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                              Autismus beginnt im Mutterleib

                              Aus der Forschung

                              Schwangere vor dem Babybett
                              ©
                              iStock

                              Der Leiter des Autism Research Centre an der Universität Cambridge, der britische Psychiater Simon Baron-Cohen, ist auch in Deutschland für seine ungewöhnlichen Thesen zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden des Gehirns bekannt.

                              Das weibliche Gehirn zeichnet sich nach Ansicht von Baron-Cohen durch die Fähigkeit zur Empathie aus, die Gefühle und Gedanken in den Mittelpunkt stellt.

                              Die Stärke des männlichen Gehirns liege dagegen in der Fähigkeit zum systematischen Denken, einer langsameren Sozial-und Sprachentwicklung und Detailverliebtheit. Eine Extremform dieser Männlichkeit ist für Baron-Cohen der Autismus, vor allem das mit einem normalen oder hohen Intelligenzquotienten einhergehende Asperger-Syndrom.

                              Der Entwicklungspsychologe vermutet, dass Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) Folge einer vermehrten Bildung von männlichen Geschlechtshormonen in der Fetalperiode sind. Vor einigen Jahren konnte er zeigen, dass Kinder, die vor der Geburt erhöhte Testosteronwerte im Fruchtwasser hatten (in einer anlässlich einer pränataldiagnostischen Untersuchung durchgeführten Amniozentese), im Alter von zehn Jahren häufiger autistische Persönlichkeitsmerkmale aufwiesen, was Baron-Cohen an einem niedrigen „Empathie-Quotienten“ und einem hohen „Systematisierungs-Quotienten“ festmachte.

                              Diese Theorie wurde jetzt in einer grossen, multizentrischen Studie an fast 20.000 archivierten Fruchtwasserproben untersucht. Darunter waren 128 Kinder, bei denen später eine Autismus-Spektrum-Störung diagnostiziert wurde.

                              Alle vier Steroidhormone (Progesteron, 17alpha-Hydroxyprogesteron, Androstenedion und Testosteron) waren bei den Kindern mit späterer Autismusdiagnose im Fruchtwasser erhöht. Sie sind Bestandteil eines Stoffwechselwegs, der zur Bildung von Testosteron führt, was die Hypothese von Baron-Cohen zu bestätigen scheint. "Die Ergebnisse könnten uns helfen zu erklären, warum Autismus häufiger bei Männern auftritt", sagt der Forscher. "Die Steroidhormone sind unser erster nicht-genetischer Hinweis auf die Entwicklung von Autismus bei Kindern."

                              Die Studie zeigt allerdings auch eine erhöhte Konzentration von Cortisol, einem Steroid, das nicht Bestandteil des Testosteronstoffwechsels ist. Auch muss die Hormonerhöhung nicht unbedingt die Ursache für Autismus sein, es kann auch nur eine Begleiterscheinung sein. Die erhöhten Testosteronwerte könnten beispielsweise auch Folge der Erkrankung sein. Es wäre deshalb verfrüht, von einem Marker für die Erkrankung zu sprechen.

                              Auch für ein Screening, etwa im Rahmen der Pränataldiagnostik, reichen die Hinweise nicht aus. Eine Behandlung mit Testosteronblockern scheidet schon wegen der damit verbundenen Risiken aus. Der nächste Schritt könnte aber sein, die Erkrankung im tierexperimentellen Modell durch eine Manipulation der Testosteronproduktion auszulösen.

                              Aus der Forschung : S Baron-Cohen et al. : Molecular Psychiatry advance online publication 3 June 2014; doi: 10.1038/mp.2014.48

                              Letzte Aktualisierung: 17.02.2021, BH