Erkrankung besteht lebenslange Immunität.

Und wenn man als Kind keine Windpocken hatte und auch nicht geimpft ist?


Falls Sie noch keine wilden Blattern hatten oder es nicht wissen und mit einer infizierten Person (mit Windpocken oder mit Gürtelrose) Kontakt haben oder hatten, informieren Sie am besten sofort Ihren Frauenarzt, Ihre Frauenärztin. Sehr wichtig ist dann eine schnelle Abklärung des Immunschutzes, deren Kosten in einem solchen Risikofall von den Krankenkassen übernommen wird.

Liegt kein Immunschutz vor (das ist glücklicherweise bei nur 5% aller Schwangeren der Fall), kann durch die Gabe von Immunglobulinen (Antiserum) eine Infektion medikamentös verhindert bzw. abgeschwächt werden, die Behandlung sollte aber möglichst in den ersten 4 Tagen nach dem Kontakt erfolgen (Post-Expositions-Prophylaxe, PEP). Diese sehr kostspielige Therapie kann aber nur die Schwangere, nicht jedoch das Ungeborene vor einem schweren Verlauf schützen. Empfohlen wird heute eine Behandlung der Schwangeren bzw. des Neugeborenen mit Aciclovir.

Seit kurzem gibt es auch eine Impfung gegen Varizellen, die allerdings nur vor und nicht während der Schwangerschaft durchgeführt werden sollte.

Gürtelrose = Zweiterkrankung mit Windpocken


Wenn Sie selbst während der Schwangerschaft an Gürtelrose (Herpes Zoster), d.h. der Zweitinfektion mit dem Varizellenvirus im späteren Lebensalter, erkranken, ist das für Ihr Baby ungefährlich, weil die Viren nicht in das mütterliche Blut gelangen. Erkrankt ein Erwachsener in Ihrer Umgebung an Gürtelrose, ist das jedoch für Sie als werdende Mutter genauso gefährlich wie ein Windpockenfall.

Häufige Fragen zum Thema

Wenn die Windpockenviren in der ersten Schwangerschaftshälfte tatsächlich auf Ihr ungeborenes Kind übergehen, kann das sehr schwere Schäden hervorrufen. Das ist aber sehr, sehr selten! Um das sehr geringe Risiko auszuschliessen, empfehlen Fachleute sorgfältige Ultraschalluntersuchungen. Ausserdem …
Ja, aber auf andere Art als in der ersten Schwangerschaftshälfte, in der es sehr selten zu angeborenen Fehlbildungen beim Kind kommen kann. Bei einer Erstinfektion der Schwangeren weniger als 5 Tage vor der Geburt kann das Neugeborene lebensbedrohlich an Windpocken erkranken. In solchen Fällen …
Folgende Kriterien sprechen für eine Windpocken-Erkrankung (wilde Blattern):
Da Sie damals einen hohen Antikörper-Titer hatten, sind Sie vor einer Windpockenerkrankung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit geschützt. Zweitinfektionen mit dem Windpockenvirus führen dann praktisch ausnahmslos zu einer Gürtelrose (Herpes Zoster), die für das Ungeborene nicht gefährlich ist.
Letzte Aktualisierung: 08.08.2022, BH